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i) Berufsrechtlicher Adressatenkreis

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Da die Berufsordnung sich nur an Ärzte und nicht an juristische Personen, z.B. Krankenhausträger, MVZ oder Heilkunde-GmbH richtet, ist umstritten, nach welchen Grundsätzen sich ein nichtärztlicher Inhaber, der eine derartige Firma leitet, zu richten hat. Versorgungszentren unterliegen z.B. nicht unmittelbar dem ärztlichen Berufsrecht, wohl aber die in ihm tätigen Ärzte, unabhängig davon, ob es sich um ein „Freiberufler-MVZ“ oder ein Versorgungszentrum mit angestellten Ärzten handelt.[242]

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Eine restriktive Auffassung will der Berufsordnung in diesen Fällen eine Reflexwirkung beimessen. Zwar richte sich die Berufsordnung nicht an eine juristische Person als Arbeitgeberin der Ärzte. Die juristische Person dürfe aber die ihr verbundenen Ärzte nicht hindern, ihren Berufspflichten gerecht zu werden; diese Pflicht binde die juristische Person mittelbar.[243] Die Gegenansicht[244] sieht die Berufsordnung als reines „Binnenrecht“, welches, da von der ärztlichen Selbstverwaltung beschlossen, keine außen stehenden Dritten binden könne. Nur dort, wo vom Gesetzgeber entsprechende Einschränkungen vorgesehen seien (wie z.B. im HWG), könnten entsprechende Sanktionen greifen. Einen anderen Ansatz wählt der BGH[245]. Dieser sieht bereits in der Duldung der berufswidrigen Handlung durch den Arzt den Wettbewerbsverstoß, den sich die juristische Person als Träger der Einrichtung zu eigen macht. Insoweit ist die juristische Person schon als „Störer“ i.S.v. § 1 UWG a.F. anzusehen.[246] Das bedeutet im Ergebnis, dass derartige Unternehmen (z.B. Heilkunde GmbHs oder MVZ) sozusagen nicht völlig losgelöst vom ärztlichen Berufsrecht agieren können. Verleitet oder zwingt ein Unternehmen seine Ärzte zu berufsrechtswidrigen Handlungen bzw. Unterlassungen, kann es wettbewerbsrechtlich als Störer in Anspruch genommen werden. Hält sich das Unternehmen hingegen z.B. bei seiner Informationspolitik an die mittlerweile vom BVerfG weit gezogenen Grenzen, ist der Vorteil für den Arzt dann ein Reflex, der für sich alleine nicht berufsordnungswidrig ist.[247] Der im Unternehmen tätige Arzt kann sich im Falle eines Verstoßes gegen das ihn bindende Berufsrecht nicht darauf berufen, er habe auf Weisung des Trägers des Unternehmens handeln müssen bzw. im Falle der Weigerung hätten ihn Sanktionen getroffen. Dieses Problem mag im Rahmen der zu treffenden berufsrechtlichen Maßnahme eine Rolle spielen, stellt aber keinen Rechtfertigungsgrund dar; insofern steht dem Arzt wie jedem anderen Arbeitnehmer das (sanktionslose) Recht zur Demonstration zu. Wurde eine GmbH nur gegründet, um zulässige ärztliche Werbebeschränkungen zu umgehen, kann der Arzt, dem das Unternehmen gehört, u.U. dennoch direkt belangt werden.[248] Die frühere Unterscheidung, wonach anderes nur dann gelte, wenn der Arzt weder Geschäftsführungsbefugnisse habe, noch finanziell an dem Unternehmen beteiligt sei,[249] ist heute obsolet. Im Übrigen ist auch der frühere Ansatz, für die finanzielle Beteiligung solle es bereits ausreichen, wenn der Arzt durch die Art der Vergütung am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens partizipiere,[250] heute nicht mehr entscheidend.[251] Allerdings bleibt es bedenklich, wenn die Geschäftsführung mit dem Namen des Arztes „hausieren“ geht, und der Arzt diese Form der Werbung durch Angabe bestimmter Informationen in einer Art und Weise fördert, durch die die Grenze zur „Anpreisung“ überschritten wird. Werden diese Grundsätze beachtet, dürfte auch die Verwendung des Arztnamens in Werbeprospekten nicht zu beanstanden sein. Ob derartige Werbeprospekte „ungezielt“ oder nur auf bestimmte Anfragen hin verteilt werden dürfen, ist umstritten. Die frühere Rechtsprechung,[252] wonach Patientenanfragen nur individuell beantwortet werden durften, ist sicherlich überholt.[253] Eine vermittelnde Auslegung[254] will die Zulässigkeit der Verwendung von Werbeprospekten von einer entsprechenden Patientenanfrage abhängig machen. Die unaufgeforderte Zusendung von Werbematerial sei anpreisende Werbung. Unbestreitbar dürfen aber die in den fraglichen Prospekten enthaltenen Aussagen, sofern der Rahmen des HWG eingehalten wird, in Zeitungsannoncen verwendet werden.[255] Es stellt sich daher zwangsläufig die Frage aus Sicht des „Verbrauchers“, worin der Unterschied zwischen einer Anzeige und einem unverlangt zugeschickten Prospekt liegt. Durch die Entscheidung des BVerfG[256] zur Zeitungsannonce ohne besonderen Anlass dürfte der restriktiven Auffassung die Grundlage entzogen sein.

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