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a) Hausarztzentrierte Versorgung nach § 73b SGB V

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Die Gesamtverträge mussten nach alter Rechtslage das Nähere über den Inhalt der Hausarztzentrierten Versorgung (HzV) und deren tatsächliche und personelle Ausstattung regeln. Der durch das GKV-WSG neu gefasste § 73b SGB V sieht eine obligatorische Mitwirkung der KV an der HzV nicht mehr vor. Die Krankenkassen haben ihren Versicherten nach § 73b Abs. 1 SGB V anstelle der Regelversorgung flächendeckend eine besondere hausärztliche Versorgung, welche neben den in § 73b Abs. 1 S. 2 SGB V aufgezählten Bestandteilen die zusätzlichen vier in § 73b Abs. 2 SGB V aufgezählten Anforderungen erfüllt, anzubieten. Diese Verträge sind Normsetzungsverträge, die den vertragsarztrechtlichen Status der anderen nicht an der HzV teilnehmenden Arztgruppen nicht beeinträchtigen.[103] Die Teilnahme der Versicherten ist freiwillig. Hinsichtlich ihrer eingeschriebenen Mitglieder übernehmen die Krankenkassen den Sicherstellungsauftrag. Folglich ist die Notwendigkeit inhaltlicher Vereinbarungen im Gesamtvertrag entfallen. Da aber nach § 73b Abs. 7 SGB V die Gesamtvergütungen um die auf die Krankenkassen übergegangenen Leistungsanteile bereinigt werden müssen, bedarf es trotzdem einer gesamtvertraglichen Vereinbarung entsprechender Bereinigungsverfahren (vgl. Rn. 239 und Rn. 857).[104] Die Krankenkassen können den der HzV zuzurechnenden Notdienst durch die KV sicherstellen lassen, wenn sie die entsprechenden Aufwendungen ersetzen.

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Die Verträge zur HzV sind nach § 73b Abs. 4 S. 1 SGB V zur Sicherstellung eines flächendeckenden Angebots mit Gemeinschaften von Hausärzten zu schließen, die mindestens die Hälfte der hausärztlich tätigen Allgemeinärzte im KV-Bezirk repräsentieren. Diese Quote kann auch durch Zusammenschluss mehrerer Gemeinschaften erfüllt werden.[105] Als Vertragspartner auf Seiten der Leistungserbringer sind nach § 73b Abs. 4 S. 3 SGB V für die Versorgung von Kindern und Jugendlichen oder subsidiär neben Verträgen mit den repräsentativen Gemeinschaften auch Hausärzte i.S.v. § 73 Abs. 1a SGB V, Gemeinschaften dieser, Träger von Einrichtungen, die eine HzV durch solche Hausärzte anbieten und KV, die von hausärztlichen Gemeinschaften dazu ermächtigt wurden, zugelassen. Diese Vertragspartner haben, anders als die repräsentativen Gemeinschaften, keinen Anspruch auf einen Vertragsabschluss.[106]

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Aufgrund des sich aus § 73b Abs. 4 S. 1 SGB V ergebende Kontrahierungszwangs besteht nach § 69 Abs. 2 S. 2 SGB V für diese Pflichtverträge keine vergaberechtliche Ausschreibungspflicht.[107] Die Pflicht zur Ausschreibung der Aufforderung zur Abgabe eines Angebots nach § 73b Abs. 4 S. 5, 2. HS SGB V gilt nur für Ergänzungsverträge nach S. 3.

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Im Falle einer Nichteinigung dieser Vertragspartner kann ein Schiedsverfahren nach § 73b Abs. 4a SGB V beantragt werden. Dazu haben sich die Streitparteien zunächst auf eine Schiedsperson zu einigen, andernfalls wird diese durch die Aufsichtsbehörde bestimmt.[108] Klagen gegen die Benennung einer Schiedsperson haben keine aufschiebende Wirkung. Die Festlegung eines Vertragsinhalts durch die Schiedsperson ist kein Verwaltungsakt. Klagen sind nach § 73b Abs. 4 S. 5 SGB V gegen den Vertragspartner zu richten.[109] Zuständig sind in erster Instanz die Sozialgerichte.[110]

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Der durch Festlegung der Schiedsperson zu Stande gekommene Vertrag ist auch dann umzusetzen, wenn Klage erhoben ist. Schadensersatzansprüche der Krankenkasse gegen den beteiligten Hausärzteverband, wie auch gegen die teilnehmenden Ärzte wegen Unvereinbarkeit des umgesetzten Vertrages mit gesetzlichen Vorschriften, sind nicht gegeben. Eine Rückabwicklung des Vertrages scheidet in der Regel aus.[111]

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Ungeklärt sind mangels gesetzlicher Regelung zahlreiche Fragen, die sich aus dem Verhältnis des an der HzV teilnehmenden Hausarztes zu seiner KV ergeben. Einerseits haben die Krankenkassen nach § 73b Abs. 4 S. 1 SGB V zur „flächendeckenden Sicherstellung Verträge zu schließen“, was die KV von der unmittelbaren Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung einschließlich des Notdienstes befreit, soweit diese Verträge geschlossen sind. In der Regel werden die Hausärzte in beiden Systemen tätig sein, schon weil nicht alle Krankenkassen HzV-Verträge abgeschlossen haben. Unklar ist daher, inwieweit der bei der KV hinsichtlich der nicht teilnehmenden Hausärzte und hinsichtlich der in die HzV nicht eingeschriebenen Patienten verbleibende Sicherstellungsauftrag praktisch wahrgenommen werden kann.

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Mangels Zuständigkeit der KV für die HzV gilt das zwischen KV und Vertragsarzt bestehende Pflichtensystem einschließlich der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 ff. SGB V nicht.[112] Befugnisse der Krankenkassen und Pflichten der Hausärzte sind nach § 73b Abs. 5 SGB V in den HzV-Verträgen zu regeln. Die Krankenkassen haben allerdings die Befugnis zur Prüfung der Abrechnungen nach § 106d Abs. 3 SGB V. Daraus resultiert aber noch kein Anspruch auf Rückzahlung fehlerhaft abgerechneten Honorars. Ein solcher Anspruch muss im HzV-Vertrag unter Berücksichtigung der mit dem teilnehmenden Hausarztverband vereinbarten Zahlungswege geregelt werden.[113]

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Nicht geregelt sind die Rechtsschutzmöglichkeiten des Hausarztes innerhalb der HzV gegenüber seinem Hausärzteverband und den beteiligten Krankenkassen, z.B. wenn dort die Vergütungen nicht ausbezahlt werden, weil Streit über deren Höhe besteht.[114] Zweifellos gegeben ist die Zuständigkeit der Sozialgerichte nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG.[115] Da aber § 73b SGB V weder dem Hausärzteverband noch den beteiligten Krankenkassen eine Verwaltungsaktsbefugnis gegenüber den teilnehmenden Hausärzten vermittelt, hängt es letztlich von der vertraglichen Gestaltung der Abrechnungsregelungen ab, ob und wie ein Arzt mit dem Instrumentarium der §§ 54, 55 SGG seine Honoraransprüche durchsetzen oder sich gegenüber unberechtigten Einbehalten oder seinem Ausschluss schützen kann.

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