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b) Besondere Versorgung nach § 140a SGB V

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Nach dem durch das GKV-VSG neu gefassten § 140a Abs. 2 SGB V können die Krankenkassen Versorgungsverträge über die ambulante vertragsärztliche Versorgung hinaus in die stationäre Versorgung und über die Versorgung mit Arzneimitteln oder Teilbereichen davon abschließen, ohne dass die KV daran mitwirken müssen. Ermöglicht werden soll eine verschiedene Leistungssektoren übergreifende oder eine interdisziplinär fachübergreifende Versorgung sowie unter Beteiligung von Vertragsärzten besondere ambulante ärztliche Versorgungsaufträge. Die früher getrennt geregelte integrierte Versorgung und die besonderen Versorgungsaufträge aufgrund von Selektivverträgen wurden in einer Regelung zusammengefasst.

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Vertragspartner gegenüber den Krankenkassen können nach § 140a Abs. 3 SGB V wie in den früheren Modellen alle Leistungserbringer nach dem 4. Kapitel SGB V oder Gemeinschaften dieser, Träger von Einrichtungen, die eine besondere ambulante Versorgung durch solche Leistungserbringer anbieten, wie auch die KV sein. Neu hinzu gekommen sind Pflegekassen und Pflegeeinrichtungen, pharmazeutische Unternehmer und Hersteller von Medizinprodukten, zuletzt auch die Hersteller von besonderen digitalen Versorgungsangeboten, sog. „Gesundheits-Apps“.[116]

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Ein Anspruch auf Vertragsabschluss besteht auf Leistungserbringerseite nicht. Ob die Krankenkassen, wenn sie sich für ein besonderes Versorgungsmodell entschieden haben, die Aufforderung zur Abgabe entsprechender Versorgungsangebote öffentlich nach den vergaberechtlichen Vorschriften des GWB ausschreiben und nach objektiven Auswahlkriterien vergeben müssen, war für die „alten Verträge auf Basis von § 73c SGB V a.F. entschieden worden.[117] Bei der besonderen Versorgung nach § 140a SGB V dürfte es auf die Art des Versorgungsvertrages ankommen. § 99 GWB verlangt die Vergabe eines öffentlichen Auftrages. Damit besteht in den meisten Fällen die Pflicht zur Ausschreibung (vgl. Bäune Kap. 9, Rn. 30 ff.). Wenn der Versorgungsvertrag mit verschiedenen Leistungserbringern z.B. nur dazu dient, deren Angebote für bestimmte Versicherte zu organisieren und aufeinander abzustimmen (vgl. § 140a Abs. 2 S. 6 SGB V), dürfte eine Ausschreibungspflicht unabhängig vom Überschreiten der Schwellenwerte nicht gegeben sein.[118]

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Die einzelvertraglich definierten Versorgungsbereiche stehen nicht mehr allen Versicherten offen. Die Krankenkassen übernehmen den Sicherstellungsauftrag in den definierten Versorgungsbereichen und bieten diese Versorgung ihren Mitgliedern als Alternative zur vertragsärztlichen Versorgung an. Die Versorgung der eingeschriebenen Mitglieder erfolgt dann durch selektiv unter Vertrag genommene Leistungserbringer oder deren Gemeinschaften. Weitere Details der Einschreibung der Versicherten und deren Bindung an die unter Vertrag genommen Leistungserbringer. Ausnahmen vom Überweisungsgebot sind nach § 140a Abs. 4 S. 5 und 6 SGB V in den Teilnahmeerklärungen und den Satzungen der Krankenkassen zu regeln.

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Eine Mitwirkung der KV an den besonderen Versorgungsverträgen ist zwar zur Unterstützung ihrer teilnehmenden Mitglieder möglich, aber nicht verpflichtend. Systemkonform sieht § 140a Abs. 6 SGB V wiederum die Bereinigung der Gesamtvergütungen um die Leistungsanteile der vereinbarten Versorgungsbereiche vor, weshalb auch hier die gesamtvertragliche Vereinbarung eines Bereinigungsverfahrens notwendig ist (vgl. Rn. 239 ff. und vgl. Rn. 857).

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Inhalt eines Versorgungsvertrages kann nicht nur die gesamte ambulante Versorgung abweichend von dem im 4. Kapitel SGB V vorgegebenen Rahmen sein, sondern auch Versorgung aus anderen Sektoren, zum Beispiel stationäre Leistungen wie auch die Arzneimittel-, Heil und Hilfsmittelversorgung. Deshalb darf nicht nur von den Vorschriften des 4. Kapitels SGB V, sondern auch von KHG und KHEntgG abgewichen werden. Auch dürfen die Leistungen des 3. Kapitel SGB V anders definiert werden. Sogar die Einbeziehung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden ist möglich, solange diese der G-BA nicht aus der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossenen hat. Allerdings dürfen die vom G-BA in Richtlinien aufgestellten Qualitätsanforderungen auch in den besonderen Versorgungssystemen nicht unterschritten werden. Binnen vier Jahren ab Umsetzung eines besonderen Versorgungsvertrages muss dessen Wirtschaftlichkeit nachgewiesen werden. Zu weiteren Details siehe Bäune Kap. 9.

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