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5. Vergaberecht

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Die Vergabe öffentlicher Aufträge in den Mitgliedstaaten ist an die Einhaltung der in den Verträgen niedergelegten Grundsätze gebunden, insbesondere an die Grundsätze des freien Waren-, Niederlassungs- und Dienstleistungsverkehrs sowie die davon abgeleiteten Grundsätze wie Gleichbehandlung, Nichtdiskriminierung und Transparenz. Dementsprechend sollten für öffentliche Aufträge, die einen bestimmten Wert überschreiten, entsprechende Bestimmungen zur Koordinierung der nationalen Verfahren für die Vergabe dieser Aufträge geschaffen werden, um die Wirksamkeit der genannten Grundsätze und die Öffnung des öffentlichen Beschaffungswesens für den Wettbewerb zu garantieren.

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Für Bau- und Lieferaufträge wurden schon früh entsprechende Richtlinien erlassen, die später um weitere Richtlinien, insbesondere auch für Dienstleistungsaufträge ergänzt wurden. Im Jahr 2004 erfolgte eine grundlegende Reform der einzelnen Bestimmungen. Hierbei wurde unter anderem die Richtlinie 2004/18/EG über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge[146] erlassen. Diese wurde zwischenzeitlich durch die Richtlinie 2014/24/EU über die öffentliche Auftragsvergabe[147] abgelöst.

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Unter den Voraussetzungen der Richtlinie 2014/24/EU haben öffentliche Auftraggeber bei der Vergabe öffentlicher Aufträge die entsprechenden vergaberechtlichen Anforderungen zu beachten. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass öffentliche Auftraggeber alle Wirtschaftsteilnehmer in gleicher und nichtdiskriminierender Weise behandeln und transparent und verhältnismäßig vorgehen (vgl. Art. 18 Richtlinie 2014/24/EU).

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Im Gesundheitsbereich stellt sich insbesondere die Frage, ob Krankenkassen an das Vergaberecht gebunden sind, d.h. ob diese als öffentliche Auftraggeber im Sinne des Vergaberechts anzusehen sind. Dies hätte zur Folge, dass Verträge mit Leistungserbringern abhängig von der Art des Auftrags gegebenenfalls als öffentliche Aufträge einzuordnen sind. Maßgebliches Kriterium ist nach Ansicht des EuGH die Art der Finanzierung der Krankenkassen.

Die [ehemalige] Richtlinie 2004/18/EG ist dahingehend auszulegen, dass eine überwiegende Finanzierung durch den Staat vorliegt, wenn die Tätigkeiten der gesetzlichen Krankenkassen hauptsächlich durch Mitgliedsbeiträge finanziert werden, die nach öffentlich-rechtlichen Regeln auferlegt, berechnet und erhoben werden. Derartige Krankenkassen sind für die Anwendung der Vorschriften dieser Richtlinie als Einrichtungen des öffentlichen Rechts und damit als öffentliche Auftraggeber anzusehen (Rs. Oymanns).[148]

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Bei der Frage, ob Ärztekammern als öffentliche Auftraggeber des Vergaberechts anzusehen sind, wurde neben der Finanzierung auch auf die Aufsicht durch öffentliche Stellen abgestellt.

Die [ehemalige] Richtlinie 2004/18/EG ist dahingehend auszulegen, dass eine Einrichtung wie eine berufsständische Körperschaft des öffentlichen Rechts weder das Kriterium der überwiegenden Finanzierung durch die öffentlichen Stellen erfüllt, wenn sich diese Einrichtung überwiegend durch Beiträge ihrer Mitglieder finanziert, zu deren Festsetzung und Erhebung sie durch ein Gesetz ermächtigt wird, das nicht den Umfang und die Modalitäten der Tätigkeiten regelt, die sie im Rahmen der Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben, die mit diesen Beiträgen finanziert werden sollen, ausübt, noch das Kriterium der Aufsicht öffentlicher Stellen über ihre Leitung allein deshalb erfüllt, weil die Entscheidung, mit der sie die Höhe der Beiträge festsetzt, der Genehmigung durch eine Aufsichtsbehörde bedarf (Rs. IVD).[149]

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Auch in anderen Bereichen des Gesundheitswesens haben sich vergaberechtliche Fragestellungen ergeben, so insbesondere im Zusammenhang mit Aufträgen über Notfall- und Krankentransportleistungen.[150]

Die Richtlinie 2014/24/EU ist dahingehend auszulegen, dass die darin vorgesehene Ausnahme vom Geltungsbereich der Regelungen über die öffentliche Auftragsvergabe sowohl für die Betreuung und Versorgung von Notfallpatienten in einem Rettungswagen durch einen Rettungsassistenten/Rettungssanitäter, die unter den CPV-Code 75252000-7 (Rettungsdienste) fällt, als auch für den qualifizierten Krankentransport gilt, der neben der Transportleistung die Betreuung und Versorgung in einem Krankentransportwagen durch einen Rettungssanitäter, unterstützt durch einen Rettungshelfer, beinhaltet und unter den CPV-Code 85143000-3 (Einsatz von Krankenwagen) fällt, sofern er tatsächlich von ordnungsgemäß in erster Hilfe geschultem Personal durchgeführt wird und einen Patienten betrifft, bei dem das Risiko besteht, dass sich sein Gesundheitszustand während des Transports verschlechtert (Rs. Falck Rettungsdienste GmbH, Falck AS).[151]

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