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Kapitel 6

Nicht schlecht, dachte ich, als ich am nächsten Morgen leicht verkatert, müde und viel zu früh auf meiner zweckdienlichen, aber keineswegs gemütlichen Matratze erwachte. Nicht schlecht. Mein letztes und irgendwie einziges Möbelstück, das mich hierhin begleitete, hatte noch nicht einmal die Türschwelle überwunden und ich hatte in diesem Haus bereits den Ruf eines Massenmörders. Aller Anfang war schwer, sicher, und auch wenn ich mein Dasein bei Paul ohnehin als temporär betrachtete, war mir danach, dem schlimmen Anfang hier und jetzt bereits ein Ende zu machen. Einfach wieder ausziehen, bevor Paul von der Schicht zurück wäre. Allein logistische sowie organisatorische Gründe zwangen mich zum Umdenken. Wo sollte ich denn auf die Schnelle hin und wie sollte ich den Krempel hier alleine wieder rauskriegen? Paul war als Zuflucht ohnehin die beste, weil einzige Option gewesen. Außerdem, wollte ich mich von dem Gewäsch einer siebenjährigen Göre tatsächlich vertreiben lassen? Langsam erwachten Geist und geschundene Glieder meines Körpers und ich bereitete mir gedankenverloren einen ersten Kaffee in meiner neuen Umgebung zu. Paul hatte mir alles zurechtgelegt, wie eine Mutter ihrem Kind. Handfilter, Tasse, sogar sauber, Kaffeepulver, Milch und Butter waren im Kühlschrank. Zwei Scheiben frisches Brot lagen im Korb, alles da. Für mich, den Schwerverbrecher. Den, der offensichtlich jeden umnietete, der sich ihm in den Weg stellte. Machte er sich nicht mitschuldig, wenn er einem wie mir half, überlegte ich, bis ich koffeingestärkt Pauls mütterliche Absichten erfasste. Eindeutig plagten ihn Gewissensbisse.

Ummantelt von meinem Lieblingsmöbel, an meiner heißen Tasse nippend, ließ ich den gestrigen Abend Revue passieren, nachdem ich offiziell hier eingezogen war.

„Was zum Teufel hast du ihr von mir erzählt? Ja, spinnst du denn komplett?“, hatte ich Paul angeschrien, kaum dass ich hinter Lazyboy und uns die Tür mit wütiger Wucht ins Schloss schmiss.

„Ich lege also Leute um? Ist das dein Ernst? Du erzählst einem siebenjährigen Mädchen, du erzählst überhaupt irgendeinem Menschen, dass hier einer einzieht, der schon zig Leute auf dem Gewissen hat, hast du sie noch alle?“

Paul hatte zwei Flaschen Bier aus dem Kühlschrank geholt, geöffnet und ließ sich an der Wand auf den klebrigen Küchenboden herunterrutschen, als wäre das hier die einzige Sitzgelegenheit. Warum saßen wir nie auf Stühlen?

„Hier, nimm, so war das doch überhaupt nicht. Was denkst du denn? Ich habe dir doch erzählt, dass die Kleine etwas, wie soll man das sagen, überdreht ist. Die denkt sich ständig Sachen aus, das glaubst du nicht, und …“

„Ach, hör auf. Du willst mir nicht erzählen, dass sie sich das einfach so ausgedacht hat. Dass sie so eine blühende Fantasie hat, oder soll ich eher blutig sagen?“, protestierte ich und glitt ebenfalls wandabwärts zu Boden, um ein Streit- und Trinkniveau auf Augenhöhe zu erreichen.

„Da läuft ein Lazyboy Deluxe auf vier Beinen vor dem Haus umher und kaum, dass sie realisiert, was da passiert, kriegt sie es mit der Angst zu tun und erfindet aus dem Nichts Revolvergeschichten? Wenn das so ist, dann frage ich mich, wer hier vor wem mehr Angst haben muss. Wenn das so ist, dann ist mir dieses Mädchen nicht geheuer, die ist doch gestört.“

„Ja, kann schon sein, dass sie da etwas in den falschen Hals bekommen hat, ist doch noch ein Kind. Da hat sie was falsch verstanden. Oder ich habe mich falsch ausgedrückt, was weiß ich denn? Ich habe das ja gestern dann auch direkt richtiggestellt.“

„Wobei falsch ausgedrückt“, fragte ich irritiert zurück, „was hast du ihr denn überhaupt erzählt?“

„Wie man eben so redet. Und sie redet eben viel, sehr viel, und sie hat gefragt und sie hat gebohrt, ob wir zusammen was spielen wollten, und warum denn nicht. Was ich denn anderes vorhätte, ob sie mithelfen könnte. Und dann eben auf einmal, wieso deine Frau dich rausgeschmissen hatte. Nein, ach Mensch, das zum Beispiel habe ich so gar nicht ausgedrückt, aber sie wollte das alles wissen und dann stand sie da, mit ihren leuchtenden Augen und saugte mir die Worte nur so raus, dass ich das gar nicht gemerkt habe. Und dann wollte sie doch wissen, ob du gemein zu Grisu warst, und ich sagte nein, zu ihr nicht. Aber schon zu anderen, wollte sie dann wissen. Ja, ein bisschen vielleicht, sagte ich. Sie hat mich total in die Enge getrieben. Ob du die anderen dann alle verhauen würdest, hat sie gefragt, und ich sagte, Nein, nicht mit Fäusten. Eher, na ja, eher anders …“

„Oh, prima, nicht mit meinen Fäusten. Dafür aber mit Panzerfäusten und Dynamit, oder ganz herkömmlich mit Messer und Pistole, oder was stellt sie sich jetzt vor, wer ich bin?“

„Ich habe das doch nicht gewollt, ehrlich. Sie ist doch noch ein Kind, das hat die doch morgen schon wieder vergessen, du wirst schon sehen“, hatte Paul beteuert und wir beide wussten im gleichen Moment, dass wir genau das mit Sicherheit nicht sehen würden.

ausgeSPACKT!

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