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Kapitel 10

„Herr Schlappner, nicht! Weg! Hörst du nicht? Herr Schlappner, kommst du her! Sofort!“

Doch Herr Schlappner, zumindest das einzig anwesende Subjekt, auf das der Name passen könnte, schien sich für Nakitas Ermahnungen nicht weiter zu interessieren. Ohne nachzulassen, malträtierte der Hund mein bis eben schlafendes Gesicht auf nassforscheste Weise und leckte mir ein ums andere Mal über die Ohren. Als ich endlich angewidert hochschreckte und Herrn Schlappner dabei eher unabsichtlich als gewollt zwei Meter weit durch die Luft beförderte, schien er die Ansage unter missmutigem Jaulen verstanden zu haben. Nun wusste auch der Köter, was es hieß, sich mit Bertram Geuse einzulassen, während dieser seinem Rendezvous mit Lazyboy frönte.

„Verdammt noch mal, wie kommst du hier rein?“, dröhnte ich entsetzt in den Raum. Gespannt wartete ich, wer von beiden mir zuerst darauf antworten würde. Der Hund, der sich geschlagen und eingeschnappt seine Pfoten leckte oder Nakita, die ihn für sein Störfeuer gegen meine Ruhepause auch noch mitleidig streichelte.

„Herr Schlappner mag dich scheinbar“, erkannte Nakita beiläufig. Herr Schlappner überlegte derweil, ob Frauchen recht hatte.

„Ich mag es aber nicht, wenn Herrn Schlappner oder irgendein anderer Herr mir mit seiner nassen Zunge einmal quer über das Gesicht und wieder zurück leckt. Und wieso eigentlich Herr Schlappner? Das ist doch, wie hieß der noch? Das ist doch dein Hund von gestern. Na, komm schon, Jabbadabbadu, so hieß der doch gestern noch, wenn ich mich nicht irre.“

Hätte mein Gedächtnis mich vorhin ähnlich zuverlässig unterstützt wie jetzt, wäre mir Ergün gegenüber der eine oder andere Schweißausbruch erspart geblieben.

„Jabbadabbadu? Hä? So heißt doch kein Hund. Nein, das ist Herr Schlappner. Wegen seiner lustigen Schlappohren, ich kenne keinen Jabbadabbadu“, erklärte mir Nakita, weiterhin schlappohrenkraulenderweise. Ihr zu glauben, fiel mir schwer.

„Hmmm. Na gut, du musst es ja wissen“, erwiderte ich, der glaubte, es mindestens genauso gut zu wissen, „und wie kommst du nun hier rein, wenn ich die Frage nochmals aufgreifen dürfte?“

Nakita wühlte kurz in ihrer Hosentasche, wedelte provozierend mit einem Schlüsselbund und verdrehte die Augen, als erwartete sie auf meine offenbar dumme Frage eine Entschuldigung. Dieser kleine, freche und, ich musste es zugeben, supersüße Naseweis. Ja, dachte ich mir. Und wieso? Hat hier jeder im Haus einen Schlüssel zu Pauls Wohnung? Kann hier jeder reinkommen, wann er will? Kommen gleich noch der Hausmeister oder der Vermieter, dieser Zappel-Oppa? Die Heilsarmee womöglich oder ist Elvis gerade in der Gegend? Kommen die vielleicht gleich alle noch hier durch die Tür, weil sie auch einen Schlüssel haben?

„Wieso?“

„Wieso? Wieso, fragst du? Weil ich momentan auch hier wohne. Weil ich das nicht wusste mit dem Schlüssel, weil ich das vielleicht gar nicht gut finde. Immerhin hätte ich ja auch gerade, ach, egal, also wieso hast du nun einen Schlüssel zu Pauls Wohnung und warum bist du jetzt hier? Du weißt doch, dass ich jetzt auch hier wohne.“

„Ja, weiß ich.“ Wieder die verdrehten Augen. Das sah bei diesem zarten, japanischen Mädchen so niedlich aus, dass ich zunehmend Spaß daran hätte, diese Mimik zu provozieren.

„Und?“, fragte ich lang gezogen.

„Ich habe keine Angst mehr vor dir. Ich weiß, dass du keine Leute umbringst. Schade, ich hätte das schon irgendwie spannend gefunden. Eigentlich hatte ich aber sowieso keine Angst vor dir. Ergün hat aber gesagt, dass ich das machen sollte, das von gestern. Keine Ahnung, warum. Ich glaube, er fand das witzig.“

S’witzich, ganz sicher fand er das. Immerhin aber beruhigend, dass der schwerwiegendste Anklagepunkt gegen meine Person damit schon wieder vom Tisch war. Nicht die schlechteste Nachricht heute. Es fühlte sich etwas an wie Freispruch. Beunruhigend, sehr beunruhigend dagegen, dass sich Neuigkeiten und jegliche Entwicklung in diesem Haus offenbar in Nullkommanichts herumsprachen. So war es Paul, der wer weiß wem und vor allem was über mich erzählt hatte. Und so war es offenbar Ergün, der keine Gelegenheit ausließ, sich genau daraus einen Spaß mit mir zu machen und mir meine Sünden mit gleicher Münze heimzuzahlen. Vermutlich wusste Nakita auch längst, dass der Neue nicht direkt gefährlich war, vielleicht nur ein bisschen irre im Kopf. Wenn nicht jetzt, dann sicher sehr bald.

„Ist so ein Erwachsenending, schätze ich“, erklärte ich schwach, „wir klären solche Sachen immer ganz gerne, bevor man sich schwer bewaffnet auf dem Hausflur begegnet. Ehe man aus Versehen in eine offene Klinge rennt und unnötiges Blut vergießt. Und das vielleicht nur, weil man im Dunkeln den Türschlüssel aus seiner Jacke zieht. Was übrigens ein gutes Stichwort ist, kleines Fräulein. Du schuldest mir noch eine Antwort.“

Mit Kindern konnte ich gut, stellte ich fest. Wenn sie jetzt nicht vor Panik hinausrannte, konnte ich von Glück reden. Doch sie legte nur ihren Kopf seitlich, als könnte sie so besser in meinen hineinsehen und sagte: „Ergün findet dich nett, sagt er. Ich glaube, ich finde dich auch nett, und ich glaube, du kannst ganz gut Gute-Nacht-Geschichten erzählen. Die von meiner Mama kenne ich schon alle und sie ist abends auch meistens zu müde zum Erzählen. Vielleicht kannst du ja mal hochkommen, wenn du Lust hast, und mir gruselige Geschichten erzählen. Die mag ich nämlich am liebsten. Oder ich erzähle dir welche. Ich kann mir nämlich auch richtig gruselige Geschichten ausdenken.“

„Ja, davon habe ich gehört“, sagte ich seufzend. Vermutlich würde ich alt und grau werden, bevor ich erführe, welchem Grund ich Nakitas überraschende Anwesenheit zu verdanken hatte, als ich unverhofft erlöst wurde.

„Paul hat mich gebeten, mich einmal in der Woche um seine Pflanzen zu kümmern. Bisschen düngen, gießen und mit ihnen reden. Er kann das nicht so gut. Reden meine ich. Er kriegt die schönen Blümchen alle geschenkt, sagt er. Aus dem Baumarkt, wo er arbeitet. Die werfen die sonst weg, die seien nicht mehr zu verkaufen, weil die nicht mehr so gut aussehen. Ich krieg die aber immer wieder hin. Also fast immer. Ich liebe Pflanzen und Blumen, wir haben aber keinen Platz bei uns oben. Schade, und bei Paul sterben die immer nach kürzester Zeit, das ist unfair. Deshalb helfe ich ihm“, erklärte Nakita schulterzuckend.

Soso, der wahre Mörder in diesem Haus war also Paul. Und erst jetzt nahm ich die Vielzahl an Grünpflanzen in seiner Wohnung erstmals wahr. Offenbar tat er sich nicht nur im Dialog mit Menschen schwer, wie ich gerade erfahren hatte. Man konnte nie genug über seinen einzigen Freund wissen. Zieht man das witzige Wildschwein von nebenan, das sich auf Bewährung als mein Freund bezeichnete, einfach noch einmal von der Liste ab, auf die er sich zuvor selbst gesetzt hatte.

Mittlerweile hatte es sich Jabbadabbadu Schlappner ungefragt und wie selbstverständlich wieder bei mir auf dem Schoß gemütlich gemacht. Hunde verzeihen wohl schnell. Wenn ich auch mit diesem Getier nie sehr viel am Hut hatte, ließ er sich mein sanftes Kraulen an seinen Ohren gefallen, als würde er mich tatsächlich mögen. Ich musste an Grisu denken. Offenbar gab es doch noch ein paar Lebewesen auf dieser Welt, die mich an ihrer Seite ertrugen. Vielleicht sollte ich viel mehr Leuten einfach mal hinter den Ohren kraulen, anstatt erzieherisch daran zu zupfen.

„Also von mir aus kannst du mit der Pflanzenbesprechung anfangen. Ich quatsche dir auch nicht in die Botanik, ich schwöre“, beschwor ich Nakita, nun doch zügig ihren Vereinbarungen mit Paul nachzukommen. Die aber hatte offenbar inzwischen mehr Interesse daran, sich durch Pauls antiquierte Langspielplatten-Sammlung zu wühlen, als wüsste ein siebenjähriges Kind aus einem der technologisch höchstentwickelten Länder dieser Welt heute noch etwas mit LPs anzufangen.

„Nö, heute nicht, ich war am Freitag schon hier. Einmal pro Woche reicht. Sonst ersaufen die noch“, erwiderte sie lapidar. „Hörst du gerne Musik?“, wollte sie stattdessen wissen.

„Ja, natürlich, wer nicht, aber das sind ja nicht meine Platten“, versuchte ich prophylaktisch jeglichen schlechten Musikgeschmack in den Verantwortungsbereich meines Kumpels abzutreten. Mehr als das neuerliche Rollen von Kinderaugen brachte mir das aber nicht ein.

„Das weiß ich doch. Ich mag auch Musik, am liebsten auf volle Lautstärke, aber dann kriegen wir Ärger mit Herrn Zoppa. Der regt sich immer auf, über alles und über jeden. Der olle Mistkäfer. Mama hat Angst, dass er uns auf die Straße setzt, wenn wir ihn zu sehr ärgern. Er mag keine Musik und Kinder mag er auch nicht, glaube ich. Aber vielleicht könnten wir ja jetzt hier …?“

„Nein, nein. Oh nein, das könnten wir sicherlich nicht. Können könnten wir schon, aber machen machen wir nicht. Ich bin ja nicht lebensmüde, oder glaubst du etwa, ich habe Lust, auf die Straße gesetzt zu werden?“

„Nur eine Platte. Bitte, ganz leise!“

„Nein, auch nicht leise. Ich sehe hier auch gar keinen Plattenspieler.“

Nakita blickte sich ergebnislos um. Offenbar ein zündendes Argument.

„Der doofe Frank dreht seine schreckliche Musik immer voll auf. Der hört solche kreischende Rockmusik, fürchterlich. Das ist doch keine Musik. Ihm ist es egal, ihm ist alles egal. Manchmal auch nachts, wenn er alleine zu Hause ist, oder besoffen. Wenn seine Mutter arbeitet, dann hör ich das durch die Wände. Das ist gemein, dann kann ich nicht schlafen. Aber da sagt Herr Zoppa nichts. Das ist auch gemein.“

„Und wieso schmeißt Herr Zoppa diesen Frank und seine Mutter nicht raus, wenn die hier die anderen Bewohner stören?“

„Meine Mutter sagt, dass Herr Zoppa scharf auf Franks Mutter ist. Ich weiß aber nicht ganz genau, was das heißt. Auf jeden Fall darf der Stinker hier alles machen, was er will. Ich hasse Frank Mares, die olle Petze.“

„Hey, hassen ist aber kein schönes Wort.“

„Ich hasse ihn aber. Immer ärgert der mich, weil ich nicht von hier bin. Bin ich aber doch. Ich bin hier geboren, das will der nicht verstehen. Dieser Spacken, der. Außerdem versucht er immer Herrn Schlappner in den Hintern zu treten oder ihm am Schwanz zu ziehen und findet es witzig, wenn er dann vor Angst jault und sich hinter mir versteckt. Dabei ist Frank viel zu dick und zu unsportlich. Glaube nicht, dass er Herrn Schlappner treten kann, ohne hinzufallen. Und der stinkt, puuh, das ist so ekelhaft. Der wäscht sich bestimmt nicht richtig. Ich hasse Frank, alle hassen Frank.“

Nakita rümpfte die Nase und ihr Blick sprach Bände. Ich stellte mir vor, wenn sie jetzt noch den kessen Augenroller draufsetzte, würde ich sie vom Fleck weg adoptieren, so süß.

„Ach, das machen Kinder doch immer, viele Kinder zumindest. Du vielleicht nicht. Das gibt sich mit der Zeit“, versuchte ich die Wogen zu glätten, erschuf aber lediglich weitere Zornesfalten.

„Der ist kein Kind mehr. Der ist schon alt und Kinder stinken gar nicht. Du hast ja gar keine Ahnung! Er trägt auch im Sommer immer so total bunte Mäntel, eigentlich das ganze Jahr über. Das ganze Treppenhaus stinkt dann nach ihm.“

Jetzt wurde sie richtig bockig.

„Wie alt ist der denn, wenn ich mal fragen darf?“

„Weiß ich doch nicht. Vielleicht zwanzig. Oder dreißig. Keine Ahnung. Alt eben.“

Nur kleine Kinder konnten mit einer solch fahrlässigen Einschätzung von Jahrzehnten an Lebensjahren so verschwenderisch umgehen, während unsereins damit klarkommen musste, dass Erwachsensein eigentlich nur noch aus Müdigkeit und Rückenschmerzen bestand.

„Und was macht dieser mittelalte Mann den ganzen Tag? Zur Schule geht der doch dann bestimmt nicht mehr, geht der denn nicht arbeiten?“

„Der trägt Zeitungen aus. Manchmal. Aber eine richtige Arbeit hat der nicht. Keine Lust, Wichtigeres zu tun, sagt er. Der lungert immer im Hausflur rum. Manchmal verlangt er sogar Eintritt, wenn er wieder mal kein Geld hat. Ich hasse Frank. Meine Mutter sagt, er will mal Einfaulenzer werden. Glaube ich aber nicht, so wie der aussieht. Das mag doch keiner angucken.“

„Was will er werden? Einfaulenzer, was soll das denn sein? Einer, der den ganzen im Sessel sitzt und nichts tut?“, fragte ich in Hinblick auf meinen Lazyboy ein wenig peinlich berührt, vor allem aber voller Neugier.

„Nee, Einfaulenzer eben. Manno. Einer, der den ganzen Tag vorm Spiegel steht und Fotos von sich macht, ganz cool guckt und dann ins Internet schickt. Und sein Essen fotografiert, voll eklig, und seine Schuhe, und sich die Haare so komisch kämmt, mit Gelee, und eben diese verrückten Sachen anzieht, Hauptsache viel Farbe. Egal, ob das zusammenpasst. Ich sag dir eines: Das passt gar nicht, das sieht bei Frank nämlich total scheiße aus. Ergün hat mir das in seinem Internet mal gezeigt. Voll peinlich. Da hat er so eine Gruppe, die nennt er Kunterpfund. Wegen bunt. Weil er immer so kunterbunt rumläuft und Pfund, weil er so schwer ist. Da ist er auch noch stolz drauf, dabei ist der viel zu dick für die Klamotten. Die haben ihm ganz, ganz früher vielleicht mal gepasst. Jetzt sieht er immer aus wie eine aufgeplatzte Wurst. Eine, die von Weitem leuchtet. Er meint aber immer nur, die Zeiten dafür würden kommen. Fat-Look sei schon bald total angesagt und dann wäre er der erste Einfaulenzer, der das so macht, und dann will er damit reich werden und das Haus kaufen und dann will er zuerst uns rausschmeißen. Stimmt das wirklich? Kann man mit so was wirklich Geld verdienen?“

Wirklich viel wusste ich nicht über Sinn, Inhalte und Wirken eines Influencers. Die in meinen Augen wohl zutreffendste Beschreibung hatte Nakita im Grunde durch die kindliche Fehlbezeichnung selbst geliefert. Sie beschrieb in aller Kürze das perfekte Profil eines Menschen, der in meinem früheren Dasein Kandidat Nummer eins für eine ihm gebührende Spacken-Behandlung allerhöchster Kategorie gewesen wäre. Der Gedanke blieb nicht ohne Folgen, denn ich bemerkte, wie meine Finger unruhig auf Herrn Schlappners Fell tippelten, dem das aber nicht unangenehm zu sein schien.

Ich sah das besorgt dreinblickende Mädchen noch eine Weile wortlos an und spürte einen bestimmten Verdacht in mir aufkeimen.

„Tja, nichts ist unmöglich in den heutigen Zeiten. Vielleicht kann man mit so einem Schrott wirklich Geld verdienen, keine Ahnung. Aber nun mal was anderes, meine Liebe. Wenn du schon Freitag hier warst wegen der Pflanzen, warum bist du denn heute schon wieder hier? Die ersaufen doch, bei so viel Wasser“, fragte ich belustigt und rollte meinerseits die Augen.

„Ach. Nur so“, antwortete Nakita und nahm mir Herrn Schlappner aus der Hand, „ich glaube, ich gehe jetzt dann auch mal wieder.“

„Wie, nur so? Du kommst hier in Pauls Wohnung und du wusstest, dass ich hier sein würde. Du konntest zumindest damit rechnen und weißt eigentlich gar nicht so genau, warum? Komm, raus mit der Sprache. Hier ist doch was im Busch. Und der muss ganz sicher nicht gegossen werden. Also spuck es aus, kleine Prinzessin.“

Das nun folgende Lächeln toppte jede bisher gezeigte Mimik um Längen. Schüchtern näherte sie sich und flüsterte mir ins Ohr, vermutlich damit Herr Schlappner nichts vom Gesagten mitbekam: „Prinzessin mag ich. Das sagt Ergün auch immer zu mir. Du bist lieb, Bertram.“

Zum ersten Mal nannte sie mich beim Namen und ich hatte diesen noch nie in einem so liebevollen Klang gehört wie jetzt.

„Ich dachte nur,“ setzte sie zaghaft wieder an, ungeachtet des sich abzeichnenden Kloßes in meinem Hals, „weil Paul doch erzählt hat, dass du Leute, die du nicht magst, dass du die, … damit die aufhören damit, dass du denen mal zeigst oder sagst, die müssen das doch irgendwie kapieren und dann dachte ich mir, weil das doch alles Spacken sind, richtig? Das sind doch dann Spacken, oder? Und die kannst du doch entspacken, damit die nicht mehr doof sind, oder? Und weil doch Frank Mares, weil der ist doch der größte Spacken, den ich kenne und ich dachte, dass du vielleicht, du musst ihm ja nicht wehtun. Also nicht doll zumindest, und …“

„Dann dachtest du dir, vielleicht kann der liebe Bertram dir ja helfen, oder? Ach, Prinzesschen. Wenn du wüsstest, wie gerne ich dir helfen würde. Das kann ich gar nicht beschreiben. Aber was meinst du, warum ich jetzt hier bei Paul in der Wohnung hocke? In dem kleinen Zimmer da schlafen muss, anstatt bei mir zu Hause, oder besser noch, anstatt um diese Zeit meiner Arbeit nachzugehen? Ich weiß nicht, ob du das schon verstehst, aber das, was du beschrieben hast, das hat mir viel Spaß gemacht damals. Es hat aber leider aus Idioten keine Nicht-Idioten gemacht. Ich habe mich zwar selbst besser gefühlt, aber nur für einen kurzen Moment. Wenn wir Frank Mares nun einen Denkzettel mitgeben, den er auf jeden Fall verdient hat, dann fühlt sich das gut an, für mich und für dich, aber Leute wie Frank sind auch morgen noch Vollidioten, spätestens übermorgen. Das bringt also nichts, außer Ärger, und Ärger habe ich leider genug bekommen dadurch. Meinen Job habe ich dadurch verloren, meine Frau hat mich rausgeschmissen. Es gibt ganz viele Menschen, die mich hassen, und man hat mich einen Mörder genannt, gerade gestern.“

„Das tut mir leid. Das wollte ich nicht.“

„Weiß ich doch, war auch nur Spaß, alles in Ordnung. Schwamm drüber. Wenn ich diesen Frank mal treffen sollte, dann werde ich mal mit ihm reden, einfach reden. Versprechen kann ich nichts, aber vielleicht benimmt er sich dann ja besser. Und vielleicht kann Paul, oder vielleicht kann auch ich selbst ja mal ein Wörtchen mit Herrn Zoppa reden. Immerhin betrifft das ja alle hier im Haus, mehr oder weniger.“

„Nein. Ich glaube nicht, dass das was bringt“, schien Nakita zu resignieren. Das aber hielt nicht lange an.

„Und was ist, wenn ich dir helfe?“, schlug sie vor, „vielleicht brauchst du ja jemanden, der dich unterstützt? Dann waren wir das beide, nicht nur du alleine.“

„Tut mir leid, Kleine, aber ich kann das nicht mehr machen.“

Nakita blickte traurig an mir vorbei auf den Boden und ich hatte den Eindruck, dass ihr gleich eine Träne über die Wange kullern würde. Selbst das sah umwerfend niedlich aus. So niedlich und doch so herzzerreißend, dass ich am liebsten auf der Stelle eine Etage höher steigen und Frank Mares eigenhändig vom Balkon schmeißen wollte. Direkt an Pauls Fenster vorbei, dahinter ein Paar begeisterter Kinderaugen und eine Stimme, die euphorisch „noch mal“ schrie. Schnell verwarf ich diesen barbarischen Gedanken und nahm Nakita tröstend in den Arm.

„So ist das im Leben. Oft kann man sich die Menschen nicht aussuchen, mit denen man zu tun hat, leider auch seine Nachbarn nicht. Es gibt solche und solche. Manchmal muss man das akzeptieren, auch wenn es schwerfällt.“

Predigte der Mann, der solche Menschen absolut nicht akzeptieren konnte und dem es höllisch unter den Nägeln brannte.

„Schade. Vielleicht machst du es ja doch. Morgen vielleicht, wenn du wegen der doofen Musik auch nicht schlafen kannst oder wegen sonst was. Ich geh dann jetzt. Wir sehen uns bestimmt noch. Komm, Herr Schlappner, wir gehen.“

„Wir werden sehen, Prinzessin. Tschüss. Ja, bis bald. Und tschüss, Jabbadabbadu, bis bald!“

Ertappt drehte sich Nakita noch einmal grinsend zu mir um. Sekunden später war ich wieder mit mir allein.

ausgeSPACKT!

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