Читать книгу CLOWNFLEISCH - Tim Curran - Страница 19

Kapitel 15

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Der fragliche Park befindet sich an der nächsten Ecke, auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Er heißt Little Willow Park, weil ein kleiner Bach hindurchläuft. Teague, dem Peanut dicht auf den Fersen ist, schnappt sich seine Schrotflinte aus dem GMC und eilt so schnell er kann, durch Sturm und Schnee. Der Park ist recht groß und vor seinem geistigen Auge sieht er ihn jetzt im Hochsommer vor sich, mit saftig grünen Hügeln im Hintergrund. Enten quaken in dieser schönen Jahreszeit immer im Teich und eine Band spielt jeden Dienstagabend. Der Baseballplatz könnte mal wieder etwas frische Farbe gebrauchen, und dann ist da natürlich noch die kleine Brücke, die über den Bach führt … direkt zum Spielplatz.

Doch der Sommer aus seiner Vorstellung verabschiedet sich recht schnell wieder, denn es ist nicht Sommer. Gefühlt wird es nie wieder Sommer werden. Vielleicht macht der kalte, weiße Tod des Winters aus seinem Städtchen ja einen riesigen Friedhof.

Teague kämpft sich über die Straße, wobei er sich regelrecht gegen den Wind stemmen muss, um nicht auf dem Hintern zu landen. Niemand außer ihnen ist momentan auf der Straße. In der Ferne kann er einen der Schneepflüge hören, aber das ist auch schon alles … bis auf den heulenden Wind und das Klappern eingefrorener Äste und den immer wieder aufjaulenden Schrei von Cleggs Opfer.

Das Letzte, was Teague will, ist, dass es sich dabei um irgendeinen unschuldigen Bürger handelt, der aus Versehen hineingeraten ist. Grundgütiger, er wagt es kaum, sich auszumalen, was das für Schmerzen sein müssen … und was für ein Anblick sich ihnen bieten wird, wenn wirklich der Fußknöchel von jemandem von diesen Metallzähnen zerschmettert wurde. Andererseits hofft er aber auch irgendwie, dass es ein Mensch ist, denn wenn nicht, würde das bedeuten, dass er seine Ansichten über die Realität empfindlich überdenken müsste.

Natürlich ist es ein Mensch!, sagt er sich und geht an dem kleinen schmiedeeisernen Zaun entlang in Richtung des Spielplatzes. Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass es etwas anderes ist, oder?

Nein, nein, natürlich nicht.

Als sie an das Tor kommen, stellen sie fest, dass es etwa zwanzig Zentimeter weit geöffnet und von festgefrorenen Eismassen umschlossen ist. Er zieht kräftig daran, doch es bewegt sich keinen Millimeter. Keine Chance, dass einer von ihnen da durchkommt. Der Spielplatz ist von einer Steinmauer umschlossen und Peanut geht weiter, bis sie an eine niedrige Stelle kommen, wo sie hinüberklettern können.

Sie landen auf der anderen Seite in knietiefem Schnee und kämpfen sich weiter voran. »Wir hätten eine Stange oder so was mitnehmen sollen, um den Boden zu kontrollieren«, sagt Peanut plötzlich.

»Wieso sollten wir ihn kontrollieren?«

»Na ja, wir wissen doch nicht, wie viele Fallen Clegg hier ausgelegt hat.«

Da war etwas dran.

Als sie eine Stelle erreichen, wo der Wind den Schnee bis auf die unterste Eisschicht weggeweht hat, bricht Teague den tief hängenden Ast einer Eiche ab und reißt die Zweige ab. Jetzt haben sie eine Stange, und bis zum Spielplatz ist es nicht mehr weit. Sie kämpfen sich durch die Schneedünen, die ihnen jetzt teilweise bis über die Knie oder sogar bis an die Hüften reichen. Dabei stochern sie aufmerksam den Bereich direkt vor sich ab. Der bitterkalte Schnee peitscht ihnen dabei unablässig in die Gesichter. Immer wieder werden sie komplett von plötzlichen Böen umhüllt, und die Lichtkegel ihrer Lampen sind mit herumwirbelnden Flocken gefüllt.

Was auch immer Clegg in die Falle gegangen ist, heult wie ein Wolf.

Es ist ein kreischender, unheimlicher Klang, der sogar noch den Blizzard übertönt. Teague drängt weiter voran, obwohl er sich am liebsten irgendwo verschanzen würde, bis das alles vorbei ist. Langsam schälen sich dunkle Formen aus dem Flockenwirbel. Bäume, hüfthohe Büsche, dann eine Rutsche und ein Klettergerüst. Er hört die Schellen am Flaggenmast des Soldatendenkmals im Wind scheppern, doch die Schreie der wütenden Bestie sind lauter. Jetzt sieht er das Karussell, das sich im Wind dreht, und keinen Meter dahinter sieht er einen Schatten … ein groteskes, abnormes Etwas, das wie ein tollwütiger Hund jault und dabei wild hin und her zappelt.

Dann peitscht eine Windböe Teague eine dicke Ladung Schnee ins Gesicht und er muss sich die Augen reiben, weil er einfach nicht glauben kann, was er zu sehen meint. Doch das Bild verändert sich nicht. Mit dieser unmöglichen Wahrheit konfrontiert zu sein, fühlt sich an, als würde eine unsichtbare Riesenfaust auf seinen Kopf einprügeln.

Er braucht einen Moment, um tief durchzuatmen, dann steckt er die Taschenlampe mit zittrigen Fingern auf die dafür vorgesehene Halterung an seiner Schrotflinte.

Peanut ist ein Stück vor ihm, als dieser auf dem Eis ausrutscht und auf einem Knie landet – er hat das Ding in der Falle also ebenfalls gesehen. Er rappelt sich hektisch wieder auf, stößt einen Angstschrei aus und taumelt zurück. Dann stolpert er und landet mit dem Hintern in einem Schneehaufen. Teague hält ihm seinen Arm hin und zieht ihn hoch. Peanuts Gesichtsausdruck ist von grenzenloser Angst gezeichnet. Er springt Teague förmlich an und klammert sich wie ein kleiner Junge an ihm fest, während er weiterhin mit schriller Stimme aus voller Kehle kreischt und den Clown in der Falle anstarrt. Das ist kein Beppo oder Poppo oder irgendein harmloser Alleinunterhalter einer Kinderparty, sondern die pure Ausgeburt aus der Hölle, die sich lediglich die Haut eines Clowns übergezogen hat.

Das ist überhaupt kein Clown, nicht mal annähernd, sagt eine Stimme in Teagues Kopf. Das ist ein Dämon! Es ist eine Kreatur des Todes, und wenn sie sich irgendwie losreißt, bist du in weniger als dreißig Sekunden tot!

Das Wesen trägt ein glänzendes, silbernes Clownskostüm mit grünen und gelben Pailletten, an dessen Vorderseite weiße Puschel angenäht sind. Der Clown ist riesig, viel größer als Teague, der eigentlich schon ein recht großer Kerl ist. Sein Gesicht und der beinahe glatzköpfige Schädel sind weiß wie Knochen und von pulsierenden Venen überzogen. Die Augen funkeln wie Rubine, aus denen unentwegt ganze Ströme von roten Tränen laufen. Einzelne Büschel blauer Haare wachsen seitlich aus seinem Kopf. Seine Lippen sind aufgebläht und mit blutenden Rissen übersät. Dahinter kann Teague das Zahnfleisch erkennen, das wie rohes Hackfleisch aussieht. Seine Zähne sind gelb und sehen aus wie die Giftzähne einer Schlange. Sein sichtbarer Atem stinkt ekelhaft und blubbernder, grauer Schaum tropft ihm vom Kinn.

»Grundgütiger Gott im Himmel, Jesus Christus«, quietscht Peanut. »Töte ihn, Will! Erschieß dieses gottverdammte Monster, bevor es zu spät ist!«

Er selbst hat es bereits versucht, es aber nicht fertiggebracht, denn seine Glock 22 rutscht ihm jetzt aus den Fingern und fällt zu Boden.

Teague schiebt Peanut zur Seite und macht einen weiteren Schritt auf das Monster zu, während er seine Remington 870 in Schussposition bringt. In seinen Gedanken möchte er am liebsten schreien: Was zur Hölle tun Sie hier, Mister? Und warum sind Sie wie ein verfickter Clown angezogen? Die Idee ist natürlich lächerlich, im Grunde genommen ist sie unter diesen Umständen sogar wahnsinnig und lebensmüde. Mit dem Wesen vor ihm kann man garantiert nicht reden. Es grunzt und sabbert einfach weiter, und seine wulstigen, weißen Finger zerren an den gnadenlosen Zähnen der Bärenfalle. Es hat seine Klauen hineingeschoben und zerrt verzweifelt an dem Metall, was sich anhört wie das Schaben scharfer Messer auf einer Stahlplatte. Dabei macht es ein weinerliches Geräusch, denn sein Knöchel ist breit aufgerissen und sein Hosenbein saugt sich immer mehr mit schwarz-rotem Blut voll.

Es dreht sich jetzt in Teague Richtung und brüllt wie ein Dutzend eingesperrter Tiger. Die Hitze und der Gestank seines Atems trifft ihn voll ins Gesicht und lässt ihn angewidert zurückweichen. Die Zähne von diesem Ding sind wie Klingen. Wenn es der Clown schafft, sich zu befreien, wird er den Sheriff garantiert ausweiden. Er wird seinen Bauch aufschlitzen und ihm die blutenden Eingeweide mit den Zähnen herausreißen, und das wäre bestimmt erst der Anfang.

Das weiß Teague ganz genau.

Jetzt sieht der Clown Peanut an und zischt. Dunkelrotes Blut schießt aus seinem Mund und tropft wie Tinte auf seinen weißen Kragen. Im Schein der Taschenlampen sieht es beinahe lilafarben aus. Seine Zunge ist wie der Stachel einer Wespe, dünn und spitz, und es scheint sogar eine Art Gift herauszutropfen.

Peanut wühlt im Schnee und sucht nach seiner Pistole, während der Clown ihn genau beobachtet. Als der junge Hilfssheriff sich mit der Waffe in der Hand aufrichtet, spuckt das Monster eine Ladung zischenden Schleim in seine Richtung, die ihn nur knapp verfehlt und auf dem Boden eine dampfende Säurepfütze bildet.

Jetzt reicht es Teague endgültig.

Er richtet den Lauf seiner Waffe genau auf den Clown. Als dieser laut knurrt, schießt Teague. Ein Loch von der Größe eines Tellers öffnet sich im Brustkorb des Clowns. Er schreit vor Schmerzen auf, windet sich und hüpft dann wild auf und ab, wobei er aber von der Falle an Ort und Stelle gehalten wird. Schwarzer Saft spritzt jetzt in den Schnee, begleitet von einer großen Menge irgendeiner dampfenden Masse.

Teague betätigt den Pumpmechanismus seiner Flinte und feuert erneut, womit er die Schulter des Wesens zerfetzt. Der nächste Schuss geht direkt in die Kehle des Clowns, sodass dessen Kopf beinahe abgetrennt wird. Blut und Fleisch bilden nun einen feinen Nebel, der vom Wind davongetragen wird. Der Clown ist schwer verletzt, er blutet, zittert und wimmert. Er ist im Stehen nach hinten gesackt, sodass sein Rücken jetzt beinahe die Rückseite seiner Beine berührt.

Teague feuert noch einmal und der Oberkörper explodiert in einem heißen Wirbelwind aus Fleischbrocken … dann tauchen plötzlich merkwürdige Dinger aus der dampfenden Öffnung auf. Sie sehen aus wie sich windende, rote Würmer, die über einen halben Meter lang sind. Sie dampfen und schlängeln umher wie durchgedrehte Vipern.

Teague schießt ein letztes Mal, wodurch das Gesicht des Clowns von seinem Schädel gerissen wird, und endlich fällt die Gestalt komplett in den Schnee. Sie zittert immer noch, macht seltsam ploppende Geräusche und stößt ein gummiartiges Gurgeln aus. Nachdem sein mächtiger Kiefer ein letztes Mal zugeschnappt hat, verstummt der Clown.

»Himmel Herrgott«, stammelt Peanut und lässt sich auf die Knie in den Schnee fallen. Teague hingegen steht einfach nur da, den Kegel seiner Lampe auf die qualmenden Überreste im Schnee gerichtet. Was auch immer das war, es war definitiv kein Mann in einem Clownskostüm. Es war etwas ganz und gar anderes.

Er beugt sich nach vorn und zieht Peanut zum zweiten Mal an diesem Tag auf die Beine. Dann hören sie den markerschütternden Schrei eines weiteren Clowns.

CLOWNFLEISCH

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