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Die Auswirkungen der Zuchtwahl

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Zweifellos haben wir uns bei Haushunden auch für die Eigenschaft „niedlich“ entschieden. Ich meine, sind Sie schon mal in einem Zimmer gewesen, in dem jemand das Foto eines Babys herumgezeigt hat – und alle haben instinktiv „ohhhh“ gerufen? Der Anblick eines jungen Menschen löst bei Erwachsenen ein Bedürfnis danach aus, elterliche Fürsorge ausüben zu wollen. Tatsächlich haben Babys, die diesen Hilfeinstinkt gut auslösen konnten, im Vergleich zu denen ohne diese Eigenschaft eine extra Portion Fürsorge erhalten, und so war ihre Überlebensrate höher. Ja, niedliche Babys konnten besser durchkommen als die nicht niedlichen Babys. Und damit ist „niedlich“ die Eigenschaft, die für den Erhalt von elterlichem Schutz und Hilfe besonders hilfreich ist.

Unterwürfig aussehen ist hilfreich, während große Ohren aggressiv erscheinen, ebenso wie ein Zähneblecken oder Knurren. Menschliche Babys, die möglichst nicht knurrten, waren besser dran. Gleiches gilt für Hundewelpen. Die genetischen Eigenschaften, die einen Welpen ausmachen, sind nicht dieselben, die ihn zum erwachsenen Wolf machen. Kindliche Züge in einem sozialen Tier wecken den Erwachsenen in uns und bringen diesen dazu, sich um das Kindliche zu kümmern. Erwachsene Eigenschaften sind darauf ausgerichtet, sich wieder auf die Nahrungssicherung zu konzentrieren, einen Partner zu finden und darauf, diese Dinge und sich selbst zu verteidigen.

Bei der Domestizierung wird oft diejenige Kombination von Merkmalen ausgewählt, die Tiere zu erfolgreichen wilden Jungtieren machen, und nicht die Eigenschaften, die für erfolgreiche wilde Erwachsene sorgen. Bei Wölfen würden wir eher ausgewachsene Exemplare selektieren, die ein solches Jungtierverhalten zeigen. Wir würden demnach diejenigen auswählen, die sich an uns als Rudelführer wenden, um Führung und Nahrung zu erhalten – und nicht diejenigen, die alleine klarkämen und sich mit allem selbst bedienten, einschließlich am Menschen, oder etwa nicht? Tatsächlich sind erwachsene Haushunde ganz gute Beispiele dafür, dass das Gesamtpaket an Jungtier-Charakteristika auf uns genau wie die eines Menschenbabys wirkt. Wir trafen die Auswahl hin zu unterwürfigeren Hunden, die uns ein „Ohhh“ entlocken konnten und die sich auf eine Leitung durch den Menschen einließen. Wir haben diejenigen rausgeschmissen (der Euphemismus sei mir gestattet), die uns zu sehr herausgefordert haben oder unser Vieh oder unsere Kinder gefressen haben. Im Laufe der Zeit erhielten wir immer mehr bereits ausgewachsene Tiere mit zunehmend jugendlichem Aussehen und ähnlichen Zügen wie bei Hunde- und Menschenbabys. Die Köpfe wurden im Verhältnis zu den Ohren größer, die Augen wurden größer, das Baby lächelte und konzentrierte sich auf den Elternteil. Den Zustand der Beibehaltung vererbbarer juveniler Eigenschaften als Erwachsene nennt man Neotenie. Erwachsene Haushunde zeigen viele Eigenschaften junger Wölfe – einschließlich des Spielverhaltens, Unterwerfungsgesten und eines höheren Tons beim Bellen und sie zeigen sich insgesamt deutlich weniger aggressiv. Sie weisen zudem Züge auf, die denen von Menschenbabys unheimlich ähnlich sind.

Die Biologie der Hunde

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