Читать книгу Die Biologie der Hunde - Tim Lewis - Страница 37
Arten, Rassen und Hybriden
ОглавлениеWie sind wir nun darauf gekommen, wo ich doch über Genpools sprechen wollte? Es ist wohl an der Zeit, den Bogen dahin zurück zu schlagen und diesen Teil abzuschließen. Arten werden am häufigsten als Gruppen von Lebewesen betrachtet, die Gene miteinander teilen können und die das auch tun. In unserem Vergleich sind das dann diejenigen, die erfolgreich Bücherboxen austauschen können. Kein Wolf teilt Kisten mit einem Elefanten. Die Teile passen nicht und die Bücher sind anders angeordnet. Der Elefant hat sechsundfünfzig Chromosomen, also passen sie nicht mit den achtundsiebzig bei Hunden zusammen. Die Gruppen leben auf getrennten Kontinenten, was wir genetisch isoliert nennen. Sie haben separate Genpools. Genetische Isolierung und genügend Zeit führen zu einer eigenen Art. Hier kann man durch jede nur denkbare Definition leicht aufzeigen, dass diese beiden getrennte Arten sind.
Wölfe und Kojoten teilen sich gelegentlich Boxen und haben die gleiche Anzahl an Chromosomen. Eigene Spezies? Ja, aber nicht wegen derselben Art von genetischer Isolation. Wenn Sie diesen nächsten Teil lernen, wird klarer, was eine Rasse ist und was nicht. Kreuzt man einen Wolf mit einem Wolf, so bekommt man einen Wolf.
Kreuzt man einen Kojoten mit einem Kojoten, erhält man einen Kojoten. Kreuzt man einen Wolf mit einem Kojoten, dann erhält man etwas, das wir einen Rotwolf nennen. Meine Entschuldigung geht an die Biologen, die darauf bestehen, dass es sich um eine eigene Spezies handelt. Biologen streiten darüber, wie viel Trennung ausreicht. Wenn man Rotwölfe mit Rotwölfen kreuzt, erhält man dann einen Wolf, einen Kojoten oder einen Rotwolf? Wenn man eine echte Zuchtlinie erhält, dann hat man eine neue Art. Wenn man einen Labrador mit einem Pudel kreuzt, erhält man einen Labradoodle. Kreuzt man zwei Labradoodles miteinander, was bekommt man dann? Ob die Kreuzung eine echte Rasse ist, darüber streiten sich die Leute noch. Wenn man die Politik dahinter übergeht, wonach man biologisch gesehen die originären Quellgruppen (den Labrador und den Pudel) abspalten müsste, so handelt es sich um einen Mischling, keine echte Rasse. Wenn man Labradoodles mit Labradoodles kreuzt und vorhersehbar konsistente Labradoodles erhält, dann hat man eine neue Rasse geschaffen. Diese wurde auf die gleiche Weise erschaffen wie viele der alten etablierten Rassen ebenfalls entstanden sind. Dieser Rotwolf ist seine eigene Spezies, wenn man beim Kreuzen von Rotwölfen mit Rotwölfen auch wieder Rotwölfe erhält. Wenn man häufig eine Stufe zurückgehen muss, also Wölfe und Kojoten kreuzen muss, um einen Rotwolf zu erhalten, dann ist es nur eine Kreuzung. Ist sie etwas Besonders? Nun, das ist keine Fragestellung für die Biologie.
Wann ist denn eine Rasse nun eine neue Rasse? Auch das ist keine Fragestellung für die Biologie, kommt ihr aber schon näher. Bei der Trennung der Rassen voneinander geht man mit einer Menge Subjektivität heran. Sie werden jetzt einwenden: „Nein, das stimmt nicht, denn es gibt Rassestandards.“ Doch diese Standards hat ja der Mensch aufgestellt, nicht die Natur. Die Menschen sortierten und kodifizierten und stimmten ab und argumentierten, indem sie auflisteten, was sie schätzten und was nicht. Dabei handelt es sich um menschliche Willkür, und das hat nichts mit Biologie zu tun. Ist ein Rassehund denn das ganze Geld wirklich wert? Die Kosten richten sich nach Angebot und Nachfrage, und damit sind wir noch nicht einmal ansatzweise bei einer biologischen Frage. Ist eine Rasse eine Spezies? Wenn man Rassen lange genug reinrassig gehalten hat, könnte man diese sicher genetisch weit genug isolieren, um eine eigene Spezies zu erhalten. Doch keine Rasse der Haushunde erreichte bisher das Niveau einer separaten Spezies. In meinem Biologieunterricht ist mir zwar das Gegenteil beigebracht worden. Aber die Natur schert sich nicht um unsere Definitionen wie „Art“ oder „Rasse“. Die sind nur exakt so, wie wir sie festlegen. Nicht mehr und nicht weniger. In der Natur werden Gene überall und zu jeder Zeit ausgetauscht, ohne sich irgendwelche Gedanken um unsere Gefühle oder unsere Definitionen zu machen.
Hunde gehören derselben Spezies wie Wölfe an, und zwar den meisten Definitionen für eine Spezies zufolge. Haushunde stellen nur eine Untergruppe von Büchern dar, welche nur innerhalb ihrer eigenen Art geteilt werden. Das ist auch schon alles, was eine Rasse ausmacht. Irgendjemand entscheidet, dass jenes gutes Aussehen und eine gute Kombination von Eigenschaften sind, setzt Standards, die er mag und ermutigt dazu, Bücher nur zwischen gleichgesinnten Mitgliedern zu teilen. Und der Himmel stehe jener armen Seele bei, die ein Individuum aus einer Linie herausnimmt, die sich auf einen Vererber zurückführen lässt wie „Mehrfach preisgekrönter – Champion-sieger schwebt wie ein Schmetterling“ (Multiple Best in Show – Winning Champion Floats Like a Butterfly) und auf eine Mutter „Mehrfach preisgekrönte – Championsiegerin sticht wie eine Biene“ (Multiple Best in Show – Winning Champion Stings Like a Bee). Und die dann dessen wertvollen Bücher mit ihrer mühselig selektierten DNA mit der DNA von „Hat nie etwas nennenswertes gewonnen Vater unbekannt und vermehrt sich wie ein Hase“ (Never Won Anything Questionable Daddies Unknown Breeds Like a Rabbit) teilt und daraus eine Mischlingsrasse namens „Bubba“ hervorgebracht wird. Es bleibt immer noch eindeutig ein Haushund, doch er gehört nicht mehr der sorgfältig ausgewählten Zuchtlinie an. Diese Linie ist eine Rasse. Es handelt sich um einen funktionalen Begriff, der sich auf eine Teilmenge eines Genpools bezieht. Es ist ein Begriff, der für vom Menschen ausgewählte DNA-Pakete verwendet wird. Im Gegensatz zu jenen, die Mutter Natur für die Welt des Fressen und Gefressen-Werdens ausgewählt hat.