Читать книгу Die Biologie der Hunde - Tim Lewis - Страница 32
Der Paarungsakt
ОглавлениеDer einzige Bereich bezüglich des Teilens und Auslesens der DNA, den wir noch nicht behandelt haben, ist der eigentliche Akt der Paarung. Ich vermute mal, Sie wissen schon, was wohin gehört und warum. Damit brauche ich das Thema nicht wirklich zu behandeln, nicht wahr? Aber weil es ziemlich interessant ist, werde ich es trotzdem tun.
Das Männchen der meisten Säugetiere hat einen dauerhaft erigierten Penis, was mit einem echten Knochen namens Baculum zuwege gebracht wird. Wenn es verlangt wird und oft genug auch, wenn es nicht verlangt wird, kann das Männchen seinen Penis einfach ausfahren. Primaten gehören zu den wenigen Säugetieren, die anstelle eines Knochens ein Hydroskelett für den Penis haben. Das Baculum ist bei den meisten Primaten stark reduziert, beim Menschen fehlt es gänzlich.
Es gibt viele Spekulationen darüber, wie sich das entwickelt hat; sehr wahrscheinlich nicht nur deshalb, um die Geschäfte mit Viagra am Laufen zu halten. Auch Pferden fehlt ein Baculum. Beim Waschbären hat es eine üble scharfe Krümmung. Warum braucht es überhaupt einen Penis? Es ist ein im ganzen Tierreich verbreitetes Werkzeug, aber alles andere als universell, um Sperma so weit wie möglich in ein Weibchen hinein zu platzieren und damit das eigene Sperma am Samen anderer Männchen vorbei gebracht wird. Je mehr männliche Konkurrenz es bei einer Art gibt, desto größer ist deren Penis. Menschen haben im Vergleich zu den meisten Säugetieren einen ziemlich kleinen Penis. Ja, auch das können Sie Ihrem Erbe anlasten. Das Walross ist sowohl absolut als auch relativ für ein Landsäugetier der Meister der Penisgröße und hat einen Penis von bis zu dreiunddreißig Zentimeter Länge. Der Penis eines Caniden hat am distalen oder „geschäftigen“ Ende des Penis blutgefüllte Teile, sodass ein Männchen beim Besteigen physisch mit dem Weibchen fest verbunden werden kann. Dies hält andere Männchen fern und sein Sperma kann sich so langfristig ansiedeln. Aber es birgt auch die Gefahr, dass das Baculum bricht. Jene Verbundenheit dauert zwischen ein paar Minuten und einer halben Stunde – üblich sind etwa fünfzehn Minuten.
Bemerkenswerterweise dient Sperma als energiereiche Flüssigkeit bloß dazu, eine nährstoffreiche Umgebung für die Spermien bereitzustellen und einen Propfen zu bilden, mit dem verhindert werden kann, dass die Spermien eines Konkurrenten den Heiligen Gral einer Eizelle erreichen. Bei vielen Arten arbeiten tatsächlich einzelne Spermien zusammen. Ein Haufen von Spermien, die ihre Köpfe zusammenstecken, kann schneller schwimmen als ein einzelnes Spermium. Wer zuerst kommt, mahlt zuerst, das gilt gewissermaßen nicht. Die Erkenntnis, dass sich bei einer Hündin, die ein Dutzend Eizellen auf einmal hervorbringt, Sperma von mehreren Vätern vermengen und einen gemischten Wurf ergeben kann, ist auch nicht im Geringsten anzuzweifeln.
Ansonsten ähneln die erforderlichen Teile bei Hunden denjenigen, die Sie selbst auch haben – oder vielleicht auch vor einer Operation noch hatten … Spermien werden von Sertoli-Zellen in den Hoden der Männchen produziert. Am besten funktionieren die Sertoli-Zellen bei einer Temperatur etwas unter der normalen Körpertemperatur. Und daher hängen sie gewissermaßen in einem Sack namens Scrotum (Hodensack). Wenn die Spermien bereit sind, werden sie, gemischt mit Stoffen, die von der Prostata produziert werden, am Ende des Penis‘ aus der Harnröhre ausgestoßen. Wenn alles wie „von der Natur geplant“ abläuft, befindet sich der Penis zu dem Zeitpunkt in einem muskelbesetzten Behältnis, auch bekannt als Vagina. Durch peristaltische Bewegung wird das Gemisch nach oben in die Gebärmutter und dann in einen Eileiter befördert. Davon gibt es zwei. Wenn man es von der Funktion her betrachtet, so hat ein Hund zwei Gebärmütter, aber da wir es technisch angehen, wird nur nach Anzahl der Enden gerechnet. Diese Enden nennt man den Gebärmutterhals. Hunde haben einen Gebärmutterhals am Ende der Vagina, der sich jedoch fast sofort in zwei verschiedene Gebärmutterhörner oder -körper aufspaltet, von denen jeder mit einem Eileiter verbunden ist, welche wiederum jeder zu einem Eierstock führen. Dort findet die Befruchtung normalerweise statt. Die Gebärmutterhörner sind also jeweils mit einem Eierstock verbunden – der Heimat der heiligen Eier. Wenn die Hündin läufig ist, werden Eizellen abgelegt, bis hin zu etwa einem Dutzend. Alle Eizellen, die auf Spermien treffen, werden, wenn die DNA problemlos passt, zu einer befruchteten Eizelle mit einem Satz von Mamas Genen und einem Satz von Papas Genen. Wenn sie sich erfolgreich in der Gebärmutterwand einnisten, bilden sie eine ringförmige Plazenta. Die Plazenta umgibt den sich entwickelnden Embryo. Dieser entwickelt sich zwei Monate lang und wird dann von der Mutter als Welpe geworfen. Der Welpe startet blind, verwirrt und zweifellos hungrig ins Leben.