Читать книгу Die straf- und bußgeldrechtliche Verantwortlichkeit der Diensteanbieter sozialer Netzwerke im Internet - Timo Handel - Страница 63
(a) Theorie vom Ort der realisierten Gefahr
ОглавлениеZum Teil wird aber vertreten, dass im Falle einer Realisierung der abstrakten Gefahr ein Erfolg i.S.d. § 9 Abs. 1 Var. 3 StGB vorliegt.200 Dieser sei immer dort belegen, wo Rechtsgüter geschädigt wurden oder es zu Gefährdungen gekommen ist, die nach dem Zweck des jeweiligen Straftatbestands verhindert werden sollen.201 Dies ist aus verschiedenen Gründen abzulehnen.
Zum einen handelt es sich – wie bereits erwähnt – bei der Gefahr gerade nicht um ein Tatbestandsmerkmal. Die realisierte Gefahr kann zwar vielleicht noch als „Erfolg“ gesehen werden. Mangels der Bezugnahme des Tatbestands auf sie, handelt es sich aber nicht um einen „zum Tatbestand gehörenden“ Erfolg.202 Denn für die Erfüllung des gesetzlichen Tatbestands ist sie nicht relevant.203 Die Auslegung widerspricht damit dem klaren Wortlaut des § 9 Abs. 1 Var. 3 StGB.204
Zum anderen spricht auch die Änderung durch das 2. StrRG vom 4.7.1969 gegen diese weite Auffassung. Denn vor der Änderung durch das 2. StrRG205 war der Wortlaut des § 3 Abs. 3 Var. 3 StGB a.F. deutlich weiter, sodass eine Tat an jedem Ort begangen war, an dem der Erfolg eingetreten ist. Die Einschränkung, dass es sich um einen „zum Tatbestand gehörenden“ Erfolg handeln muss, beinhaltete § 3 Abs. 3 Var. 3 StGB a.F. gerade nicht und wurde erst durch das 2. StrRG eingeführt.206 Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass der Gesetzgeber eine solche Einschränkung nicht bezweckt habe, da sich dies jedenfalls im Wortlaut des § 9 Abs. 1 Var. 3 StGB nicht widerspiegelt.207 Im Hinblick auf die Tatbegehung über das Internet überzeugt ein Rückgriff auf den Willen des historischen Gesetzgebers und eine Bevorzugung desselben gegenüber dem klaren Wortlaut der Regelung auch deshalb nicht, da das Internet und dessen Folgen für die Möglichkeiten der Tatbegehung im Jahr 1969 überhaupt nicht absehbar waren.208