Читать книгу Berlin 1968 I. Bitternis - Drei Romane in einem Band - Tomos Forrest - Страница 13
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Bernd lenkte seinen Mercedes vom Parkplatz herunter und steuerte auf das Haupttor zu. Die beiden letzten Stunden seiner Arbeit für Karsten Romann waren mit die langweiligsten seiner Laufbahn gewesen. Er hatte zahlreiche Personalakten durchgesehen, wobei er genau wusste, dass er dabei nichts finden würde. Wenn sich jemand hier einschleichen wollte, würde er ganz besonders auf eine saubere Akte achten, denn jedes Kind wusste, dass ein Unternehmen dieser Art vom BKA überprüft wurde.
Romann Electronics beschäftigte mehrere hundert Mitarbeiter. Wenn Bernd einen anderen Fall gehabt hätte, hätte er diese Sache bereits abgelehnt. Aber er musste schließlich seine Brötchen verdienen, und Franziska musste auch ihr Gehalt bekommen. An Lucys manchmal recht ausgefallene Wünsche wollte er gar nicht denken. Die Inflationsrate war auch nicht gerade klein. Also blieb ihm wohl nichts Anderes übrig, als diesen Fall weiter zu bearbeiten, auch wenn nichts dabei herauskam außer seinem Tagessatz.
Eine schwarze Limousine rollte an ihm vorbei. Er erkannte Uniformen und die Abzeichen hoher Offiziere. Die Gesichter der Militärs wirkten verkniffen. Vielleicht hatten sie von dem Einbruchsversuch gehört und wollten sich vergewissern, dass ihre kostbaren Geheimnisse noch alle vorhanden waren. Er musste sich mit dem Gedanken vertraut machen, dass vielleicht auch bald die Sicherheitsorgane der Militärs herumschnüffelten.
Neben dem Tor stand ein Mann, der ihm aufmerksam entgegenblickte. Bernd ging mit der langsamen Geschwindigkeit noch weiter herunter, als der Mann mitten auf die Fahrbahn trat und eine Hand hob.
Bernd stoppte. »Was gibt’s? Ich habe mich ordnungsgemäß abgemeldet. Im Übrigen habe ich ein strammes Tagewerk hinter mir. Ich wollte eigentlich nach Hause.«
»Das können Sie auch gleich.«
Der Mann kam an den Wagen heran, riss die Beifahrertür auf und setzte sich ohne weitere Umstände in den Wagen.
»Sie können mich ein Stück mitnehmen.«
»Ich nehme prinzipiell keine Anhalter mit«, bemerkte Bernd und machte keine Anstalten weiterzufahren.
Der andere zog einen Ausweis aus der Tasche, klappte ihn auf und sagte: »Kerner, BKA. Ich möchte mich nur ein bisschen mit Ihnen unterhalten.«
Bernd zuckte die Schultern, legte den Gang ein und fuhr los. »Wie ich hörte, sind letztlich Sie dafür verantwortlich, dass man mich mit diesem Fall beauftragt hat. Für Empfehlungen bin ich zwar immer dankbar, aber ich hätte schon gern gewusst, wie Sie auf mich gekommen sind. Denn ich habe von Ihnen noch nichts gehört.«
Kerner lächelte. »Wir haben eine ziemlich gute Kartei, in der die meisten Detektive irgendwie erfasst sind. Aber das ist Ihnen sicher nichts Neues. Sie können beruhigt sein. Ich habe Ihren Namen von Kollegen, und inzwischen habe ich ein paar Erkundigungen eingezogen, die meine Empfehlung bisher nur bestätigt haben. Sie haben zwar bei der Polizei nicht nur Freunde, aber die Serie Ihrer Erfolge dürfte der beste Beweis sein.«
»Vielen Dank für die Blumen. Aber was wollen Sie jetzt von mir?«
Kerner machte ein nachdenkliches Gesicht. »Dieser Fall ist nicht astrein. Ich kann mich auf mein Gefühl verlassen. Und es sagt mir auch, dass dieser missglückte Einbruch nicht der letzte Versuch war, an die Geheimnisse von Romanns Electronics heranzukommen. Trotzdem: So manches passt nicht zusammen. Sie können sich denken, dass meine Vorgesetzten größten Wert darauf legen, dass Romanns Panzertüren geschlossen bleiben. Da wir aber leider nicht in der Lage ist, mehr Leute einzusetzen, habe ich Romann empfohlen, einen Privatdetektiv hinzuzuziehen. Er kann manche Routinearbeit übernehmen.«
»Sie haben Glück, dass meine Zeit im Augenblick nicht durch einen anderen Fall blockiert ist, sonst hätte ich diese Angelegenheit schon am ersten Tag hingeschmissen. Es gibt kaum etwas Schlimmeres für mich, als den ganzen Tag in Akten zu wühlen.«
Kerner seufzte.
»Was glauben Sie wohl, woraus unsere Hauptbeschäftigung besteht?«
Bernd grinste und wich einem entgegenkommenden Wagen aus, der unglaublich dicht an seine Fahrspur geriet.
»Deshalb bin ich ja nicht beim BKA. Ich wollte mir meine Fälle selbst aussuchen.«
»Das tun Sie ja auch. Aber glauben Sie mir: Die Geschichte bei Romann ist keine Routine. Dies war erst der Anfang. Ich habe ein Gespür für diese Dinge. Vielleicht liegt es an meiner ungarischen Großmutter, die das zweite Gesicht gehabt haben soll.«
Schuster lachte. »Sie hätten besser einen Hellseher auf diesen Fall ansetzen sollen.«
Kerner streckte den Arm aus. »Setzen Sie mich dort vorne ab. Ich nehme die S-Bahn. Sie werden erlauben, dass ich mich mit Ihnen wieder in Verbindung setzen werde.«
Bernd bremste, und der Beamte stieg aus.
»Wer steckt denn dahinter?« fragte Bernd hinterher. »Wenn ich recht habe, werden Sie das bald merken.«
Kerner winkte und verschwand im Untergrund.
Bernd fuhr rasch weiter, weil hinter ihm schon ein Hupkonzert einsetzte. Er durfte hier nicht halten, und er wollte keinem Polizisten den Triumph gönnen, ihm ein Strafmandat auszustellen.
Die rätselhafte Bemerkung von Kerner gab ihm zu denken. Offensichtlich wusste oder ahnte der BKA-Mann mehr als er zugeben wollte. Es lag natürlich auf der Hand, dass fremde Mächte an den Geheimnissen von Romann Electronics höchst interessiert waren. Handelte es sich bei den Einbrechern möglicherweise um Spione?
Bernd schüttelte unwillig den Kopf. Auch ihn störten einige Dinge an der Sache, ohne dass er wusste, was es genau war. Morgen würde er sich zunächst einmal weiter mit den Akten beschäftigen. Es würde ein staubiger Tag werden.