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9.


Freddy schenkte sich einen Fingerbreit Whisky ein und schüttete das Getränk mit einem Schluck hinunter. Er schüttelte sich leicht und wischte sich über den Mund. »Das tut gut.«

Skotty rauchte und stieß den Rauch ringförmig aus. Es gelang ihm jedoch nicht, einen halbwegs anständigen Ring hinzubekommen.

»Du kannst doch meinen guten, schottischen Whisky nicht wie Wasser runterschlucken!«, sagte er mit beleidigtem Tonfall.

»Hör mal, Skotty, ich weiß ja, dass du deinen Spitznamen deiner Vorliebe für den Stoff verdankst. Ich habe das Zeug aber nur getrunken, weil es leider keinen Irish Whiskey in dieser Kaschemme gibt!«

Skotty lag auf dem Bett und hatte die Arme hinter dem Kopf verschränkt. Nach einem verächtlichen Schnauben erkundigte er sich:

»Hast du eine Idee, wie es weitergehen soll?«

Freddy sah sich in dem leicht schäbigen Hotelzimmer um. Sie hätten sich zwar ein besseres Hotel leisten können, aber hier stellte niemand dumme Fragen.

»Wir warten ab. Ich kann mir zwar nicht vorstellen, dass jemand uns im Verdacht hat, aber das werden wir ja bald wissen. Ich erfahre sofort, ob ein Bulle uns nachschnüffelt.«

»Und was ist mit unserem Honorar?«

»Unser Auftraggeber wird sich melden. Ganz sicher. Er dürfte inzwischen auch wissen, dass die Sache nicht geklappt hat. Er wird es noch mal versuchen wollen.«

Skotty verfolgte den Rauch seiner Zigarette, der sich unter der nachgedunkelten Zimmerdecke sammelte, bevor er sich auflöste. »Ich finde es merkwürdig, dass wir es mit zwei Leuten zu tun haben. Unser Auftraggeber ist nicht der Empfänger der Ware.«

»Das finde ich überhaupt nicht merkwürdig. Unser Auftraggeber verkauft die Ware an einen anderen. Wir sind nur diejenigen, die ihm das Zeug beschaffen. Er will sich nicht selber die Finger schmutzig machen, das ist doch nichts Neues. Wir kriegen von ihm Geld und Unterstützung, um die Ware zu besorgen. Dann übergeben wir sie dem Käufer. Unser Auftraggeber kommt mit dem Käufer also nicht mehr in Kontakt.«

Skotty nickte. »Das begreife ich schon. Aber wenn es so ist, dürften die Sachen, die wir dort holen sollten, doch eine ganze Menge Geld wert sein. Wir kriegen bestimmt nur einen Bruchteil des eigentlichen Wertes. Das größte Geschäft macht doch unser Auftraggeber!«

Freddy nagte an seiner Unterlippe. »Da hast du natürlich recht, Skotty. Wir sollten uns die Sachen genau ansehen, wenn wir sie haben.«

»Dazu müssten wir erst die verdammte Panzertür aufkriegen.«

Freddy nickte. »Ich bin sicher, dass unser Auftraggeber beim nächsten Mal etwas mehr Hilfestellung geben muss. Er schien mir sehr daran interessiert zu sein, dass die Sache klappt. Wahrscheinlich ist er auf das Geld angewiesen.«

»Wir könnten auch wieder mal einen warmen Regen gebrauchen«, meinte Skotty. »Also warten wir, bis sich unser Freund meldet.«

In diesem Augenblick hörten sie Schritte draußen auf dem Gang.

Sie schienen zu zögern, blieben schließlich vor ihrer Tür stehen.

Es klopfte.

»Das wird er doch nicht schon sein«, flüsterte Skotty.

Freddy legte die Hand an den Griff seiner Pistole, ohne die Waffe zu ziehen. Er war schnell genug, wenn es darauf ankam. »Wer ist da?«

»Ich möchte etwas abholen«, erklang eine gutturale Stimme. Die Muttersprache dieses Mannes war bestimmt nicht Deutsch. »Machen Sie auf, ich weiß, dass Sie da sind.«

»Auch das noch!«, stöhnte Freddy. »Der hat uns noch gefehlt!«

»Woher weiß er, dass wir hier sind?«, fragte Skotty.

Freddy zuckte die Schultern.

»Kommen Sie herein!« rief er. »Die Tür ist nicht abgeschlossen.«

Auf der Schwelle erschien ein Mann, der fast den ganzen Türrahmen ausfüllte. Er hatte die Vierzig bestimmt schon überschritten, machte aber noch einen äußerst gesunden und kräftigen Eindruck. Seine Haare waren kurzgeschnitten, und seine Hände wirkten wie Schaufeln.

Er überflog mit einem Blick den Raum, dann trat er ein und stieß die Tür mit dem Fuß hinter sich zu. »Warum sind Sie nicht zum vereinbarten Treffpunkt erschienen?«

»Weil wir das Zeug nicht haben«, erklärte Freddy ruhig.

»Sie haben es nicht?«

Das Erstaunen klang drohend, und der Riese bewegte seine Fäuste, als wollte er gleich einen Schlag landen. »Warum nicht? Es war alles vorbereitet.«

»Es ist schiefgegangen. Lesen Sie denn keine Zeitungen? Ein Wächter ging drauf, aber wir haben die verdammte Stahltür nicht aufbekommen.«

Der Neuankömmling schwieg einen Moment.

»Ich habe dafür bezahlt«, flüsterte er mit unterdrückter Wut. »Ich muss diese Dinge bekommen, verstehen Sie. Sie müssen es noch einmal versuchen.«

Skotty hatte sich aufgerichtet und baumelte mit den Beinen vom Bett. »Das wollen wir auch, aber es kann ein paar Tage dauern.«

Der andere schüttelte den Kopf. »Unsinn! Man muss es gleich wieder versuchen, weil niemand damit rechnet. Jetzt ist die beste Gelegenheit. Hat Ihr Auftraggeber noch nicht mit Ihnen gesprochen?«

»Nein«, antwortete Freddy. »Er ist sehr vorsichtig. Ich denke, dass er sich telefonisch melden wird. Wie haben Sie uns eigentlich gefunden?«

Der andere grinste verächtlich.

»Sie werden beobachtet. Ich habe meine Möglichkeiten. Machen Sie also keine Dummheiten! Ich erwarte Sie in drei Tagen an der verabredeten Stelle, und dann werden Sie die Dinge bei sich haben, die Sie holen sollen.«

Er verabschiedete sich mit einem kurzen Rucken des Kopfes, dann war er wieder draußen, wobei er sich für seine Größe ziemlich lautlos bewegte.

Skotty zündete sich eine neue Zigarette an.

»Das ist aber ein unangenehmer Zeitgenosse. Wir sollten keine Geschäfte mit ihm machen.«

Freddy nickte. »Ich habe den Eindruck, dass er ziemlich scharf auf die Ware ist. Das Zeug dürfte für ihn einen ziemlichen Wert haben. Ich denke, dass wir unseren Preis erhöhen könnten, wenn wir erst im Besitz der Ware sind. Wir werden den Käufer ein wenig unter Druck setzen, sonst verkaufen wir die Ware an einen anderen Interessenten.«

Skotty schwieg einen Moment, dann sagte er:

»Das finde ich großartig. Wir müssen nur einen anderen Käufer finden. Wie sollen wir das machen? Ich habe noch nicht einmal eine Ahnung, was wir im Einzelnen bei Romann abholen sollen. Du hast schließlich die Verhandlungen geführt.«

»Es handelt sich um höchst geheime Unterlagen. Es dürfte dafür jede Menge Interessenten geben. Wir brauchen uns nur an das Syndikat zu wenden. Dort hat man die besten Verbindungen.«

Skotty schluckte. Das Syndikat war nach dem Vorbild der Mafia organisiert, wurde auch von Italienern gesteuert, machte aber ganz andere Geschäfte als die üblichen mit Rauschgift oder Prostitution. Die Leute vom Syndikat verfügten über Verbindungen zu allen Regierungen der Welt. Jedenfalls den wichtigsten. Laut antwortete Skotty:

»Was meinst du, sind die Sachen wert?«

Freddy hob die Schultern.

»Wer weiß - vielleicht eine Million oder zwei Millionen. Das werden wir feststellen, wenn wir die Ware in der Hand haben. Aber zunächst brauchen wir einen neuen Plan.«

»Und ein neues Hotel«, fügte Skotty hinzu.

Berlin 1968 I. Bitternis - Drei Romane in einem Band

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