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2.


Wilhelm Frantzen gähnte und blätterte die Zeitungsseite mit den Sportergebnissen um. Die Leistungen der Bundesliga wurden immer schlechter. Er schraubte eine Thermosflasche auf und genehmigte sich eine weitere Tasse Kaffee. Der Wachdienst im Kontrollraum war doch eine verflucht langweilige Angelegenheit.

Von Zeit zu Zeit warf er einen Blick auf die Doppelreihe der Fernsehmonitore, die verschiedene Ausschnitte des Werksgeländes zeigten. Alles war ruhig. Es war kurz nach Mitternacht.

Bis zum nächsten Kontrollgang hatte er noch Zeit. Die Ziffern der Uhr an der Stirnseite des Kontrollraumes waren noch nicht weit genug vorgerückt.

Frantzen legte die Beine auf den Tisch und verschob den breiten Gürtel mit dem Pistolenhalfter, bis er bequemer saß. Er schob hier schon eine ruhige Kugel. Aber mit seinen sechzig Jahren war es genau das richtige für ihn. Er wunderte sich zwar über die umfangreichen Sicherheitsvorkehrungen, die man bei Romann Electronics getroffen hatte, aber er interessierte sich nicht weiter dafür. Frantzen hatte keine Ahnung, was bei Romann Electronics eigentlich produziert wurde.

Eine winzige Bewegung erregte plötzlich seine Aufmerksamkeit. Er drehte seinen Rollstuhl herum und schob sich vor die Monitore. Er hatte sich bestimmt getäuscht, aber sicher war sicher.

Mit der rechten Hand betätigte er den Knopf, mit dem sich die betreffende Kamera schwenken ließ. Das Bild begann über den Schirm zu wandern.

Frantzen gab einen erschrockenen Laut von sich und hielt die Kamera an. Es gab keinen Zweifel. Die Gestalt im dunklen Overall kniete vor der Panzertür der Konstruktionsabteilung und machte sich am Schloss zu schaffen. Selbst Frantzen wusste, dass die Geheimnisse hinter dieser Tür ganz besonders zu schützen waren. Das hatte ihm der Leiter der Werkschutzabteilung oft genug eingeschärft.

Seine Hand schwebte schon über dem zentralen Alarmknopf, aber dann überlegte er es sich anders. Er würde die Konstruktionsabteilung in zwei Minuten erreichen und den Einbrecher selbst stellen. Das würde ihm ganz bestimmt eine Belobigung einbringen. Vielleicht sogar eine Extraprämie. Denn seines Wissens war überhaupt noch niemand in dieses Werk eingedrungen, seit er hier beschäftigt war.

Frantzen erhob sich und überprüfte seine Pistole. Die Walther PPK lag schwer in seiner Hand. Zwar hatte er ihn das letzte Mal bei einem Übungsschießen vor zwei Jahren benutzt, aber der Anblick der Waffe würde vermutlich schon reichen, um den Eindringling zu stellen.

Frantzen schlich den langen Gang hinunter, stieg eine Treppe tiefer und blickte vorsichtig um die Ecke. Fast automatisch prüfte er zuerst die Fernsehkamera, die in ihrer schwenkbaren Halterung unter der Decke befestigt war. Sie zeigte in eine Richtung, die er von seiner Position aus nicht sehen konnte.

Langsam schlich er weiter, bis er den gleichen Blickwinkel wie die Kamera hatte. Der Pistole wurde in seiner schweißnassen Hand immer schwerer. Er blickte auf den Rücken eines Mannes, der mit einem merkwürdig aussehenden Instrument in dem komplizierten Schloss der Panzertür herumfummelte.

Frantzens Kehle war wie zugeschnürt. Die Waffe in seiner Faust zitterte leicht. »Machen Sie keine Bewegung!«, stieß er hervor.

Der Mann erstarrte.

»Drehen Sie sich langsam herum!« Frantzen wurde ruhiger. Schließlich gehorchte der Mann.

Frantzen sah eine Strumpfmaske, unter der die Gesichtszüge des Eindringlings unkenntlich waren. Dann bemerkte er nur noch eine blitzschnelle Bewegung, eine Pistole mit einem überlangen Lauf und die spitze Feuerlanze, die auf ihn zustach.

Frantzen spürte einen heißen, brennenden Schmerz in der Brust, dann nichts mehr.

Der Schütze richtete sich auf und murmelte: »Verdammter Mist!«

Berlin 1968 I. Bitternis - Drei Romane in einem Band

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