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16.


Im Hauptgebäude von Romann Electronics ging es zu wie in einem Bienenschwarm. In der Sicherheitszentrale waren Beamten der Mordkommission damit beschäftigt, nach Spuren zu suchen. Den erschossenen Klein hatte man schon weggebracht.

Auch vor der Konstruktionsabteilung herrschte Hochbetrieb. Hier führte der BKA-Beamte Kerner das Kommando, der sich gerade mit zwei Polizeibeamten auseinandersetzte, wer denn nun die Oberleitung haben sollte. Es gab Kompetenzschwierigkeiten.

Kerner setzte sich durch.

Nachdem das geklärt war, wandte er sich an Karsten Romann, der mit bleichem Gesicht an der Wand lehnte.

»Nun ist es also doch passiert«, sagte Kerner ruhig.

Romann nickte nur. »Ich hätte nie gedacht, dass es einen zweiten Versuch geben würde. Unsere Sicherheitsmaßnahmen schienen mir wirklich ausreichend. Ich verstehe das nicht. Und Klein war ein guter Mann.«

»Was soll das heißen?« fragte Kerner scharf. »Geben Sie dem Toten die Schuld an dem Einbruch?«

Romann hob abwehrend die Hand.

»Nein, das meine ich natürlich nicht. Aber er hatte Wache in der Sicherheitszentrale. Er ist ein alter Fuchs. Ich wundere mich nur, dass die Täter eindringen konnten, ohne dass er etwas bemerkte. Sie haben ihn schließlich im Kontrollraum überrascht. Das hätte ihm nicht passieren dürfen. Außer, er...«

»Außer was?«

Romann wand sich und druckste herum.

»Meinen Sie vielleicht, dass er mit den Tätern unter einer Decke steckte? Dass er sie bewusst hereingelassen hat?«

Kerner hatte tiefe Falten auf der Stirn.

»Wir werden auch dieser Theorie nachgehen. Immerhin hatten die Täter diesmal einen Nachschlüssel zur Panzertür. Sie sagten mir damals, es gäbe nur drei Schlüssel. Ich möchte überprüfen, wo sich diese Schlüssel jetzt befinden.«

Romann lächelte schwach. »Das ist kein Problem. Meinen habe ich hier.«

Er zeigte den Schlüssel, den er an einer Kette trug. »Der zweite liegt immer noch in meinem Banktresor. Das können Sie überprüfen.«

Kerner nickte grimmig. »Das werde ich auch.« »Und den dritten müsste Klein haben. Als Wachhabender war er für den Schlüssel verantwortlich.«

Kerner nagte an seiner Unterlippe. »Wir müssen uns also doch mit der Möglichkeit anfreunden, dass Klein in die Sache verwickelt ist. Es gefällt mir zwar nicht, aber das hilft nichts. Wenn ich einem getraut habe, dann ist es Klein.«

Er wandte sich an einen der Polizisten. »Hat man einen Schlüssel bei dem Toten gefunden?«

Der Angesprochene nickte. »Er kommt zu den Beweismitteln.«

Kerner explodierte. »Ihr seid wohl wahnsinnig! Dieser Schlüssel führt zu geheimen Unterlagen! Er verlässt dieses Haus nicht!«

Zwei Minuten später war der mysteriöse Schlüssel da, und Kerner starrte fasziniert auf das schimmernde Metall. Er seufzte. »Dann werden wir uns also noch einmal mit Klein beschäftigen müssen.«

Ein Oberst der Luftwaffe mit hochrotem Kopf trat auf den BKA-Mann zu. »Das ist ein Skandal!«, ereiferte er sich. »Und es wird Konsequenzen haben! Eine jahrelange Arbeit ist vergeblich gewesen, wenn diese Unterlagen der anderen Seite in die Hände fallen.«

»Wir tun alles, was möglich ist, um dies zu verhindern«, beruhigte Kerner den Offizier. »Sämtliche uns bekannten Agenten stehen unter Beobachtung, um eine eventuelle Übergabe zu verhindern.«

»Sie glauben doch wohl selbst nicht, dass diese Agenten davon sonderlich beeindruckt sind!«, plusterte sich der Offizier auf.

Kerner hob die Schultern. »Jetzt ist es zu spät, um zu jammern. Sie hätten sich ja bemühen können, bessere Sicherheitseinrichtungen zu verlangen. Aber wahrscheinlich war Ihnen das zu teuer.«

Der Oberst zog wütend ab, ohne sich auf eine weitere Diskussion einzulassen, und Romann machte ein erleichtertes Gesicht.

»Wo ist eigentlich der Privatdetektiv? Herr Schuster?«, erkundigte sich Kerner plötzlich.

Er bemerkte das plötzliche Aufblitzen in Romanns Augen, der dann den Blick senkte. »Ich habe keine Ahnung. In seinem Büro meldete sich nur seine Assistentin. Sie wusste nicht, wo er war. Sie hat seit gestern Abend nichts von ihm gehört.«

»Merkwürdig«, meinte Kerner leise. »Diese ganze Geschichte stinkt meilenweit. Aber ich werde schon noch herausbekommen, wer die Drahtzieher sind. Er ist hier im Betrieb, das weiß ich.«

Kerner drehte sich um und stapfte davon. Romann blickte ihm ausdruckslos nach.

Susanne Wille kam auf ihren Chef zu. »Ihr Bruder möchte Sie sprechen.«

»Ist er hier?«

»In Ihrem Büro.«

Romann nickte. »Ich komme.«

Klaus Romann sah seinem Bruder aufmerksam entgegen. »Das ist aber eine böse Sache«, sagte er, ohne vorher ein Wort der Begrüßung von sich zu geben.

Karsten machte eine Handbewegung. »Es gibt eben keine absolute Sicherheit. Dann müssten wir unsere Konstruktionsabteilung im Regierungsbunker unterbringen. Der gute alte Conny Adenauer hatte doch schon Pläne entwickelt, und wenn ich richtig unterrichtet bin, wird der Bunker derzeit noch ausgebaut.«

»Unsinn! Selten so einen Unsinn gehört! Ich habe erfahren, dass ein Nachschlüssel verwendet wurde, und ich weiß ebenso gut wie du, dass dafür nur einer der drei echten Schlüssel in Frage kommt. Es müsste doch herauszufinden sein, welcher der drei es war.«

Karsten lächelte.

»Da gibt es nicht so viele Möglichkeiten. Meine beiden waren es nicht. Nur der Schlüssel von Klein war nachweislich im Betrieb. Der BKA-Mann denkt, dass Klein eventuell in den Fall verwickelt war.«

»Dann wäre er nicht tot!«, unterbrach ihn Klaus Romann. »Solche Gangster haben doch keine Hemmungen, Mitwisser aus dem Weg zu räumen, wenn es um ihren Vorteil geht.«

»Du scheinst dich ja in diesen Kreisen auszukennen! Ich frage mich allerdings, wer das größte Interesse an diesem Einbruch hatte.«

Karsten wurde blass. »Was willst du damit sagen?«

»Du bist in Schwierigkeiten. Wenn die Herren vom Ministerium herausfinden, wie deine wirtschaftliche Lage in Wirklichkeit aussieht, werden sie dir vielleicht auch noch die letzten Aufträge entziehen. Du brauchst dringend Geld, das wissen wir alle. Und ich kenne dich. Du würdest dir das fehlende Geld mit allen Mitteln beschaffen.«

»Das ist ein ungeheuerlicher Vorwurf!«, stieß Karsten heraus. »Das ist nicht nur böswillig, sondern auch dumm. Wenn ich es wirklich nötig hätte, Firmengeheimnisse zu verkaufen, dann brauchte ich wohl kaum einen solchen Zirkus zu veranstalten. Ich könnte hingehen und die Unterlagen kopieren, ohne dass es jemand merkt.«

Klaus lächelte. »Sicher könntest du das. Aber dann wärst du automatisch unter Verdacht. Denn es würde herauskommen, wenn einer unserer Konkurrenten plötzlich über unsere Forschungsergebnisse verfügt, und dann würde man dir einige sehr harte Fragen stellen.«

»Du bist ja verrückt!«

»Ich kann mich irren, aber ich werde aufpassen. Du gestattest sicher, dass ich als Gesellschafter die Bücher des Unternehmens noch einmal gründlich prüfe. Ich muss wissen, was hier läuft, schon in deinem eigenen Interesse. Wenn mein Verdacht falsch war, werde ich mich in aller Form bei dir entschuldigen.«

»Hast du denn darüber schon mit Kerner gesprochen?«, fragte Karsten lauernd.

Klaus machte ein erstauntes Gesicht. »Warum? Das geht den BKA-Mann zunächst nichts an. Vielleicht spreche ich mit Herrn Schuster darüber, dem Privatdetektiv. Er hat einen sehr guten Eindruck auf mich gemacht.«

»Du kennst ihn?« Jetzt war das Erschrecken in Karstens Stimme nicht zu überhören.

»Ja, er war bei mir, und hat mir ein paar Fragen gestellt.«

»Ich habe diesen Kerl engagiert!«, schrie Karsten. »Er hat kein Recht, sich mit dir zu unterhalten! Ich werde ihn entlassen!«

»Beruhige dich. Ich finde, es ist die Pflicht eines Detektivs, alle möglichen Erkundigungen einzuziehen.«

»Heute ist er nicht einmal hier, wenn man ihn braucht.«

Klaus zuckte die Achseln. »Das ist dein Problem. Ich muss gehen, aber du erlaubst, lieber Bruder, dass ich morgen früh mit einem Wirtschaftsprüfer meines Vertrauens in die Buchhaltung gehe.«

Klaus Romann blickte seinem Bruder nach, und in seinen Augen lag ein merkwürdiger Ausdruck.

Berlin 1968 I. Bitternis - Drei Romane in einem Band

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