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4.


Die Panzertür zur Konstruktionsabteilung war immer noch verschlossen. Eigentlich hatte die Arbeitszeit bereits begonnen, aber die Techniker würden heute später anfangen müssen, denn vor der Tür herrschte Hochbetrieb, der sonst nicht hierhergehörte.

Zwei Männer hoben den toten Wachmann in einen Zinksarg und brachten ihn weg. Nur die Kreidestriche zeigten, wo er gelegen hatte. Der Fotograf schoss seine letzten Aufnahmen und verzog sich dann ebenfalls. Die Beamten der Mordkommission unterhielten sich flüsternd.

Ein etwa vierzigjähriger Mann lehnte mit blassem Gesicht und verklebten Haaren an der Wand. Er starrte auf seine Schuhspitzen und vermied ängstlich, auf die Kreideumrisse zu blicken.

Aus der Polizeigruppe trat ein Mann auf ihn zu. »Herr Romann?«

Der andere hob verwirrt den Kopf. »Ja, der bin ich. Karsten Romann. Ich... ich kann es noch nicht fassen.«

»Ja. Das ist verständlich. Mein Name ist Kerner, Fabian Kerner. Ich habe ein paar Fragen an Sie.«

»Natürlich. Kommen Sie, wir gehen in mein Büro. Ich nehme an. Sie gehören auch zur Mordkommission. Ich habe Ihren Kollegen schon alles erzählt, was ich weiß. Es ist nicht besonders viel.«

Kerner schüttelte den Kopf. »Ich gehöre nicht zur Mordkommission. Ich bin vom BKA!«

Romann zuckte nervös mit einem Augenlid. »BKA?«

Kerner nickte.

»Sehen Sie, dieser Fall hat sicher eine besondere Bedeutung, die uns über das normale Polizeiinteresse hinaus beschäftigt. Ihr Unternehmen hat auch eine gewisse Bedeutung, die eventuell mit diesem Fall in Zusammenhang steht.«

»Ich verstehe nicht«, krächzte Romann. »Es war ein versuchter Einbruch, der nicht gelungen ist, und der Mord an dem Wächter ist doch keine Angelegenheit für das BKA.«

Kerner änderte seinen Tonfall kaum.

»Die Romann Electronics unterliegen in bestimmten Bereichen der höchsten Geheimhaltungsstufe. Sie wissen besser als ich, dass Ihr Unternehmen gewisse Zubehörteile für die Rüstungsindustrie liefert, die anderen Entwicklungen um Jahre voraus ist.«

Romann erschrak und zerrte den BKA-Beamten mit sich. »Kommen Sie in mein Büro«, flüsterte er. »Ich hatte keine Ahnung, dass Sie darüber informiert sind. Ihre Kollegen von der Polizei brauchen es aber wirklich nicht zu wissen. Ich darf darüber nichts sagen.«

Erst in seinem modern und großzügig ausgestatteten Büro ergriff Karsten Romann wieder das Wort. »Sie werden verstehen, dass ich sehr überrascht war, dass Sie Bescheid wissen. Einiges, was hier entwickelt wurde, gehört zu den geheimsten Dingen dieses Landes. Es sind elektronische Bauteile für Nato-Kampfflugzeuge. Mehr möchte ich dazu im Augenblick nicht sagen.«

Kerner nickte. »Ich verstehe. Aber Sie begreifen sicher auch unsere Besorgnis, wenn offensichtlich jemand versucht, an diese Geheimnisse heranzukommen. Bei uns haben sämtliche Alarmglocken geklingelt.«

»Sie glauben nicht, dass es sich um einen normalen Einbruch handeln könnte? Die Zahl der Eingeweihten ist sehr klein.«

Zum ersten Mal lächelte Kerner. »Sie ist sicher groß genug. Nein, wir sind sicher, dass es sich um einen ganz gezielten Einbruch handelte. Glücklicherweise ohne Erfolg, aber es kann eine Wiederholung geben. Die Einbrecher sind kein Risiko eingegangen. Sie haben den Wächter, der sie überrascht hat, einfach erschossen. Ein normaler Einbrecher geht ein solches Risiko kaum ein.«

»Sie mögen recht haben.«

Romann zündete sich eine Zigarette an, und Kerner bemerkte, dass seine Hände zitterten.

»Es gibt ein paar merkwürdige Dinge bei dieser Sache«, erklärte der BKA-Mann. »Die Täter sind offensichtlich mit einem Nachschlüssel in das Gebäude eingedrungen. Das Werktor haben sie überklettert, aber sie müssen genau gewusst haben, in welchem Winkel man die Kamera zur Seite drehen muss. Es ist so wenig, dass es einem Beobachter im Kontrollraum kaum auffällt, wenn er nicht besonders aufmerksam ist. Das heißt, die Täter hatten sehr genaue Kenntnisse von den Sicherheitsanlagen.«

»Aber der Wächter hat sie offensichtlich überrascht«, warf Romann ein.

»Ja, wahrscheinlich haben die Täter einen winzigen Fehler gemacht. Denn der Wächter, Frantzen ist, glaube ich, sein Name, war sich seiner Sache nicht ganz sicher, sonst hätte er bestimmt Alarm gegeben. Er hatte einen Verdacht und wollte sich die Stelle ansehen, an der etwas nicht zu stimmen schien. Immerhin hatte er seine Waffe gezogen, aber er hat keinen Schuss abgefeuert. Die Eindringlinge haben ihn sofort getötet.«

Romann machte ein bekümmertes Gesicht. »Es waren mehrere, sagen Sie.«

»So genau ist das nicht festzustellen. Ich schätze aber, dass es mindestens zwei waren, vielleicht auch drei.«

»Trotzdem, die Panzertür haben sie nicht aufbekommen«, stellte Romann befriedigt fest.

Kerner lächelte. »Das hätten sie schon, wenn sie mehr Zeit gehabt hätten. Aber durch das Auftauchen des Wächters wurden sie gestört. Sie konnten nicht wissen, ob Alarm ausgelöst worden ist oder nicht. Also mussten sie abhauen. Auch das ist ein Indiz dafür, dass sie genaue Kenntnis der Sicherheitseinrichtungen besessen haben. Alles spricht dafür, dass es einen Komplizen geben muss, hier im Werk.«

Romann wurde wieder blass. »Das glaube ich nicht. Meine Leute sind alle auf Herz und Nieren überprüft. Von Ihnen, vom BKA selbst. Nein, es muss noch andere Erklärungen geben.«

Kerner hob die Schultern.

»Auch unsere Überprüfungen sind nicht lückenlos. Es wäre nicht das erste Mal, dass jemand durch die Maschen unseres Netzes schlüpft. Leider können wir nicht alle Ihre Beschäftigten noch einmal mit der Lupe prüfen. Ich muss mich auf die notwendigsten Nachforschungen beschränken, um zu verhindern, dass es einen zweiten Versuch gibt. Aber Sie müssen uns helfen.«

»Natürlich, das will ich gerne tun.«

»Sie sind nach Ihren Verträgen dazu auch verpflichtet«, bemerkte Kerner völlig humorlos.

Romann zuckte leicht zusammen. »Was soll ich tun?«

»Überprüfen Sie Ihre Leute noch einmal gründlich. Alle, die in der Lage sind, die Einbrecher in dieser Form zu unterstützen. Glauben Sie mir, man findet immer etwas. Und wenn Sie den leisesten Verdacht haben, informieren Sie mich. Den Rest übernehmen wir dann.«

»Und wie soll ich das machen?«

»Es gibt Leute, die von diesen Dingen etwas verstehen. Gute Privatdetektive zum Beispiel.«

»Ich habe noch nie etwas mit Privatdetektiven zu tun gehabt«, gab Romann leicht pikiert zurück.

Kerner grinste. »Seien Sie froh. Aber warten Sie. Mir fällt einer ein, der einen ziemlich guten Ruf für verzwickte Fälle hat. Er lebt hier in Berlin, irgendwo in der Nähe vom Zoo. Sie finden seine Adresse im Telefonbuch.«

Kerner schrieb ein paar Worte auf einen Zettel und schob ihn über den Schreibtisch. »Er heißt Bernd Schuster.«

Romann nahm den Zettel, als sei es ein giftiges Insekt. »Na schön, ich werde mich mit diesem Mann in Verbindung setzen.«

»Sie können auch einen anderen nehmen. Es wäre nur ganz gut, wenn wir wissen, dass Sie unsere Arbeit ein wenig unterstützen.«

»Das habe ich schon begriffen«, knurrte Romann. »Trotzdem bin ich der Ansicht, dass Sie mit Ihrer Meinung auf dem Holzweg sind. Wenn sich jemand für dieses Werk interessiert, können es nur ausländische Spione sein. Auf keinen Fall einer meiner Mitarbeiter.«

Kerner gönnte sich wieder ein schwaches Lächeln. »Es gibt auch deutsche Spione, die für andere Leute arbeiten. Aber wer auch immer den Einbruch verübt hat, er hat Unterstützung bekommen. Ich will, dass wir diese undichte Stelle stopfen, sonst wird es immer wieder Versuche geben, an Ihre Geheimnisse heranzukommen.«

Berlin 1968 I. Bitternis - Drei Romane in einem Band

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