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Der Weg zur Kompostierung

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Auf Landstraßen rast man gewöhnlich nicht. Man fährt gemächlich, schlendert durch die Dörfer, durch die Landschaft, zwischen einem Bauernhof und dem anderen.

Es ist nicht selten, dass auf der Straße Blut zu sehen ist. Man erkennt es nicht nur an der typischen tiefroten Farbe. Häufig sind auch Fleischfetzen dabei.

Was man nicht immer gleich erkennt, ist, welches Tier unter die Räder eines Autos geraten ist, so verunstaltet sind oft die Reste. Meistens handelt es sich in unserer Umgebung um Kaninchen oder Katzen.

Manchmal liegen aber auch Reste von größeren Tieren da, von Hunden zum Beispiel oder von kleinen Rehen. In diesem Fall wird der Kadaver des Tieres zum Straßenrand geschoben, damit der Verkehr ungestört weiterläuft, wie es eben sein muss.

Autobahnfahren erspart den unappetitlichen Anblick von kleineren Blutspuren. Man fährt schnell und unbekümmert. Aber auch auf der Autobahn bleibt man von nichts verschont. Es werden doch auch öfter größere Tiere überrannt, meistens Hunde. Zwar wird die Leiche des Tieres schnell beseitigt, die eines Menschen bald aufgebahrt, die Unfallstelle wird geräumt, und Blutspuren werden beseitigt. Aber es ist nicht ausgeschlossen, dass auch Spuren von Menschenblut auf der Bahn zu sehen sind. Wenn noch kleine Spuren übersehen werden (man kann ja nicht immer jede Blutspur wegkratzen), dann sorgt dafür die Reibung der Reifen auf dem Asphalt. Mit der Zeit verschwinden sie dann.

Meistens haben menschliche Opfer die Ehre, in die Zeitung zu kommen, Hunde werden seltener geehrt. Frösche und sonstiges Kleintier haben nur dann eine Chance, in die Medien zu kommen, wenn sie in großer Zahl auftreten und überfahren werden, wenn sie also von einer Straßenseite auf die andere geschlossen übersiedeln.

Am nächsten Tag, wenn man die gleiche Strecke fährt, sind meistens schon wieder alle Spuren verwischt. Man kann wieder ungestört weiterfahren.

In den Verkehrspausen kümmern sich nämlich Aasfresser um die Fleischreste: Vögel aller Art – Elstern, Saatkrähen, Mücken, Wespen, Würmer ... Jeder von uns hat es beobachtet. In den Verkehrspausen stürzen sich die Aasfresser – häufiger beobachten wir Vögel – auf die Fleischfetzen. Wenn man mit dem Auto heranfährt, fliegen oder laufen sie weg, aber um sich kurz danach wieder darauf zu stürzen.

Aasfresser nennt man wissenschaftlich Nekrophagen, wörtlich übersetzt, Totenfresser. Es gibt kleine, so wie die Würmer und die Milben und fliegende, wie Elstern, Raben und Geier. Aber es gibt natürlich auch große Totenfresser: alle Raubtiere gehören dazu, die Hyänen und die Schakale sind sogar sprichwörtliche Totenfresser.

Zwischen ›Aasfressern‹ und ›Nekrophagen‹ gibt es, wenn man will, eine kleine semantische Unterscheidung. ›Totes‹ Fleisch ist alles Fleisch, das tot ist. ›Aas‹ ist das in Verwesung übergegangene tote Fleisch. Also sind ›Nekrophagen‹, ganz buchstäblich verstanden, alle, die totes Fleisch essen. Aasfresser sind Fresser von verwesendem Fleisch.

Im allgemeinen Sinn des Wortes fressen die meisten Totenfresser nicht nur Kadaver, sondern auch das Fleisch von Tieren, die sie selbst erlegt haben. Tot ist tot, wie auch immer.

Im Gedicht In der Provinz 3 von Durs Grünbein, das das Schicksal eines toten Maulwurfs am Rande eines Weizenfeldes schildert, werden Aasfresser und totes Fleisch als Schicksalsgemeinschaft geschildert:

Die Stille um einen toten Maulwurf

Am Rand eines Weizenfeldes, sie trügt.

Unter ihm sammeln sich Käfer, bewaffnete Kräfte

In schwarzer Uniform. Über ihn kreist,

Bevor er abdreht, die Flügel zerzaust, ein Habicht.

Ameisen graben, Kommandos im Eilmarsch,

Am Rückgrat entlang eine Rinne. Im Innern

Laufen die Drähte heiß, wimmeln nervöse Maden

An der Börse der Eingeweide. Vom Bauchfell

Tragen fliegende Händler (oder sind es Reporter)

Die Botschaft in alle vier Winde: ein Aas, ein Aas!

Nur eine Grille, einen Sprung weit entfernt,

Liest in den Wolkenzügen und sonnt sich

Schweigend, ein stoischer Philosoph.14

Wir sterben und wissen nicht wohin

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