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Mors tua vita mea. Dein Tod ist mein Leben

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Neulich hörte ich es im Rundfunk, und dann vertiefte ich diese Auskunft bei SPIEGEL ONLINE: Es geht um die ›kleinste Fliege der Welt‹, die Euryplatea nanaknihali, die ihre Larven in den Kopf von Ameisen einsetzt. Wenn die Larve zu einer jungen Fliege wird, bricht sie den Kopf der Ameise auf, lässt die geköpfte Ameise liegen und fliegt davon. Neues Leben aus einer Leiche. Horrorfilm oder ein visionäres, spirituelles Bild einer Seele, die auf dem toten Körper gen Himmel eilt? Beides. Leben entwickelt sich aus dem Tod. Mors tua vita mea.

Dieser mittelalterliche Spruch heißt übersetzt »dein Tod ist mein Leben« und wird zunächst auf den zwischenmenschlichen Bereich angewendet. Das bedeutet gewöhnlich, dass die Niederlage des Konkurrenten meinen Sieg bedeutet. In dieser Richtung geht auch die Einschätzung der menschlichen ›Kultur‹ durch Hobbes: Homo homini lupus. Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf.

Wir wollen den Spruch mors tua vita mea aber zunächst rein buchstäblich verstehen. Der Tod eines irdischen Wesens bedeutet für ein anderes Wesen ein neues Leben oder wenigstens die Verlängerung seines eigenen Lebens für eine kurze Weile.

Das gilt für alle Bereiche der Biologie, zwischen Pflanzen und Pflanzen, zwischen Pflanzen und Tieren, zwischen Tieren und Tieren und zwischen Tieren und Menschen. Leider gilt das manchmal auch unter den Menschen.

Wir sterben und wissen nicht wohin

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