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Die Welt – ein Friedhofsgarten
ОглавлениеDer Tod geht uns alle an. Er hat bestimmt schon einmal an unsere Tür geklopft. Wenn wir aufmerksam genug waren, haben wir sein Klopfen bemerkt. Oder vielleicht doch nicht, denn das Leben ist dafür oft zu laut. Auf jeden Fall haben wir dem Tod die Tür bislang nicht aufgemacht.
Eröffnet wurde dieses Buch mit einer lyrischen Ouvertüre. Sie reißt das Thema und dessen vielfältige Perspektive poetisch an: Der Tod hat komischerweise auch eine lyrische Seite; er inspiriert viele Dichter und ist in unzähligen literarischen Gattungen allgegenwärtig.
Ein langes dreifaches Präludium zeigt zunächst die thematischen Modulationen aus dem Blickwinkel verschiedener Glaubensrichtungen; die »Berührungen mit dem Tod« wollen dann das Thema auf die Ebene der existenziellen und persönlichen Dimension des Todes heben.
Dieses Kapitel stellt keine trockene biologische Darlegung des ewigen Kreises der Natur dar. In der ewigen Abfolge von Fressen und Gefressenwerden zeigt sich vielmehr die allgemeine Gegenwart des Todes in der Welt, die sich überall – im Sterben der Pflanzen, Tiere und Menschen – äußert. Und das alltägliche Sterben, der Tod allen Wesens, wird als notwendige Voraussetzung des neuen Lebens verstanden, das ebenfalls alltäglich entsteht.
Handelt es sich dabei um einen (ewigen) Zyklus von Leben und Tod und umgekehrt, in dem das Fressen und Gefressenwerden eine sinnvolle, wenn auch oft grausame, Funktion erfüllen? Das Recycling in der Natur ist jedenfalls nicht nur auffällig, sondern auch sehr beeindruckend.
Die nächsten Seiten wollen die Basis für die Interpretationen liefern, die sowohl die Philosophie als auch die Religionen bieten und mit denen wir uns in den späteren Kapiteln beschäftigen werden.