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2.3 Die Benutzung der Dienstwaffe

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Pinizzotto und Davis (1995) stellten fest: Es herrschte Unsicherheit und innere Anspannung bei den Mitgliedern der gleichen Dienststelle, wenn es um die Frage ging, ob sie in einer Situation ihre Dienstwaffe zum Selbstschutz ziehen und feuern konnten und ob sie dann immer noch in Übereinstimmung mit den Dienstvorschriften wären.

Manche Polizisten berichteten, dass sie so ängstlich hinsichtlich Anklagen und Disziplinarmaßnahmen seien, dass sie zögern, ihre Dienstwaffe zu ziehen. Unsicherheit und Nervosität bestehen auch über den Zeitpunkt, wann die Dienstwaffe gezogen werden sollte und, wenn notwendig, zu welchem Zeitpunkt sie benutzt (abgefeuert) werden sollte.

Viele Polizisten sagten, dass es ihnen sogar verboten wurde, ihre Dienstwaffe zu ziehen, bis der Täter als Erster seine Waffe gezeigt hat. Es ist sehr schwierig, sich eine Situation vorzustellen, wo man auf einen Notruf reagiert, bei dem es um einen Raub geht, bei dem Schüsse fallen, während man nicht die Erlaubnis hat, eine Waffe zu ziehen, bis der Täter selbst eine zeigt.

Eine Gruppe von Militärpolizisten sagte, dass nach ihrem Verständnis es nicht erlaubt sei, Patronen in ihre Dienstwaffe zu stecken, bis ein Vorgesetzter den Befehl dazu gegeben hat.

Die Konsequenzen aus derartigen Unsicherheiten zeigt folgende Erkenntnis: Von den 54 getöteten Polizisten feuerten 46 ihre Dienstwaffe nicht ab, und 11 Polizisten wurden mit ihrer eigenen Dienstwaffe getötet (FBI, 1992).

Dies hängt damit zusammen, dass in einer Gefahrensituation keine problemlösenden Gedanken (innere Monologe) vorhanden waren, die eine Handlung auslösen konnten, sondern Vermeidungsdenken, das Passivität förderte. Dies belegt die Studie von Pinizzotto et al. (1997, 1998):

Während der Angriffe erinnerten sich die Polizisten dieser Untersuchung daran, was sie nicht tun sollten und wann sie nicht Gewalt anwenden sollten. Aber einige hatten Schwierigkeiten, sich daran zu erinnern, wann die Benutzung von Gewalt eine angemessene, zeitgerechte, notwendige und positive Entscheidung war. Einige hatten Probleme, sich an die dienstlichen Vorschriften hinsichtlich tödlicher Gewalt zu erinnern und zu bestimmen, wann man zum nächsten Niveau von Gewalt gehen sollte. Derartige Gedanken verhindern aktives Handeln und begünstigen Passivität.

Diese Passivität hat schwerwiegende Konsequenzen: Tod durch die eigene Dienstwaffe.

Von den 762 zwischen 1981 und 1990 in den USA getöteten Polizisten waren 110 (= 14 %) mit ihrer eigenen Dienstwaffe getötet worden. In der FBI-Studie von 1992 waren es 11 der getöteten Polizisten (= 20 %).

In einem Fall hatte der Mörder die Waffe dem Polizisten mit einer einfachen, mehrfach eingeübten Handbewegung aus der Hand genommen. Dieser Mörder hatte eine Reihe von Straftaten begangen und war stolz auf die Tatsache, dass er bei seinen Delikten keine Waffe benutzt hatte. In diesem Falle hatte ihm der Polizist selbst die Waffe geliefert. Er behauptete, dass er wusste, dass der Polizist seine Waffe nicht benutzt hätte, obwohl der Polizist die Waffe auf ihn gerichtet hatte. Er wusste das aus der Art und Weise, wie der Polizist ihn anschaute und wie er die Waffe hielt.

Was der Täter nicht wusste, war, dass der Polizist ein Jahr zuvor einen verdächtigen Einbrecher mit seiner Dienstwaffe getötet hatte. Es wurde festgestellt, dass die Benutzung seiner Dienstwaffe gesetzesmäßig gerechtfertigt war und dass der Polizist nichts Unrechtes getan hatte. Er erhielt auch Beratung hinsichtlich „Postshooting Trauma“. Sogar nach dieser Beratung äußerte der Polizist tiefe Gefühle des Bedauerns, dass er für den Verlust eines Menschenlebens verantwortlich war. Mehrere Kollegen seiner Dienststelle sagten später, dass sie geglaubt hätten, dass dieser Polizist niemals wieder seine Waffe benutzen würde. Sein Zögern in einer anderen Konfrontationssituation kostete ihn sein Leben.

Psychologie der Eigensicherung

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