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Pflanzen können Nährstoffe aktiv aus dem Boden lösen

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Pflanzen können über Wurzelausscheidungen oder durch Symbiose mit Mykorrhiza-Pilzen aktiv Nährstoffe aus den unlöslichen Bodenvorräten mobilisieren. Pflanzen bilden aus bis zu 19 % der Assimilate, die bei der Photosynthese entstehen, Wurzelausscheidungen (zum Vergleich: 53–79 % gehen in den Spross). An vielen Standorten können so Pflanzen ihren Bedarf an Nährstoffen selbst decken. Diese Erkenntnisse verdanken wir vor allem einem großartigen Wissenschafter, Edwin Scheller, der die Theorien der Pflanzenernährung auf den Kopf gestellt hat und nachgewiesen hat, dass unser vorherrschendes Verständnis der Pflanzendüngung auf vielen Missverständnissen beruht – nämlich, dass Pflanzen mit Düngemittel „gefüttert“ werden müssen. Der Pflanzenernährungsforscher Edwin Scheller verstarb vor wenigen Jahren, hoch anerkannt in der Praxis und Forschung des ökologischen Landbaus, darüber hinaus jedoch relativ unbekannt. Edwin Scheller wies nach, dass der gegenwärtige Düngungsbegriff der Pflanzenernährungslehre auf einem großen Missverständnis beruht: der Mineralstofftheorie Liebigs, einer Theorie, die mittlerweile über 150 Jahre alt ist, aber nach wie vor das gängige Verständnis von Düngung prägt: Sie geht davon aus, dass Pflanzen zum Wachstum und zur Entwicklung essentielle Nährelemente wie Stickstoff, Phosphor und Kalium über die Wurzeln aufnimmt und damit der Boden an löslichen Fraktionen dieser Elemente verarmt. Düngen heißt in diesem Verständnis, dass der Boden ein Nährstoffspeicher ist, der jeweils bis zur für die Pflanze nötigen „Füllhöhe“ mit den entsprechenden Nährstoffen aufgefüllt werden muss.


Gründüngung Hafer, Wicke

Edwin Scheller wies nach, dass Pflanzen im Gegensatz dazu die Fähigkeit haben, Nährstoffe aktiv aus dem Boden zu mobilisieren. Das heißt, sie können sich selber aus dem Boden holen, was sie brauchen und fest eingebundene Nährstoffe für sich verfügbar machen. Wichtig ist das vor allem für die Hauptnährstoffe Kalium und Phosphor. Diese sind direkt in den Ton-Humus-Komplexen gebunden. Die unmittelbar verfügbaren Vorräte an Phosphor und Kalium direkt in den Böden sind um ein Vielfaches größer als jene in den Lagerstätten, die für die Erzeugung von leichtlöslichen Mineraldüngern abgebaut und zu leichtlöslichen Mineraldüngern verarbeitet werden. Erst die erwachsene Pflanze kann Nährstoffe aktiv aus dem Boden mobilisieren, Keimlinge und Jungpflanzen noch nicht. Die wissenschaftlichen Versuche, wie viele Nährstoffe eine Pflanze braucht, wurden aber immer mit Sämlingen durchgeführt. Das ist also, wie wenn man davon ausginge, dass Menschen sich nicht selbst ernähren könnten und gefüttert werden müssten, weil man bei der Bildung dieser Theorie von der Beobachtung von Säuglingen ausgegangen war!

Der mögliche Anteil einer aktiven Nährstoffmobilisierung zur Deckung des Gesamtbedarfs an Grundnährstoffen und Spurenelementen variiert sehr stark und hängt von der Wechselwirkung der Pflanze mit dem Boden und den Mikroorganismen ab.

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