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Baudelaire hatte nicht den humanitären Idealismus eines Victor Hugo oder Lamartine. Ihm stand die Gefühlsseligkeit eines Musset nicht zugebote. Er hat nicht wie Gautier, Gefallen an seiner Zeit gefunden noch sich wie Leconte de Lisle um sie betrügen können. Es war ihm nicht, wie Verlaine gegeben, sich in die Devotion zu flüchten, noch, wie Rimbaud, die Jugen⁠〈d〉⁠kraft des lyrischen Elans durch den Verrat am Mannesalter zu steigern. So reich der Dichter an Auskünften in seiner Kunst ist, so unbeholfen ist er, seiner Zeit gegenüber in Ausflüchten. Selbst die »Moderne«, die entdeckt zu haben er so stolz war, wie schlug sie an. Den Vorbildern der Bürgerklasse, die Balzac entworfen hatte, waren die Machthaber des zweiten Kaiserreiches nicht nachgeartet. Und die Moderne wurde schließlich eine Rolle, die vielleicht überhaupt nur noch mit Baudelaire selbst zu besetzen war. Eine tragische, in welcher der Dilettant, der sie mangels anderer Kräfte zu übernehmen hatte, oft eine komische Figur machte, wie die Heroen, die Daumiers Hand unter Baudelaires Beifall zum Besten gegeben hatte. Dieses alles wußte Baudelaire zweifelsohne. Die Exzentrizitäten, in denen er sich gefiel, waren seine Art, das bekannt zu geben. Er war also ganz gewiß kein Heiland, kein Märtyrer, nicht einmal ein Heros. Aber er hatte etwas vom Mimen an sich, der die Rolle des »Dichters« vor einem Parkett und vor einer Gesellschaft zu spielen hat, die den echten Dichter schon nicht mehr braucht, und ihm seinen Spielraum nur noch als Mimen gibt.

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Walter Benjamin: Gesamtausgabe - Sämtliche Werke

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