Читать книгу Die Pueblo-Kulturen - Werner-Wolf Turski - Страница 10
Оглавление4.1.7. Die Handwerksproduktion und das Kunsthandwerk
Die Herstellung von Werkzeugen und Geräten aus Stein, Knochen, Keramik, Holz, Fasern/Haaren/Federn und Haut/Leder/Fell durch die Anasazi entspricht qualitativ und in der Breite mit lokalen und zeitlichen Differenzen dem allgemeinen Niveau im Südwesten, wie es auch in anderen Kulturen anzutreffen war. Dabei konnten bestimmte spirituelle Ausrichtungen und ihr künstlerisch-spiritueller Ausdruck, ein gutes Rohstoffpotenzial und einige geschickte HerstellerInnen bei entsprechendem Glück der Archäologen schon qualitativ weit überdurchschnittlich gute Artefakte der Nachwelt hinterlassen.
Schneid-, Stich- und Bohrwerkzeuge wurden aus amorphen Gesteinen mittels Schlag- und Drucktechniken absplitternd zugerichtet. Die dafür notwendigen Rohstoffe mussten durch Beschaffungsaktionen oder Interaktivitäten erworben werden. Flusssteine und Gerölle für Schlaggeräte (Hämmer, Äxte) und gegebenenfalls Manos konnten aus den breit verteilten angeschwemmten Sedimentfächern und -flächen gesammelt werden. Formgebungen an solchen Gesteinen erfolgten im Allgemeinen abrasiv unter Nutzung der ebenfalls weitverbreiteten Sandsteine. Dabei gab es passive Abrasion, wobei die herzustellenden Werkzeuge unter Druck über die raue ortsfeste oder mobile Schleiffläche bewegt wurden oder die aktive Abrasion, bei der der Schleifstein selbst als gestaltetes oder sich dabei gestaltendem Werkzeug über das primär zu formende Objekt materialabtragend wie eine Feile bewegt wurde.
Grundsteinwerkzeuge wie Metaten und Mörser konnten als ortsfeste Anlage oder als schweres, durch Schläge und/oder Abrasion geformtes transportables Werkzeug existieren.
Schlagende und/oder abschleifende Gestaltung erfuhren auch Werkzeuge aus Knochen wie Schaber und Ahlen und die Kratzer und Spinnwirtel aus Keramikscherben. Holz wurde nach seiner schlagtrennenden oder schneidenden Ablösung von Wuchsort schneidend und schleifend gestaltet.
Gestaltete Steinwerkzeugteile (ganz selten Knochenwerkzeugteile) wurden zur besseren Wirkung oft mit hebelnden Holzteilen (z.B. Schäften, Heften) mit Hilfe von klebenden (Harz) und bindenden (Fasern, Riemen) Materialien oder Werkstücken verbunden. Dazu zählen Steinmesser und Sägen mit Holzheften (selten Knochenheften), Hämmer, Äxte und Hacken mit mehr oder minder elastischen Griffen sowie die hölzernen Grabstöcke, Speere und Pfeile mit Steinspitzen.
Gewebe und Geflechte wurden aus mehr oder minder bearbeiteten, meist versponnenen Fasermaterialien (z.B. Agave, Yucca, Baumwolle), gegebenenfalls auch aus Bast, Riemen, Fellstreifen und Faserwurzeln, teilweise in Kombination mit Federn (Truthühner, Ara) oder Fellstreifen, herstellt. Die Produkte waren flächig (Gewebe für Kleidung, Matten) oder dreidimensional als Korbgefäße für Transport oder Lagerung gestaltet. Auch Netze für Jagd und möglicherweise Fischfang wurden hergestellt. Korbreusen sind nicht belegt. Die Nutzung von gerätetechnischen Webhilfen ist anzunehmen, aber nicht direkt belegt. Die sichere Nutzung von Fell und Leder (und damit von Gerbarbeit) ist wegen der Erhaltungsprobleme nur extrem selten belegbar.
Die Herstellung von Weichkeramik ist allgemein verbreitet und weist ein breites utilitaristisches Spektrum für Hausgebrauch und Lagerung auf. Die medial im Mittelpunkt stehende maltechnisch dekorierte Keramik ist flächendeckend mit unterschiedlicher Quantität und Qualität vertreten. Darstellungen von ca. 150 den Anasazi zugeschriebenen Keramikstilen, die zeitlich und lokal unterschiedlich entstanden waren, sind Gegenstand von Fachliteratur.
Bei allen Betrachtungen handwerklicher Tätigkeiten und Produkte spielen Objekte spirituellen und rituellen Charakters eine große Rolle, um die physischen Fähigkeiten und die spirituell-künstlerische Kreativität einzuschätzen. Im Mittelpunkt steht dabei die mehr oder minder plastische Gestaltung lokaler und nichtlokaler („exotischer“, „edler“) Materialien. Interaktiv erworbene Muscheln aus weit entfernten Gebieten (Golf von Kalifornien, Pazifikküste, Golf von Mexiko) waren am Ursprungsort nur Abfall, der im erweiterten Sinn lokale Türkis erforderte dagegen einen hohen Gewinnungsaufwand. Der rote Argillit war ein weicher Tonschiefer, der nur in wenigen Lagerstätten unproblematisch zu gewinnen war. Seltener genutzte Materialien waren Kupfer-, Blei- und Eisenerze (z.B. Malachit, Azurit, Türkis, Galenit/Bleiglanz, Hämatit, Limonit) und Kohlen wie Jet/Pechkohle und Lignit/Hartbraunkohle für die Herstellung von Gegenständen und Farben. Alle diese Materialien waren relativ weich und durch Abschleifen an Sandstein unterschiedlicher Körnung und sowie Ausschneiden, Bohren und Gravieren mittels Quarzitwerkzeugen (Härte 7) für geschickte Hände und geduldige Menschen kein fertigungstechnisches Bearbeitungsproblem. Das Kernstück war immer die Umsetzung einer spirituellen Vorstellung.
Die sicher weit verbreitete rituelle Gestaltung und Verzierung von Kleidung oder Gegenständen mittels vergänglicher Materialien wie Holz, Fasern, Leder und Federn und auch deren Bemalung ist nur in Ausnahmefällen/archäologischen Glücksfällen nachweisbar. Von Fällen des Körperschmucks durch Bemalung und Tätowierung ganz zu schweigen. Die besten Aussagen zu solchem Sachverhalten geben anthropomorphe Petroglyphen und Piktogramme, die selbst ein hohes Maß spiritueller Ausdruckskraft mit zum Teil einfacher Strichführung und Farbgestaltung und (nach unseren heutigen Maßstäben) hoher Ästhetik widerspiegeln. In diese Kategorie bildnerischer Gestaltung gehören auch die selten nachweisbaren Fälle von Wandmalereien und -ritzungen auf dem Verputz in Kiva- und Wohnraumwänden und die plastische Gestaltung von Stein, Keramik und Holz. „Unvergängliche“ Steinskulpturen sind selten anzutreffen, Holzfiguren- oder Installationen sind wegen ihrer Vergänglichkeit bestenfalls in Fragmenten nachzuweisen. Häufiger sind aber keramische anthropomorphe und zoomorphe Figurengefäße. Die ersteren sind meist Darstellungen von SchamanInnen, letztere stellen neben den „gängigen“ Vogelfiguren auch Bären, Pumas, Bergschafe und Hunde dar. Reptilien- und Amphibiendarstellung liegen meist in der Kategorie „Schmuck“. Gebrannte und ungebrannte Tonfigurinen sind Ausnahmeerscheinungen.