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4.1.6. Die Architektur und die Niederlassungsgestaltung

Eine Niederlassung ist nicht schlechthin ein Standort mit mehr oder minder permanent genutzten Wohn-, Vorrats-, Ablage- und Ritualräumen/-flächen, sondern gleichzeitig auch eine zentrale Markierung eines Lebensbereiches/eines Reviers, das alle wichtigen Ressourcen enthält, die für die Erfüllung der notwendigen physischen und spirituellen, gemeinschaftserhaltenden Aufgaben erforderlich sind.

Der Standort, von dem die Subsistenzaktivitäten ausgehen, liegt möglichst nahe an der wichtigsten Ressource, einer Wasserquelle, wobei der Wasserbedarf für den Hausgebrauch und als Trinkwasser dominiert. In diesem Sinne sind auch natürliche Wasserreservoire genutzt und ausgebaut worden, teilweise auch als Stau- und Versickerungsräume zur Speisung von Quellen. Es wurden auch künstliche Reservoire zur Hauswasserversorgung gestaltet, die Orte einer rituellen Nutzung wurden. Danach folgt die für den Bodenbau genutzte Fläche. Jagd- und Sammelgebiete können teilweise außerhalb des eigentlichen Reviers liegen. Flächen für den Trockenbodenbau befanden sich meist in höheren Lagen, wo die lokalen Niederschläge etwas höher, die Wachstumszeiten aber kürzer waren. In den Bereichen des Bewässerungsbodenbaus waren eine Vielzahl qualitativ unterschiedlicher Wasserkontrollanlagen (Kanäle, Rückhaltedämme) zu beobachten und instand zu halten. Wegen der Wichtigkeit dieser Gemeinschaftsaufgabe war der Niederlassungsort meist relativ dicht an solchen Anlagen.

Innerhalb des Reviers werden auch an Orten, die für die Bewohner als spirituell wichtig gelten, bauliche Gestaltungen (Schreine, „Straßen“ u.ä.) vorgenommen. Überregional wichtige Orte wie „heilige“ Berge sind nicht reviergebunden und werden auch nicht mit baulichen Anlagen versehen. Sie zeichnen sich meist durch einen Artefaktmangel aus. Mögliche Gaben an die Geister waren eventuell aus vergänglichen oder fressbaren Stoffen.

Mit der sich über Jahrhunderte hinziehenden Ablösung des Grubenhauses als Wohnstätte und Vorratslagerbereich durch übertägige Bauten erscheint das sogenannte Verbundpueblo, auch als Pueblo-Einheit oder Einheitspueblo (Pueblo Unit) bezeichnet. Bei den Kliffwohnstätten von Mesa Verde wird für diesen Bauwerksverbund auch der Begriff „Raumsuite“ benutzt. Dieser Komplex besteht aus vier Elementen – den Wohn-/Vorrats-/Arbeitsräumen (6 bis 15 Räume), einer Plaza, der Kiva und dem Abfallplatz. Diese Einheit bildet einen Standardbau für eine Blutsverwandtschaftsgruppe.

Rechteckige Raumboxen ermöglichten durch eine Aneinanderreihung die Entwicklung eines größeren, anfangs reihenförmigen Bauwerks. Die nördliche Raumreihe wird meist für Vorratslagerung benutzt. Zwischen 1050 und 1100 u.Z. erfolgen die ersten Aufstockungen. Die südlichen und die oberen Räume werden aus raumklimatischen Gründen (u.a. passive Nutzung der Sonnenenergie) als Wohnräume verwendet. Der Zutritt zu den Räumen erfolgte meist über Dachluken, seltener durch rechteckige oder T-förmige Türöffnungen mit hohen Schwellen von der südlichen Außenseite des Pueblos oder zwischen den Räumen. Kleine Fensteröffnungen gab es in den Wänden der Ost-, Süd- und Westseite. Feuerstellen, das Kennzeichen für die sogenannten Wohnräume, gab es nur in einigermaßen gut belüftbaren Räumen auf der südlichen Außenseite des Pueblos. Auch spezielle Arbeitsräume (z.B. Mahlräume mit Metaten) lagen oft in südlichen Außenseitenräumen.

Die Plaza befindet sich gut übersichtlich vor der Südseite des Pueblos und wurde oft im Laufe der Pueblogestaltung zunehmend bis völlig durch Räume und/oder Mauerwerk umschlossen. Die Kiva befand sich oft auf der Plaza. Ihre Form und Funktion ist regional und zeitlich sehr unterschiedlich. Sie hat eine rechteckige oder runde Grundform und weist Innendurchmesser von 3,5 bis über 20 m auf. Sie ist meist überdacht, kann völlig oder teilweise in den Untergrund eingetieft sein, aber auch nur übertägig (bis zum Turmbau!), dann aber im Raumkomplex des Pueblos, errichtet worden sein. Ihre Funktion reicht vom besten Wohnraum bis zum ausschließlichen Zeremonialraum. Beim Kulturzweig der Virgin Anasazi gibt es keine Räume, die als Kiva definiert werden konnten. Eine profan als Abfallhaufen bezeichnete Anlage befindet sich oft südlich der Plaza und ist eine Ablagefläche/Depot für „entseelte“ (tote, verschlissene, nicht mehr nutzbare) Dinge (= Todzone). In diesem Sinn ist auch die Nutzung dieser Materialanhäufung als Bestattungsplatz und möglicher Ritualplatz zusehen. In einigen Fällen wurden diese Hügel oder Haufen auch zu zeremoniell bedeutsamen Mounds gestaltet.

Die ursprünglichen Einheitspueblos wurden je nach Erfordernissen sehr flexibel als zusammengesetzte Pueblos/multiple Pueblos (multiple pueblo units) und auch als Verbundpueblo (z.B. Kleinhaus, Großhaus) mit einer sehr großen Variationsbreite gestaltet. Die letzteren, medial immer in den Vordergrund gestellten und für den Touristen sehr attraktiven Pueblo-Dörfer sind aber eine Ausnahme. Die meisten Pueblostätten bleiben auf dem Niveau des mehr oder minder großen Einheitspueblos.

Auf die regional unterschiedlichen Gestaltungsformen der architektonischen Anlagen wird in der Darstellung der einzelnen Kulturzweige der Anasazi eingegangen.

Die Pueblo-Kulturen

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