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4.2.7.4. Die architektonisch manifestierte Ausstrahlung der Chaco-Kultur

Die Anasazi im weiteren Umkreis um den Chaco Canyon (Großhäuser in „Chaco-Außenstellen“) erhielten Kenntnis von den Möglichkeiten der Chaco-Anasazi, durch spezielle Pueblobauwerke einen guten Kontakt zur Jenseitswelt aufzubauen. Die Vielzahl der Bauformen und ihrer Ausrichtungen, ihre baulichen Veränderungen an bestehenden Bauten und eine Veränderung der Formgebung neuer Bauten über die Zeit deuten an, dass das auch für sie plausible spirituelle Weltbild nur sehr wenige Fixpunkte (z.B. der Chaco Canyon das Mittelpunkt der (Anasazi)-Welt) hatte und ansonsten sehr undogmatisch aufgebaut und handhabbar war – ein Kennzeichen dafür, dass der Glaube der Chaco-Anasazi kein Mittel zu einer Machtausübung über andere darstellte. Bei dieser Offenheit und Anpassungsfähigkeit der spirituellen Vorstellungen der Chaco-Anasazi hatten Bodenbauergemeinschaften aus der engen oder weiteren Umgebung offensichtlich keine Schwierigkeiten, spirituelle und rituelle Elemente aus deren Glaubensvorstellung in die bisherigen eigenen einzupassen und physisch zu gestalten.


Es ist deshalb völlig natürlich, dass sie versuchten, die offensichtlich erfolgreichen Bemühungen der Chaco-Anasazi auch für ihren Bereich umzusetzen. Es bedurfte deshalb keiner, manchmal unterstellten Missionstätigkeit der Chaco-Anasazi, dass deren Ideen, Verfahren und Aktivitäten von anderen Gemeinschaften in unterschiedlichem Maße aufgenommen und im Rahmen ihrer Möglichkeiten und Fähigkeiten umgesetzt wurden. Was auf diesem Wege im weiteren Umkreis des Chaco Canyon bautechnisch entstand, bezeichneten später die Archäologen nicht ganz glücklich als „Chaco-Außenstellen“. Viel mehr als diese architektonischen Äußerungen und vielleicht noch Keramikdekors und spezifische Schmuckstücke sind von diesen möglichen und wahrscheinlichen spirituellen Übernahmen nicht vorhanden. Deshalb sind die im San Juan Becken weit verteilten Großhäuser das Markenzeichen für die ca. 150 Chaco-Außenstellen, die teilweise auf älteren Niederlassungen aufbauen und nach dem Ende der Chaco-Kultur unter gewissen Anpassungen von Menschen anderer Anasazi-Kulturzweige weiter bewohnt wurden. In obiger Tabelle sind als Auswahl einige solcher Großhäuser tabellarisch aufgelistet.

Die sogenannten Chaco-Außenstellen waren Hausbauwerke, die bautechnisch durch Größe und Mauerwerksqualität über dem Niveau der umliegenden kleinen Niederlassungen lagen und in manchen Fällen in ihrer Nähe auch eine Großkiva hatten. Sie besaßen architektonische Merkmale, die auch in die Charakteristik der Chaco-Großhäuser fallen – einschließlich der Anwesenheit von Straßensegmenten. Um 950 u.Z. waren sieben Außenstellen entstanden und mindestens neun weitere folgten bis 1050 u.Z. Diese lagen fast alle südlich und westlich des Chaco Canyon.

Die Größe dieser Bauten variierte dabei sehr stark. Bauwerksgrößen mit über 100 Räumen/Außenstellen-Großhaus (Aztec West: ca. 450 Räume; Kin Bineola: ca. 250 Räume; Salmon Ruin: 250 Räume; San Mateo: 113 Räume; evtl. Pueblo Pintado: 140 Räume) sind selten. Alle Außenstellengroßhäuser bildeten praktisch den Kern einer größeren Gemeinde, die sich wahrscheinlich durch eine direkte oder indirekte informelle Anregung von der Kultur der Chaco-Anasazi aus ihrer wirtschaftlichen Substanz heraus ein entsprechendes rituell-sakrales, zentrales und für alle zugängliches (= öffentliches) Gemeindehaus erbauten. Einen solchen Sachverhalt als materiell und spirituell expansive Tendenzen der Chaco-Kultur zu interpretieren, entspringt einem christlich-missionarischen Denkschema, das mit Sicherheit nicht auf die Anasazi passt. So wie die spirituelle Veranlassung und die rituelle Nutzung rein vom äußeren Erscheinungsbild schon für die Großhäuser des Chaco Canyon sehr unterschiedlich gewesen sein muss, so ist diese Vielfalt auf Grund des Formen- und Größenspektrums auch bei den Außenstellen-Großhäusern extrem vielfältig.

Unter Beachtung der Tatsache, dass viele der sogenannten ca. 150 Chaco-Großhäuser weit außerhalb der eigentlichen, den Chaco-Anasazi zugeschriebenen Kulturzone liegen, kann man auch auf ganz profane Übernahmen architektonischer Entwicklungen aus dem Chaco-Kulturkreis ohne Mitnahme des dort ursprünglichen spirituellen Hintergrundes schließen. Damit sind solche Fälle aber auch innerhalb der Kulturzone der Chaco-Anasazi möglich. (Im Kirchenbau entwickelte architektonische Elemente fanden auch Eingang in profane Bürgerhäuser.) Wie und ob sich die „Profanisierung“ des Großhauses räumlich und zeitlich vollzog, ist kaum erklärbar. Mit Sicherheit geschah dies aber in voller Stärke nach dem Ende der Chaco-Kultur und dem Verlassen dieses Gebietes durch die Anasazi.

Damit ist ein durch die Großhausarchitektur gekennzeichnetes Chaco Anasazi-Kulturgebiet in seinen Ausmaßen sehr zweifelhaft und selbst die bei einigen Außenstellen archäologisch belegbaren Straßensegmente können einen rein lokalen Charakter haben und brauchen keinerlei Verbindungen zum Chaco Canyon aufzuweisen.

Die Pueblo-Kulturen

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