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4.2.7.3. Die Arbeitsleistungen für den Bau der Chaco-Großhäuser

Die drei frühen Großhäuser hatten ca. 1000 Räume, die entsprechend den Zeiten der fünf Bauperioden in ca. 190 Jahren erbaut wurden, d.h. dass insgesamt im Durchschnitt ca. 5 bis 6 Räume/Jahr in diesen drei Bauten errichtet wurden. Nur in der Ausbaustufe I von Pueblo Bonito wurden in den 15 Jahren zwischen 920 bis 935 u.Z. ca. 45 Erdgeschossräume und, hochgerechnet, weitere ca. 25 Räume in höheren Etagen und drei Kivas erbaut. Auch das ergibt nur eine Leistung von ca. 5 Räumen/Jahr und aller 5 Jahre eine Kiva.

Die ca. 1070 Räume der klassischen Pueblos wurden in ca. 100 Jahren erbaut. Damit läge hier die Leistung bei ca. 11 Räumen/Jahr. Dazu kämen noch die insgesamt ca. 62 Kivas, d.h. alle 2 Jahre würde durchschnittlich eine Kiva erbaut werden.

Die ca. 544 Räume und 14 Kivas der späten Großhäuser wurden wahrscheinlich in einer relativ kurzen Bauzeit von 15 Jahren errichtet. Hier läge die Leistung mit ca. 36 Räumen/Jahr und 1 Kiva/Jahr spürbar höher. Hierbei ist aber zu beachten, dass die Räume kleiner waren als bei den älteren Großhäusern und die Kivas ebenfalls. Außerdem ersparte die konzentrierte Blockbauweise viele Wände. Die Steine für die Mauern waren über kürzere Wege vom Fuß der Mesa-Kliffs zu erlangen.

Diese rechnerisch sehr einfachen Darlegungen (Raum ist nicht gleich Raum; Kiva ist nicht gleich Kiva; die Durchschnittswerte verschleiern „arbeitsfreie“ Zeiten; in einer echten Baukampagne kann die Jahresleistung das mehrfache der hier ausgewiesenen Durchschnittsleistung betragen haben.) sollen ein Gefühl dafür geben, in welch kleinen Schritten sich die jetzt als beeindruckende Ruinen darbietende Gesamtleistung aufteilen lässt, denn kein Mensch behauptet, dass diese Bauten alle auf einmal entstanden sind.

Diese zugegebenenermaßen einfache Aufgliederung formuliert Leistungen, die durchaus von einer steinzeitlichen, urgesellschaftlichen Gemeinschaft erbracht werden konnten, ja man kann sagen, sie lagen weitgehend in ihrem gewohnten Rahmen. Sie entsprach den Fähigkeiten und dem Organisationstalent dieser Menschen, die gleichzeitig mit ihrer Bautätigkeit auch weiter lernten (Verbesserung der Mauerwerksqualität, Fundamentbau, Mauerstärke bei höherer Aufstockung von Räumen u.a.m.). Für diese Leistung benötigte man keinen unproduktiven antreibenden Apparat einer staatlichen Hierarchie, wie er mehr oder minder verschleiert noch immer durch Publikationen geistert. Für diese Bauten benötigte man keine Elite.

Eine weitere Frage ist, welches Arbeitskräftepotenzial stand für diese Bauten zur Verfügung. Vorsichtige Schätzungen beziffern die Bewohnerschaft des Chaco Canyon Bereiches zwischen 2000 und 6000 Personen, wobei immer wieder darauf hingewiesen wird, dass das Tal für diese Menschenmenge gar kein ausreichendes Potenzial für die zur Ernährung dieser Menschen notwendigen Erntegüter gehabt hätte. (Wahrscheinlich war an dieser Rechnung einiges unzutreffend, denn es gibt keine Hinweise darauf, dass „Chaco-Heere“ Vorratskammern im weiten Umkreis geplündert hätten, um Nahrungsmittel für ihre Bauarbeiter zusammenzubekommen.) Die am Bau und für seine Vorbereitung tätigen Menschen wurden von ihren entsendenden Gemeinschaften ernährt. Mit sehr großer Wahrscheinlichkeit erfolgten die Bauarbeiten im weitesten Sinne in Zeiten, die für eine Nahrungsstoffproduktion nicht in Frage kam. Das Holz einzuschlagen und zu transportieren ist im Winter mit „saftlosem“ Holz sicher einfacher als im Frühjahr, Sommer oder Herbst, wo auch die Arbeiten an den Wasserkontrollanlagen und die Feldarbeiten anstehen. Das Gleiche gilt auch für das Schlagen und Transportieren des trockenen Sandsteines im Winter. Wenn alles Baumaterial bereit lag, dann brauchte sich eine relativ kleine Personengruppe nur noch eine Zeit aussuchen, in der die Wasserbeschaffung für das Anrühren des Lehmmörtels mit relativ geringem Aufwand möglich war. Dann konnte von einer kleinen Anzahl kundiger SteinsetzerInnen und einiger Helfer die Mauer hochgezogen werden.

Wenn man von der unteren Personenanzahl von 2000 Menschen im Chaco Canyon ausgeht, dann können dies 400 Familien (2 Erwachsene, 3 Kinder) sein. Und bei entsprechender spiritueller Motivierung ist es sicher kein Problem, in der arbeitsarmen Winterzeit 150 Personen für die bauvorbereitenden Arbeiten zu aktivieren. Und die schaffen sicher mehr, als für die Realisierung einer oben genannten Jahresleistung erforderlich ist. Die Arbeiten zur Errichtung der Großhäuser des Chaco Canyon lagen voll im Fähigkeitsspektrum der spirituell und/oder verwandtschaftlich gebundenen Gemeinschaften und keine wie auch immer geartete Elite war zum Anleiten und Antreiben notwendig. Wieviel Leistungen (Holzeinschlag, Transport, Bau) von Gemeinden außerhalb der Chaco-Kernzone erbracht wurden, um für ihre Gemeinschaft ebenfalls die spirituelle Kraft des sakralen Chaco Canyon zu sichern, ist hierbei nicht einmal berücksichtigt worden und bis auf Holzaktionen auch kaum zu umreißen.

Der Holzverbrauch beim Bau der Decken/Fußböden/Terrassen in den Großhäusern und den Kivas war bei dieser konzentriert dargestellten Bauleistung zweifellos bemerkenswert hoch. Durch die Literatur geistert die Zahl von 200.000 Stämmen. Ich kann die Zahl nicht nachprüfen und weiß auch nicht, wie sie entstanden ist und ob sie auch die zeitgleichen Einheitspueblos und Kleinhäuser mit berücksichtigt hat. Desgleichen ist auch die Baumaterialgewinnung (Holz, Steine) durch Rückbau und/oder Abriss nicht mehr genutzter Bauten nur schwer erfassbar und quantitativ kaum einzuschätzen. Ich übernehme deshalb diese Zahl einfach. Mit dieser Gesamtanzahl werden die Chaco-Anasazi moralisch für die heute weitgehend baumlose Trockengebietslandschaft verantwortlich gemacht.

Auch hier ist die vorerst beeindruckende Zahl von 200.000 Stämmen/Bäumen etwas zu relativieren. 1) der Baumeinschlag erfolgte zu einer relativ feuchten und vergleichsweise wachstumsfreundlichen Zeit zwischen 900 und 1120 u.Z., in der theoretisch vier bis fünf Baumgenerationen a 50 Jahre Wachstumszeit zu Verfügung standen und im Kernbereich (15 km Canyonlänge mit einem 4 km breiten Streifen zu beiden Seiten) von 100 bis 120 km² gefällt und abtransportiert wurden. Das entspricht beim Ansatz von 200 Kulturjahren ca. 1000 Bäumen/Kulturjahr bzw. 10 Bäumen/Kulturjahr und km². Bei aller Problematik statistisch belegter Durchschnittszahlen ist dies in einer wachstumsgünstigen Zeit sicher keine Grundlage für einen von Menschen bedingten ökologischen Kollaps. Dazu reduziert sich diese die Chaco-Landschaft belastende Zahl um die ca. 20 bis 25% der Stämme (Tannen und Fichten), die nach neuen Untersuchungen aus den 75 bis 100 km entfernten Berggegenden der Chuska Mountains und der San Mateo Mountains herangebracht wurden. Die restlichen errechneten 150.000 bis 160.000 Stämme waren jedoch von Ponderosa-Kiefern aus dem näheren und weiteren Umfeld des Chaco Canyon. Wieviel davon doppelt oder mehrfach genutzte Träger (Rückbaumaterial) waren und deshalb wenigstens einmal aus der Statistik herausfallen, ist unbekannt. Stämme aus entfernten Gebieten waren, wahrscheinlich von den Gemeinschaften im Einschlaggebiet, in konzertierten Aktionen auf Vorrat geschlagen und eventuell auch transportiert worden. Hier war offensichtlich eine Zusammenarbeit der Kommunen im Einschlaggebiet mit denen des Chaco Canyon festzustellen. Die Auswahl der Holzquellen war augenscheinlich mehr von regionalen sozioökonomischen Verbindungen als von einem einfachen Modell der Ressourcenentleerung über die Entfernung und die Zeit bestimmt.

Eine unkritische und unreflektierte Annahme der Anzahl von 200.000 Stämmen ohne Beachtung der Bezugsquellen über Raum und Zeit und ohne Beachtung natürlicher Wachstumsbedingungen ergibt ein sehr verzerrtes und missdeutendes Bild von den Einwirkungen der Chaco Anasazi auf ihre biologische Umwelt. Über die bei oder nach Dürren auftretenden Wald- und Buschbrände und ihre Auswirkungen auf einen Baumbewuchs und die Bodenbaubedingungen und die erhofften Ernteerträge wird jedoch kaum ein Wort bei der Suche nach Gründen für den Kollaps einer Kultur in einem ökologisch sensiblen Gebiet gefunden.

Die Pueblo-Kulturen

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