Читать книгу Die Pueblo-Kulturen - Werner-Wolf Turski - Страница 7
Оглавление4.1.4. Die kulturelle Formierung
Da der Kulturzweig der im Bereich des Chaco Canyon ansässigen Anasazi als die „Mutterkultur“ der Anasazi angesehen wird, ist die Periodencharakterisierung sehr stark von den Indizien dieses Zweiges geprägt und kann deshalb mehr oder minder stark von den archäologischen Belegen der anderen Kulturzweige abweichen.
Die Anasazi-Kultur entstand aus der Oshara-Kultur schweifender Gruppen von JägerInnen und SammlerInnen eines ariden bis semiariden Hochlandgebietes, des Colorado Plateaus. Sie lebten saisonal abhängig in Höhlen oder auf Campplätzen im offenen Gelände. Sie nutzten für die Jagd Speere und Atlatl. Wichtige Werkzeuge waren zu Schlag- und Schneidzwecken hergerichtete Steine. Erste Kulturpflanzenbelege von Squash und Mais aus der Zeit zwischen 1000 und 800 v.d.Z. stammen aus dem Chaco Canyon, hatten aber offensichtlich noch keinen nachweisbaren Einfluss auf die Subsistenz dieser Menschen. Sie kannten noch keine Keramik. Wichtigste Behälter waren Körbe, deren aufgefundene Reste die Archäologen veranlassten, diese Kulturstufe der Anasazi als Basketmaker (II) zu bezeichnen. Teilweise waren diese Körbe mit Harzen überzogen und wasserdicht. Weitere bemerkenswerte Faserprodukte waren Beutel aus Wurzelfasern und Sandalen aus Yucca-Fasern. Über den Beginn dieser Periode differieren die Ansichten der Archäologen zwischen 1200 v.d.Z. und 1 u.Z. Der Autor hat sich auf den Beginn zur Zeitenwende entschieden (Späte Basketmaker II). In dieser Zeit bis 400/500 u.Z. entstanden flache Grubenhäuser und Vorratsboxen in Form von aus Steinplatten in den Boden eingebauten Steinkisten. Die Niederlassungen bestanden aus ein bis vier Grubenhäusern. Die frühesten nachgewiesenen Grubenhäuser stammen aus der Zeit um 300 u.Z. aus dem Canyon de Chelly und im Kayenta-Gebiet ab 400 u.Z. Auch der Grand Gulch Bereich im westlichen Northern San Juan Gebiet weist eine große Anzahl von Stätten aus der Basketmaker II Zeit auf. Um 350 u.Z. entstanden die ersten Jacal-Bauten. Mindestens zwei Arten von Hunden hatten sich herausgebildet oder wurden gezüchtet.
Zwischen 400/500 und 700/750 u.Z. (Basketmaker III) wurden die Grubenhäuser stärker eingetieft (bis 2 m) und die ersten übertägigen Wohn- und Vorratsbauten entstanden. Die Wände der Grubenhäuser wurden mit Steinplatten verkleidet. Aus Grubenhausbauten entstand die Kiva, ein spezielles Grubenhaus für kommunale Aufgaben. Im Mesa Verde Gebiet wurden um 600 u.Z. die ersten Grubenhäuser gebaut. In dieser Zeit begann der Bodenbau spürbar an Gewicht bei der Beschaffung von Nahrungsstoffen zu gewinnen. Gegen Ende dieser Periode verstärkt sich der Bau von übertägigen Bauwerken, die schrittweise die Grubenhäuser ersetzen, eine Widerspiegelung der zunehmenden Sesshaftigkeit durch den sich entwickelten Bodenbau. Ab 500 u.Z. sind Mais, Bohnen, Squash und Melonen u.a. im Gebiet von Hovenweep belegt. Pfeil und Bogen verdrängten Atlatl und Speer und effektivierten die Jagd. Die Herstellung von Keramik (Gray ware und etwas Black-on-white ware) nach der Spiralwulstmethode begann. Türkisschmucksachen und grobe Lehmfiguren erscheinen erstmalig. Die Bevölkerung nahm zu und breitete sich weiter aus. Die Niederlassungen blieben aber noch relativ klein.
Ab 700/ 750 u.Z. wird auf Grund der jetzt dominierenden übertägigen Wohn- und Vorratsbauten von der Pueblo-Zeit (Pueblo I, II, III und IV) gesprochen, obwohl tiefe Grubenhäuser weiterhin noch genutzt wurden. Es ist eine Zeit des Überganges (Pueblo I) von kleineren (3- bis 10-Raum-Blöcke) zu größeren Niederlassungen und Ritualräumen/Kivas bis 900 u.Z. Die Wände der übertägigen Bauten bestanden aus Jacal und/oder grobem Steinmauerwerk. Einige der Jacal-Bauten hatten Steinmauerungen für die unteren Teile der Wände, dabei wurden auch aufrecht stehende Steine für eine Stabilisierung des Fundamentes für vertikale Pfosten und bei Adobewänden genutzt.
Ein wichtiges Kennzeichen der Dörfer dieser Zeit war neben ihrer großen Anlage auch das Vorhandensein von Bauten für zeremonielle und/oder kommunale Zwecke, sogenannte öffentliche Bauten/Anlagen. Im Laufe der Zeit wurden diese öffentlichen Grubenhäuser immer größer und in den Kennzeichen ihrer inneren Ausstattung zunehmend standardisiert/vereinheitlicht, u.a. mit großen Stützen zum Tragen ihres Dachs. Diese entwickelten Grubenhäuser wurden mit der Zeit zu den bekannten multifunktionellen (zeremoniell und sozial genutzten) Kivas der Anasazi. Die Niederlassungen wurden zur besseren Nutzung der Sonnenwärme linear oder bogenförmig nach Süden/Südosten ausgerichtet. Die früher vor dem kleinen Pueblo liegenden Freiflächen wurden allmählich zu umbauten Plazas, kommunalen Anlagen.
Die Keramiktradition aus der Basketmaker III entwickelte sich weiter. Erste verzierte Red-ware-Keramik erscheint. Aus Baumwolle, die interaktiv aus dem Süden erworben worden war (Auf dem Colorado-Plateau wuchs nur an den südlichen Zuflüssen des Colorado River Baumwolle, die dort aber zu dieser Zeit noch nicht angebaut wurde.), entstanden mit der zeitgleichen Übernahme des Webstuhls gewebte Kleidungsstücke. Truthühnerhaltung ist belegt. Es gab neue Formen der Schmuckgestaltung aus Molluskenschalen, Türkisen, Jet, Ton und anderen Materialien.
Die Pueblo II Zeit von 900 bis 1100/1150 u.Z. ist durch die Blüte der Chaco-Kultur gekennzeichnet, die weit über große Teile des Anasazi-Gebietes und auch bis in das südlich gelegene Mogollon-Gebiet sowie zu den Sinagua und etwas später zu den Salado beeinflussend ausstrahlt. In dieser Zeit prägten sich die verschiedenen Zweige der Anasazi-Kultur aus. Neben kleinen Pueblo-Bauten gab es Klein- und Großhäuser sowie Kivas und Großkivas in entsprechender Größe und Anzahl. Das Mauerwerk bestand aus in Lehmmörtel gesetzten und mehr oder minder geformten Sandsteinen. Die Dörfer bestanden zumeist aus einer Anhäufung von meist rechteckigen Räumen, die erst in der späteren Pueblo II Zeit auch in mehreren Etagen aufgetürmt worden waren. Innerhalb oder außerhalb dieser Wohn- und Vorratsraumblöcke befanden sich die runden steingemauerten unterirdischen Kivas. Die sogenannten Chaco-Straßen erschienen. Bei der Keramik dominierte weiterhin die einfache und gewellte Gray ware und die Black-on-white ware. Zusätzlich gab es noch einige maltechnisch verzierte rote und orangefarbene Gefäße. Das Bevölkerungswachstum führte zur Wiederbesiedlung von Stätten, die in der Pueblo I Zeit verlassen worden waren. Die Anzahl und Größe der Niederlassungen wuchs.
Trotz des Erlöschens der Chaco-Kultur um 1130/1150 u.Z. setzte sich bis 1300 u.Z. (Pueblo III) mit lokalen Abwandlungen der Bau von großen und kleinen Pueblos, Kliffwohnstätten und Türmen auf den Felsgraten und Bergrücken fort, bis auch diese gegen Ende der 1300er Jahre u.Z. (Mesa Verde, Kayenta) verlassen wurden. Bei der Keramik dominierten gewellte graue Gefäße und der Black-on white, Red und Orange Stil. Das Ende von Pueblo I war durch dem Bodenbau günstige klimatische Bedingungen und weiteren kulturellen Aufstieg und das von Pueblo II und III durch ungünstige Bedingungen (Dürre) und dadurch bedingte Abwanderungen und eine generelle Schrumpfung des früheren kulturellen Verbreitungsgebietes gekennzeichnet.
Nach 1300 u.Z. konzentrierte sich die Anasazi-Kultur im vergleichsweise kleinen Bereich der Black Mesa (Hopi), am Little Colorado und seinen Zu- und Quellflüssen sowie im Rio Grande Becken. Dort entstanden große Pueblos um Plazas. Bemalte Keramik trat gegenüber der einfachen Gebrauchskeramik in den Hintergrund. Die Elemente des Katchina-Kultes entwickelten sich. 1598 u.Z. wurden die Anasazi im Hopi-, Zuni- und Rio Grande-Bereich von den Spaniern kolonisiert, die Bevölkerung durch Gewaltaktionen und Ausbeutung sowie europäische Seuchen stark dezimiert und kulturell/religiös extrem unterdrückt. Die danach wirksam werdenden Überfälle der von den Spaniern militarisierten Plainsnomaden (Süd-Athapasken) verstärkten noch diesen Effekt.
Als grundsätzliche Kennzeichen der Anasazi gelten die Pueblo-Einheit oder das Einheitspueblo, die Kiva, die Orientierung der Pueblos mit ihrer Vorderseite in die südliche Richtung, die gray ware und die Black-on-white ware Keramik und die Bestattungsart, bei der die beizusetzenden Körper auf der Seite liegen und die Beine an die Brust herangezogen sind. Die Körper wurden im Allgemeinen mit dem Gesicht nach Süden ausgerichtet.
Rekonstruktionen nach den Skelettfunden ergaben für die Männer eine Durchschnittsgröße von 160 cm und für die Frauen von 150 cm bei einer etwas untersetzten Statur. Die Lebenserwartung lag um 40 Jahre. Ca. 50% der Kinder starben vor dem 3. Lebensjahr. Ab 750 u.Z. traten bei den Anasazi abgeflachte Hinterschädel auf, die auf die Nutzung der ungepolsterten Flat-Cradle (flache Kindertrage) zurückzuführen sind, auf der die Säuglinge und Kleinkinder schliefen und transportiert wurden.