Читать книгу Die Pueblo-Kulturen - Werner-Wolf Turski - Страница 16

Оглавление

4.2.4. Die Subsistenzwirtschaft

Überall im Bereich und auch in allen Anasazi-Phasen wurde Kleinwild gejagt und eine breite Vielfalt von wildwachsenden Pflanzen gesammelt. Der Bodenbau an bevorzugten Plätzen half, die Risiken dieser Subsistenzform zu reduzieren. Durch die Einführung von Pfeil und Bogen bei gleichzeitiger Reduzierung des Einsatzes der Atlatl im Zeitraum von 500 bis 700 u.Z. ergab sich ebenfalls eine höhere Stabilität in der Versorgung mit Fleischnahrung. Die kleineren Spitzen aus versteinertem Holz, Feuerstein, Chalcedon und Obsidian an den Pfeilschäften aus Schilfrohr waren für die Jagd auf noch relativ reichlich vorhandene kleine Säugetiere und Vögel besser geeignet als die großen Atlatl-Speere. Die Hauptbeute waren Kaninchen, Jackkaninchen, Präriehund und Truthühner, deren Knochen reichlich in den prähistorischen Abfallhaufen im Chaco Canyon gefunden wurden. Eine Veränderung in den Arten des Jagdwildes über die Zeit korrespondiert mit dem Wechsel in der Jagdwildpopulation, einer zunehmend sesshaften Dorflebensweise und dem Bevölkerungswachstum.

Die Bedingungen für den Bodenbau (Hauptanbaupflanzen: Mais, Bohnen, Squash und Melonen; Hauptwerkzeuge: Grabstöcke und Steinhacken) waren im Chaco-Bereich nach den heutigen Maßstäben, Einschätzungen und Bedingungen ungünstig. Die lokalen Ressourcen dafür befanden sich je nach den wechselnden klimatischen Bedingungen und dem menschlichem Gebrauch dieser Ressourcen in ständiger Veränderung. Die Anasazi der Chaco Region passten sich durch das Zusammentragen und Bevorraten der Nahrungsstoffe an ihren weitestgehend ortsfesten Wohnstätten und gegebenenfalls dem Umverteilen dieser Vorräte auf Grundlage von sozialen und rituellen Regeln ihren konkreten natürlichen Bedingungen an.

Im Chaco-Bereich wurden der Trockenbodenbau und die verschiedensten Formen des Bewässerungsbodenbaus und eventuell auch etwas Überschwemmungsbodenbau betrieben. Dabei wurden in unterschiedlichster Art und Weise natürlich anfallende, in Becken und/oder porösen Boden- oder Steinschichten gespeicherte und abfließende Wässer genutzt (water management).

Der ursprüngliche Trockenbodenbau verließ sich ausschließlich auf die Nutzung der Niederschläge und ihrer unmittelbaren Speicherung im Boden. Die niederschlagsgünstigere Zeit lässt eine Ausdehnung der nach dieser Methode nutzbaren und genutzten Feldflächen vermuten. Regenreichere Hochlagen wie die Oberflächen der Mesas waren für diese Anbauform grundsätzlich prädestiniert, wenn in diesen höheren Gebieten die Wachstumszeiten und entsprechende Böden ausreichend waren. Der Trockenbodenbau erforderte große/viele Feldflächen und damit auch viel Saatgut. Es wurden viele Feldflächen in unterschiedlichsten Lagen bestellt in der Hoffnung, dass wenigstens einige die zum Überleben notwendigen Mengen an Nahrungsstoffen erbrachten, während andere durch lokal negative klimatische Bedingungen nur Minderernten oder gar einen kompletten Ertragsausfall brachten.

Für die Archäologen optisch auffälliger war der effektivere, aber auch arbeitsaufwendigere Bewässerungsbodenbau, der entsprechend den lokalen Bedingungen mit unterschiedlichen Anlagen von den Mesas und aus bestimmten Mesaschichten (poröser Sandstein) abfließendes Niederschlags- und Schmelzwasser sammelte, weiterleitete und auf die zur bodenbauerischen Nutzung vorgesehenen Landflächen verteilte. Dementsprechend gibt es zur Praktizierung dieser Form des Bodenbaus Anlagen zur Wasserrückhaltung, -ablenkung und -verteilung (Dämme, Schleusen, Kanäle). Für von den Flüssen Wasser ableitende Kanäle wie bei den Hohokam fehlten im Allgemeinen die notwendigen Bedingungen eines zuverlässigen und/oder permanenten Wasserflusses. In kleinen Bereichen des flachen Canyonbodens konnte sicher auch ein nicht mehr nachweisbarer Überschwemmungsbodenbau betrieben werden. Diese waren erst am San Juan River und seinen nördlichen Nebenflüssen gegeben und wurden dort auch teilweise genutzt.

Der Hauptwasserlauf des Chaco Canyon, der Chaco Wash, war vor 1000 bis 1200 Jahren - wie auch die anderen Fließgewässer im Chaco-Bereich – ein weitgehend flaches, saisonal über die Flutebene des Canyon unregelmäßig mäanderndes Gewässer, das auf der Flutebene auch ausreichend lang durchfeuchtete Flächen für den Bodenbau darbot. (Frühe europäische Erkunder des Chaco Canyon gaben die Tiefe des Chaco Wash mit ca. 0,5 m an. Die durch Überweidung geförderte Erosion der letzten 100 Jahre bewirkte, dass die Tiefe des entwässernden Erosionsgrabens des Wash heute ca. 9 m und seine Breite ca. 30 m erreicht.)

Das Bodenbau- und Wassermanagement-System des Chaco Canyon sammelte die Wasserabflüsse von den Mesa-Oberseiten, die den Canyon umgeben, besonders nach den schweren sommerlichen Regenstürmen und den Schneeschmelzen und verteilte diese auf ein größeres für den Bodenbau vorgesehenes Areal. Mit dieser Maßnahme wurde sicher gleichzeitig auch die saisonale Abflussdynamik des Washs mit seinen erosiven Auswirkungen eingegrenzt. Dieses System war ein in und für diese Region durch menschliche Maßnahmen entwickeltes Bewässerungssystem und nutzte die als periodische Sturzbäche und Quellflüsse von Felsen oder aus bestimmten gut Wasser aufnehmenden und abgebenden Sandsteinschichten dieser Mesa-Massive austretende Niederschlagswässer. Sie bändigten den erosiv-zerstörerischen Abfluss durch eine Kombination von Gräben, Schleusen, terrassierten Hängen, Überlaufteichen, gemauerten Bewässerungskanälen und Dämmen. Dieses Anlagensystem erlaubte eine bemerkenswert gleichmäßige und großflächige Verteilung des Abflusswassers zu sorgfältig errichteten, ebenen und umgrenzten Feldern auf dem Canyonboden. Hierbei sind die nicht nur im Bereich der Talböden anzutreffenden ausgedehnten Gitterfelder (grid fields/grid gardens/waffle gardens) - bestehend aus Beetflächen von 1 bis 16 m² - hervorzuheben, die je nach den örtlichen Bedingungen Umgrenzungen aus Stein- oder Adobewänden/-anhäufungen hatten. Diese Wände der Gitter schufen durch ihre wärmespeichernde, verdunstungs- und erosionshemmende Funktion ein wachstumsförderndes Mikroklima für die von ihnen umgrenzte Bodenfläche. Für den Chaco Canyon wurde eingeschätzt, dass ca. 10.000 solcher „Gittergartenflächen“ auf der Nordseite des Canyons existierten.

Die frühesten Wasserkontroll- und -steuerungsanlagen sind Rückhaltedämme. Sie bestehen aus einer Reihe von kleinen Steinwänden/-wällen in meist saisonal fließenden Wasserströmen. Im Laufe der Zeit entstand hinter dem Rückhaltedamm ein kleines Feld, da sich feuchtes Sediment hinter dem Damm ablagerte und wesentliche kulturfreundliche Bedingungen schuf. Die Weitergestaltung solcher Fließhindernisse wurde auch zur Umleitung und Verteilung von abfließenden Wasserströmen auf der Erdoberfläche genutzt. Unter entsprechenden Bedingungen konnten sich aus diesen Anlagen auch bodenbauerisch genutzte Terrassenbauten entwickeln.

Diese ausgeklügelte Methode zum Betreiben eines relativ hochproduktiven Bodenbaus und das dadurch mögliche große Ausmaß von bodenbauerisch nutzbarem Land (großräumige Urbarmachung!) ist das wirtschaftliche Kernstück des Chaco Phänomens. Gegebenenfalls spielten auch die durch die klimatisch bedingte höhere Feuchtigkeit größeren Jagd- und Sammelerträge eine heute nicht mehr quantifizierbare gewachsene Rolle in der Subsistenzwirtschaft dieser Anasazi.

Die archäologischen Untersuchungsergebnisse zeigen aber auch, dass diese im 10. und 11. Jahrhundert gebauten Wasserverteilungssysteme im Laufe der Zeit zu einer Auslaugung der Böden führten. Im Ergebnis der langen Bewässerung verursachte das hohe Verdunstungstempo und die alkalische Natur der Böden im ariden San Juan Becken eventuell auch eine Erhöhung des Salzgehaltes im Boden und einen Nährstoffentzug. Wegen der möglichen bodenchemischen Verschlechterung der bodenbauerisch genutzten Böden wurde im 12. Jahrhundert gegen Ende der Anasazi Besiedlung im Chaco Canyon der Flutwasserbodenbau im Kerngebiet zu Gunsten von Feldflächen in weiter entfernt liegenden Bereichen weitgehend aufgegeben. Eine Erhöhung des Salzgehaltes des Boden und eine Verminderung der Bodenfruchtbarkeit kann aber auch durch eine Niederschlagsverringerung verursacht sein, die die früher übliche Auswaschung von Salzen und eine fruchtbarkeitsfördernde Schwebstoffzufuhr nicht mehr bewirkte. Dies belegt auch die Dynamik der Ressourcennutzung. Die bodenbauerischen Bedingungen veränderten sich aus unterschiedlichen Gründen des natürlichen und menschlichen Einwirkens auf das ökologische System oft.


Außer den oben genannten allgemeinen und auch direkt auf den Chaco Canyon bezogenen Bedingungen soll als ein wichtiges Beispiel für bodenbauerische Wasserkontrollanlagen im Bereich der Chaco-Anasazi das Bewässerungssystem von Newcomb aus dem westlichen Randgebiet des Chaco-Kulturbereiches in den Chuska Mountains kurz vorgestellt werden, dessen prähistorische Entstehung und Nutzung um 500 u.Z. begann und mit wechselnden Nutzern praktisch bis heute besteht. (Die Verwendung des Feldsystems wurde nur für eine kurze Zeit in den 1800er Jahren unterbrochen, als die US-Armee die Navajo mit Gewalt aus dem Bereich entfernte.) Es ist in diesem Raum eines von drei größeren prähistorischen Bewässerungssystemen. Dieses Gebiet ist auch der Endpunkt des vom Chaco Canyon nach Westen führenden möglichen Verbindungspfades (Western Chaco Road).


Das Newcomb-Feldsystem belegt die Fähigkeiten der Bewohner dieser Region, die physische Umgebung zu modifizieren, um die Nutzung von beschränkten Wasserressourcen zu maximieren. Die Wasserressourcen in diesem Bereich sind auf die Niederschlagsabläufe der Frühjahrsschneeschmelze aus den westlichen Chuska Mountains und den Regen aus der Monsunjahreszeit im Juli und August beschränkt. Sogar nach den heutigen Standards ist dieses Bewässerungssystem eine technisch-technologische Meisterleistung.


Sobald das saisonal anfallende Wasser am oberen Ende des Bewässerungssystems eintritt, kann sein weiterer Fluss überall in dem System kontrolliert erfolgen, bis es später nach fast 6,9 Kilometer wieder austritt.

Das Feldsystem - von erfahrenen Bodenbauern errichtet - besteht aus mehreren Feldgruppen, die vom Captain Tom Wash (ein linker Zustrom des Chaco River aus den Chuska Mountains), dem To-dil-hil Wash und einem namenlosen Wash mit Wasser gespeist werden. Es gibt zwei große Wasserstau- oder -sammelanlagen, die historisch stark modifiziert worden sind, aber es gibt wahrscheinlich auch entsprechende Anlagen prähistorischen Ursprungs. Eines ist ein großes Reservoir (Captain Tom Reservoir) und das andere ist ein großer Deich/Aufstau-Kanal, die den Wasserabfluss des Captain Tom Wash zum südwestlichen Höhenpunkt (= Einlaufpunkt) des Feldsystems leitet. Das Wasser kann auf einige oder auch auf alle Felder innerhalb der Feldansammlung geleitet werden. Etwas Überschusswasser von der Bewässerung von einem Feld wird über einem anderen Graben abgezogen, der das Überschusswasser wieder in das System einspeist, um zur nächsten Feldergruppe weiterzufließen. Die einzelnen Felder sind eben und werden von Erdwällen begrenzt. Das System war so eingerichtet, dass es auch bei Anfall von überdurchschnittlichen Wassermengen verwendet werden konnte. Es ließ keinen pflanzenschädlichen Wasserstau auf den Feldflächen zu. Die Felder sind im Entwurf ähnlich den „Waffelgärten“, sind aber flächenmäßig viel größer. Die ganze Erstreckung des Newcomb Feldsystems hat eine Länge von etwa 6,9 km, eine Breite von 2,8 km und besteht aus 74 km Hauptgräben. Das Newcomb Feldsystem umfasst eine Fläche von 794 ha (= 7,94 km²). Es ist nur eines von drei bekannten Systemen im 1000 km²-Untersuchungsgebiet bei den Grey Hills, wo sich u.a. das Chaco-Großhaus von Crumbled House befindet.

Die Pueblo-Kulturen

Подняться наверх