Читать книгу Die Pueblo-Kulturen - Werner-Wolf Turski - Страница 17
Оглавление4.2.5. Das Handwerk
Zum Handwerk der Anasazi werden alle produktiven Arbeiten gezählt, die nicht mit der Beschaffung und/oder Verarbeitung der Nahrungsstoffe verbunden sind.
Einer der wesentlichen Handwerksbereiche war die Bautätigkeit, die zwar immer mehr oder minder stark präsent war, im Chaco-Kerngebiet jedoch durch den Bau der Großhäuser quantitativ und qualitativ ein ganz anderes Gewicht bekam. Als handwerkliche Tätigkeit mit überdurchschnittlichen Fähigkeiten, Erfahrungen und Kenntnissen ist die Arbeit der bauanleitenden und steinmauersetzenden Frauen, die bereits aus der Tradition heraus für die Wohnstatt und ihre Errichtung zuständig waren, anzusehen. Die Kenntnisse und Fähigkeiten der das Baumaterial heranschaffenden und hauptsächlich zurichtenden Männer ist nicht als Spezialistentätigkeit anzusehen. Die Fähigkeiten der Steinsetzerinnen der Chaco-Anasazi sind heute noch der Hauptgegenstand der Aufmerksamkeit von Archäologen und Laien und brauchen unter dem Hinweis auf frühere Ausführungen zur Architektur der Chaco-Anasazi hier nicht mehr erläutert zu werden.
Ein weiterer Aktivitätsbereich erforderte auf Grund seiner quantitativen Ausdehnung in einigen Teilbereichen Spezialistenkenntnisse: Das war der Bergbau! Zwar wurden mangels entsprechender mineralischer Vorkommen im Bereich der Chaco-Anasazi kein besondere Fähigkeiten und Kenntnisse erfordernder Salzabbau wie bei den Sinagua und den Virgin-Anasazi betrieben, aber die möglichst geringaufwendige Gewinnung zum vorgesehenen Bau geeigneter und mit möglichst geringem Aufwand zu bearbeitenden Steine erforderte Kenntnisse, die wesentlich über dem allgemeinen frühen Niveau einer bergmännisch-gewinnenden Sammel- und Lesetätigkeit lagen. Dabei ist von diesen Spezialisten die Effektivität von Gewinnung und Aufbereitung des Steinmaterials unter der Beachtung der qualitativen und quantitativen Anforderungen der Steinsetzerinnen und der Minimierung der zu transportierenden Gesteinsmenge auf dem kürzesten Transportweg zwischen der Gewinnungsstelle Steinbruch und der Pueblo-Baustelle im Komplex zu beachten. Erforderlichenfalls mussten von den hochgelegenen Steinbrüchen Treppenabgänge in den Canyon geschaffen werden. (Sieben Stück sind im Chaco Canyon nachweisbar.)
Ähnliche Spezialisten waren die Bergleute, die den Türkis einschließlich der unvermeidlichen Mengen von Nebengestein in den Minen abbauten und danach aufbereitend das wertvolle Mineral vom tauben Gestein ablösten und den für die weitere Bearbeitung wichtigen Rohtürkis freilegten. Größere Nebengesteinsanteile wurden abgeschlagen und kleinere wurden abgeschliffen. Dies galt speziell bei der auch und eventuell vor allem genutzten großen Lagerstätte von Cerrillos, ca. 170 bis 180 km südwestlich vom Chaco Canyon (16 km südlich von Santa Fe) am Galisteo Creek, einem östlichen Nebenfluss des Rio Grande. In diesem Lagerstättenkomplex ist die größte prähistorische Bergbauaktivität von Nordamerika belegbar. Zusätzlich zu Cerrillos wurden vier weitere prähistorische Türkis-Bergbaudistrikte in New Mexico identifiziert. Sie befinden sich alle im Südwesten des US-Staates. (Insgesamt sind über 200 prähistorische Türkis-Minen unterschiedlicher Größe in New Mexico, Arizona, Kalifornien, Nevada, Utah und Colorado dokumentiert worden.)
Der Türkis wurde in kleinen Mengen gewonnen und auch als spirituell begehrtes Material eventuell über weite Strecken zum Tausch und als Geschenk bewegt. Das älteste gut dokumentierte Türkisstück auf dem Gebiet der heutigen USA stammt aus Snaketown (Hohokam-Kultur) im südöstlichen Arizona, wo zwei aufgefundene Schmuckstücke auf vor 300 u.Z. datiert worden sind. Die prähistorische Türkis-Gewinnung und -verarbeitung begann im Südwesten ab 750 u.Z. und erlebte ab 850/900 u.Z. seine erste Blüte mit der Chaco-Kultur bis 1130/50 u.Z.
Die Ausgrabungen im Chaco Canyon erbrachten mehr als 57.000 Stücke Türkis, davon allein im Pueblo Bonito mehr als 47.000 Türkisartefakte in sogenannten „Bestattungen“ (besser: spirituelle Ablage/Hort von ca. 18.350 Stück mit oder bei zwei beigesetzten Männern aus der Zeit um 870 und 880 u.Z. und ca. 28.800 Stück aus der Zeit von 900 bis 1130 u.Z. mit weiteren 12 bis 14 bestatteten Personen im 3,6 m² großen Raum 33 der sogenannten Nordkrypta von Pueblo Bonito. Die bereits aufbereitete Türkis-Rohmasse dafür betrug ca. 30 bis 35 kg.
Es gibt keine bekannten prähistorischen Minen in diesem Bereich, dieser Türkis wurde vollständig außerhalb des Chaco Canyon gewonnen! Das Hauptabbaugebiet der Chaco-Anasazi und auch anderer interessierter Gemeinschaften lag vermutlich in den Gruben der Lagerstätte von Cerrillos („Kleine Hügel“) bei Santa Fe. Die Türkis-Hauptabbaugrube am dortigen Mount Chalchihuitl hat eine Tiefe von 66 m und eine Breite von 91 m.
Die Indianer arbeiteten mit Steinhämmern und -äxten, Geweihstangen, Meißeln/Keilen und Schabern als Schaufel und trugen das gelöste Material mit Schilfkörben und Ledersäcken aus den Gruben und aus dem Berg – wenn erforderlich, unter Nutzung von Stämmen und Leitern als Steighilfen. Die für die Türkisgewinnung eingerichteten zeitweiligen kleinen Niederlassungen lagen meist dicht bei den Schürfstellen und Gruben. Die Nutzung dieser Bergbau-Camps durch Menschen aus unterschiedlichen Gebieten (Scherbenbefunde) lässt darauf schließen, dass die Türkisvorkommen kein „Eigentum“ irgendeiner Personengruppe waren, sondern als Geschenk der Erde und der Geister von jedem nach Bedarf und Möglichkeit genutzt werden konnten.
Die Bergbauaktivität erfolgte durch eine saisonale Anwesenheit von kleineren Männergruppen, die entsprechend den persönlichen spirituellen Bedürfnissen und Tauscherfordernissen oder denen ihrer lokalen oder verwandtschaftlichen Gemeinschaft an bekannten höffigen Gebieten nach Türkisen gruben und nach einer festgelegten Zeit oder einem ausreichenden Produktionsergebnis sich wieder in ihre Niederlassung zurückzogen.
Die Analyse der Scherben von den Cerrillos Minen zeigt zwei größere Perioden der prähistorischen Nutzung - eine von 1000 bis 1150/1200, als der Chaco Canyon (etwa 170 km Luftlinie westlich) das Hauptzentrum der kulturellen Entwicklung war und große(?) Mengen von Türkis benötigte und die andere von 1350 bis 1680 u.Z., als es eine größere Erweiterung der Anasazi-Pueblo Kultur im Bereich entlang des Rio Grande gab.
Ein – speziell in den Augen der Archäologen – ganz wesentliches Handwerk war die von den Frauen ausgeführte Töpferei. Die Keramikherstellung begann im Südwesten ab 200 u.Z. Im Chaco Canyon selbst verdrängten zwischen 450 und 500 u.Z. Tongefäße – einfache graue Gefäße (sog. Grayware) - allmählich die Körbe bei der Nutzung als Haus- und Küchengefäße. Dies korrespondiert auch mit der zunehmenden Sesshaftigkeit durch den sukzessiv besser/wirtschaftlich tragfähiger werdenden Bodenbau.
Um 550 u.Z. begannen die Chaco-Anasazi die Gefäße zu bemalen. Die glatten, einfachen Gefäße wurden für Küchen- und Vorratszwecke benutzt. Die Gebrauchskeramik war mit den Fingerspitzen eingedrückt worden, um gewellte Muster zu produzieren. Die auf glattem Untergrund aufgemalten kleinen, einfachen Muster (schwarz auf weißem Untergrund – Black-on-White) entwickelten sich im Laufe der Zeit zu komplizierteren Mustern, die die Außenseiten von Töpfen und das Innere von Schüsseln, die zwei wichtigsten Gefäßformen, bedeckten. Die Chaco-Anasazi verwendeten Tongefäße für Nahrungsvorbereitung, Zubereitung und Lagerung. Es gab Schüsseln, Töpfe, Flaschen, Samentöpfe, Krüge und Schöpfkellen in vielfältigen Formen und Größen. Spezielle Nutzungsaufgaben verzierter Keramik sowie auch weit verbreiteter entenförmiger Gefäße sind heute nicht mehr zu erkennen. Es wurden auch Miniaturgefäße hergestellt, die von den Archäologen als Übungsstücke oder als Kinderspielzeug angesehen wurden. Der Black-on-White Stil mit geometrischen Mustern war praktisch das Markenzeichen der Chaco-Keramik. Die Farben wurden aus mineralischen und organische Substanzen gefertigt wie Hämatit und Beeweed-Pflanzen, die beim Brennen schwarz wurden.
Als Chaco-Keramik werden alle Töpfe bezeichnet, die im Bereich der Chaco-Kultur (San Juan Becken Gebiet und sein Umkreis) während der Zeit dieser Kultur produziert wurden. Naturgemäß gibt es dadurch ein sehr breites Spektrum an unterschiedlichen Keramikstilen, die lokale Charaktere (Rohstoffe, Fähigkeiten, Spiritualität der TöpferInnen, künstlerische Vorlieben und Außeneinflüsse u.v.a.) innerhalb dieses Gebietes widerspiegeln. Einige wichtige stilistische Typen sind Red Mesa Black-on-White, Gallup Black-on-White und Puerco Black-on-White.
Die Keramik des eigentlichen Kernbereiches der Chaco-Anasazi-Kultur war in den Augen der Archäologen weniger ausdrucksvoll entwickelt und auch in den Scherbenfunden dieses Kern-Gebietes stark unterrepräsentiert. Eine Schätzung spricht nur von 20 bis 50% lokaler Keramik in dem Fundbestand aus dem Chaco-Kern.
Dafür kann es verschiedene einzelne und/oder miteinander verbundene Gründe geben.
- Es gab im Chaco-Kern nur wenig guten weißen Ton für die Keramikherstellung.
- Der Chaco-Kern war relativ holzarm (geworden), so dass das Holz für das Brennen
der Tongefäße knapp war und die Topfproduktion begrenzte.
- Der Chaco war ein „reiches“ Handelszentrum und konnte sich bei einer unzureichen-
den Eigenproduktion die benötigte Keramik gegen andere Produkte (welche?
Türkise?) eintauschen.
- Der Chaco orientierte sein Handwerkerpotenzial stärker auf die Verarbeitung von
Türkisen und die allgemeine Schmuckherstellung
Ein in den Quellen nicht genannter, aber nach meinen Vorstellungen maßgeblicher Grund liegt darin, dass die weibliche Spiritualität und Aktivität auf die Errichtung der sakralen Großhaus-Geisterwohnstätten konzentriert war und eine spirituelle Kommunikation über entsprechend dekorierte Keramik damit weitgehend gegenstandslos geworden war. Deshalb wurde und konnte keine übermäßige Energie in die spirituelle Ausdruckskraft der Keramikdekoration investiert werden. Dafür fehlte der Bedarf und das weibliche Potenzial und auch die Notwendigkeit – man hatte durch den Großhausbau andere und sichtlich effektivere Wege zu den Geistern und zur Kommunikation mit ihnen gefunden.
Die Beschäftigung einiger Männer mit der relativ umfangreichen Gewinnung und Verarbeitung von Türkis hatte keinen direkten Einfluss auf die Töpferei und die Dekorkunst. Lediglich ein indirekter Einfluss wäre möglich: der Türkis gab seinem Nutzer/seiner Nutzerin die erforderliche spirituelle Kraft, so dass aus diesem Grund dafür kein künstlerischer Ausdruck bei der Keramikherstellung und -verzierung gesucht werden musste.
Der hohe Anteil der nichtlokalen Keramik an den freigelegten Keramikfunden stützt sehr stark die These, dass der Chaco Canyon mit seinen Großhäusern ein religiöses Zentrum über den Chaco-Kernbereich hinaus war und dass die Menschen von „nah und fern“ mit Gaben - u.a. den Gefäßen mit ihrem Inhalt - zu den für sie maßgeblichen Ritualstätten des Canyons zogen und diese dort darbrachten, gegebenenfalls auch durch eine opfernde Zerstörung des Keramikgefäßes. Ein reichlicher Anteil guter Keramik (im Sinne der Opfernden, aber vielleicht nicht im Sinne der Archäologen und heutigen Händler prähistorischer Indianerkeramik) in den freigelegten Großhausstätten muss also absolut nichts mit irgendeinem Tausch oder Handel – wie oft apostrophiert – zu tun haben, sondern kann im Gegenteil rituell oder als Gastgeschenk begründet sein.
Inwiefern die verallgemeinernden Aussagen über den hohen Anteil nichtlokaler Keramik auch für die meist (noch) nicht erforschten 166 Kleinhausstätten und Einheitspueblos zutreffend sind, wo schließlich die meisten Bewohner des Chaco Canyon lebten, ist eine offene Frage.
In diesem Sinne ist auch festzustellen, dass die eventuell(?) nicht sehr großen natürlichen Ressourcen an gutem Töpferton und Holz für den echten Bedarf an Haushaltskeramik innerhalb des Chaco-Kerns durchaus ausreichend waren. Es musste also keine Verbindung zwischen den relativ geringen lokalen Ressourcen und der im scheinbaren Übermaß verbrauchten nichtlokalen Ritualkeramik konstruiert werden. Die Canyonbewohner hatten keinen großen Gebrauch an Ritualkeramik, sondern die Menschen in der weiteren Umgebung hatten einen hohen Bedarf an spiritueller Unterstützung durch die „im Chaco lebenden Geistkräfte“, die sie durch entsprechend große Gabenmengen erbaten.
Die ersten Töpfe im Chaco-Bereich waren einfach und grau. Sie wurden im Spiralwulstverfahren aus dicken Lehmrollen hergestellt. Abschließend wurden die Innen- und die Außenseiten des Gefäßes mit einem Objekt wie einer Kürbisschale oder einem kleinen Kiesel geglättet. Später erfolgten aufgemalte und auch plastische Dekorationen. Manchmal wurde auch das Gefäß selbst als Figur geformt. Die aufgemalten Verzierungen bestanden hauptsächlich aus geometrischen Mustern, figürliche Darstellungen waren seltener. Gebrauchsspuren belegen, dass die einfach gestaltete Keramik für den täglichen Gebrauch war und die mehr oder minder reich dekorierte nur für Ritualzwecke genutzt wurde.
Die Malfarben wurden im Chaco fast ausschließlich aus Mineralpulver hergestellt. Im Northern San Juan Gebiet verwendete man mehr Pflanzenfarben für Verzierungsarbeiten auf den Gefäßen, die auf Grund ihres Kohlenstoffanteiles dann besser für eine C14-Datierung (mit ±150 Jahren!) genutzt werden konnten. Die Farben wurden auf der polierten Gefäßoberfläche aufgetragen.
Der Black-on-White Stil der Tonwarendekors war ein Kennzeichen der Klassischen Chaco-Kultur. Auf einem weißen, kalkig aussehenden Tonüberzug (Slip) wurden schwarze, scharfgeschnittene Muster aufgetragen. Die Kanten der Gefäße waren meist unverziert.
Die Chaco-Tonwaren im eindeutigen Cibola Black-on-White Stil entstammen den Stätten im Süden und Westen, aber in den westlichen und nördlichen Bereichen gab es auch den Red-on-Black-Stil.
Ein wegen der Vergänglichkeit seiner Produkte naturgemäß unterrepräsentierter Handwerkszweig ist die Verarbeitung von Fasern unterschiedlichster Art mit Flecht- und Webverfahren. Sporadisch erhaltene einzelne Reste solcher Produkte sind nur unter Zurückhaltung zu verallgemeinern.
Die Anasazi-Kleidung war einfach und funktionell. Die meisten Kleidungsstücke wurden vor der Einführung der Baumwolle aus den südlichen Bereichen um 750 u.Z. aus den Fasern einheimischer Pflanzen, Haar und Fellstreifen gewebt und auch aus Tierhäuten/Fellen gefertigt. (Das Klima des Colorado-Plateaus bot den im Süden wachsenden und Fasern liefernden Pflanzen Baumwolle und Agave keinen geeigneten Lebensraum.)
Das Wesentliche war die Herstellung von Fäden oder – rein qualitativ – von Stricken nach einem trivialen Spinnverfahren. Diese wurden aus Yucca, später aus Baumwolle, aus menschlichem Haar, aus Sehnenfasern und gelegentlich auch aus Tierfell gemacht. Solche Schnüre wurden mit Fellen bzw. Fellstreifen von Tieren wie Präriehund, Bibern, Bären, Ratte, Maus, Kaninchen und Bergschaf verdreht/verzwirnt. Dieses Fellschnurwerk wurde dann verwebt, um Felldecken zu schaffen. Die nackten Faserschnüre wurden auch als Träger für aufzuhängende Keramik wie Flaschen und Samentöpfe, aber auch zum Aufhängen oder Anbinden von Federgeweben (Schnüre mit Truthuhnfedern) und Felldecken sowie zum Herstellen von Sandalenbändern und zum Umwickeln von Werkzeuggriffen genutzt.
Im Sommer trugen die Frauen nur eine kleine Schürze und die Männer einen Lendenschurz. Zum Schutz ihrer Füße trugen beide Sandalen. Erstere wurden normalerweise aus gewebten Pflanzenfasern hergestellt. Letztere wurden ebenso wie Seile, Matten und Körbe aus den groben, aber strapazierfähigen Yucca-Fasern geflochten oder gewebt. Im Winter nutzten die Anasazi Roben/Decken, die aus Tierhaut/Fellstreifen oder Truthuhnfedern gefertigt worden waren. Die Federn erhielten sie von ihren gehaltenen oder erjagten Truthühnern. Andere Kleidungsstücke waren Gürtel, Schärpen, Ledersocken, Jacken und Decken. Von den Baumwoll-„Exporteuren“ (Hohokam, Mogollon) übernahmen die Anasazi nicht nur rohe oder bereits zu Fäden versponnene Baumwolle oder gar Baumwollgewebe, sondern auch die mit der Baumwolle und ihren Fasern verbundene Spinn- und Webtechnik und -tradition und die Vorbilder für viele ihrer Stoffkleidungsstücke. Archäologische Beweise zeigen, dass der senkrechtstehende Webstuhl um 1000/1100 u.Z. eingeführt wurde. Der Zeitpunkt der Einführung des rückengespannten Streifenwebstuhls lag wahrscheinlich davor, ist aber archäologisch nicht belegbar.
Ab 1000 u.Z. begann auch die Kultivierung der Baumwolle im Rio Grande Valley. Webstühle sind in ausgegrabenen Kivas von prähistorischen Pueblos gefunden worden. Die Weberei im Pueblo wurde wahrscheinlich von Männern ausgeführt.
Die leichte Vergänglichkeit der textilen organischen Materialien ist das Kernproblem der archäologischen Nachweisfähigkeit. Textile Überreste sind immer eine Rarität und nur wenige Einzelprodukte mit einer fragwürdigen Verallgemeinerungsfähigkeit.
Für die Charakterisierung einer Kultur wird der Herstellung von Schmuck und schmückenden Beiwerk für Kleidung und Körper große Aufmerksamkeit geschenkt. Aber auch hier sind wegen der Vergänglichkeit viele Produkte naturgemäß unterrepräsentiert oder gar nicht vorhanden. Sporadisch erhaltene Reste organischer Produkte sind nur unter größter Zurückhaltung zu verallgemeinern bzw. zu interpretieren.
Schmuck entspringt immer einem spirituellen, die persönliche Energie förderndem Bedürfnis. Manchmal ist ein Schmuck auch nur für ein Ritual angefertigt worden und kann oder soll danach - zum Leidwesen der Forscher - vergehen. Das betrifft alle Formen der Körperschmückung und Frisurengestaltung. Belege dafür sind nur aus Felszeichnungen zu entnehmen. Für eine Beurteilung bleiben nur seltene Reste von Schmuckgegenständen oder –elementen aus organischem, schwerer zersetzbarem Material wie Knochen, Molluskenschalen, Haare und Federn oder Stücke aus anorganischen und/oder nichtverrottbaren Stoffen wie spezielle Steine und Minerale.
Die nur zeitweilig oder fallweise tätigen HandwerkerInnen der Chaco-Anasazi produzierten Schmuckgegenstände (immer unter Beachtung ihres spirituellen Charakters!) aus folgenden schwer- bis nichtvergänglichen Materialien her: Muschelschalen; Schneckengehäuse; Gips; Selenit; Chalcedon; Hämatit; Schiefer, Türkis; Lignit (Braunkohle); Jet (Pechkohle); schwarze und weiße Steine/Steinperlen; roter Argilitschiefer; starkfarbige Federn von Aras und Papageien und auch (?) Federn von einheimischen Vögeln (Truthuhn, Adler u.a.); Knochen; Holz (Stäbe, Platten); harte Fruchtschalen (z.B. Walnuss); Schilf; Farbmineralpulver. Diese Aufstellung ist bestimmt unvollständig, deutet aber die Breite des verwendeten Materialspektrums an. Diese Materialien wurden einzeln und/oder in Kombination mit anderen verarbeitet (z.B. Inkrustationen, Perlenschnüre).
Als Farbrohstoffe dienten Hämatit [rot], Limonit [Gelb], Azurit [Blau], Malachit [Grün] und Gips [weiß]. Die Farbminerale wurden in kleinen Steinmörsern pulverisiert und das Pulver mit Wasser oder Fett/Öl vermischt. Diese Farben dienten zur Dekorierung von Objekten und der menschlichen Körper. Solche Farben wurden auch verwendet, um bildhafte und/oder ornamentale Darstellungen auf verputzte Wände im Pueblo oder der Kiva oder auf Felsflächen (Piktograph) zu malen. Leider sind nur wenige dieser Wandmalereien erhalten geblieben.
Welche Schmuckstücke, Ritualgegenstände oder schmückenden Gegenstände wurden wie produziert? Mittels Abschlagen, Absplittern, Ausschneiden/Auskratzen, Gravieren, Abschleifen, Bohren und Polieren wurden unter anderem Armreifen, Anhänger, Perlen, Ketten auf Faserschnüren, Amulette an Schnuraufhängung oder für ein Behältnis/Beutel, Inkrustationen, Tierfiguren/Amulette, Aufnäher, Holzplatten/Platten, spezielle Steingefäße (Mörser), Stein- und Keramikpfeifen, Maldekor, plastische Gestalten (Einzelstücke, Anhänger) hergestellt. Das Erkennen einzelner Artefakte, z.B. die Reste einer mit Türkis inkrustierten Walnussschale oder gar deren Interpretation sind schwierig bis unmöglich. Dargestellte Figuren waren abstrakt oder orientierten sich formal an den Tieren der heimischen Fauna wie Antilopen, Dachse, Vögel, Rotwild, Hunde, Enten, Frösche und Schlangen. Einige Bildnisse waren stark stilisiert, aber Vogel- und Froschfiguren sind leicht zu identifizieren.
Die verwendeten Werkzeuge reichen von mehr oder minder rauen Sandsteinschleifplatten und -steinen unterschiedlicher Körnung über harte, zum Schneiden und Gravieren genutzte Stichel, Messer und Schaber bis Bohrer aus Feuerstein (für relativ große Löcher) und Kaktusnadeln, Stachelschweinstacheln und Knochensplitter (für sehr kleine Löcher in Perlen mit nur 2 mm Durchmesser).
Die freigelegten Reste von Schmuckgegenständen und deren Materialien zeugen von einer breiten Palette kreativer Aktivitäten und keiner Beschränkung auf den Türkis und die Perlenproduktion. Der Anteil der Spezialistentätigkeit am Gesamtumfang der Tätigkeiten zur Schmuckherstellung war trotz allem relativ gering, da die meisten Arbeiten im Fähigkeitsbereich der meisten Menschen, zumindest nach einer kurzen Anlernzeit, lagen.
Eine wichtige Form handwerklich-künstlerischen Schaffens war die sogenannte Felskunst, bei der graphische Darstellungen in die Oberfläche großer Steinblöcke und/oder Felswandflächen eingeritzt, eingepickert (Petroglyphen) oder aufgemalt (Piktogramme) wurden. Letztere sind wegen ihrer Erosionsempfindlichkeit selten und dann meist nur an geschützten Flächen erhalten. Viele Chaco-Petroglyphen sind geometrische Muster wie Spiralen, Irrgärten und Schraffuren. Es gibt einige Darstellungen von Strichfiguren oder stilisierten Menschen, Flötenspielern, Händen, Sandalen, Bergschafen, Vögeln und Insekten. Petroglyphen dienen der Kommunikation zwischen Menschen und zwischen Menschen und Geistwesen und haben für die Ausführenden einen hohen rituellen Stellenwert.
Von den Archäologen wird einem „ausgedehnten, intensiven Fernhandel“ der Chaco-Anasazi eine große gesellschaftliche Rolle zugeschrieben. Kernpunkte dabei sind die Exotika Aras/Papageien und Kupferschellen aus Mesoamerika und Molluskenschalen von der Pazifikküste und vom Golf von Kalifornien. Auch auf einen großen Anteil „eingehandelter“ Keramik wird immer wieder verwiesen. Zur Keramik als Handelsgut wurde bereits ausreichend geschrieben. Sie war ein schwierig zu transportierendes und überall herstellbares Gebrauchs-, Ritual- und Geschenkgut. Ihre Interpretation als Handelsgut ist abwegig. Wer sollte für so etwas „Geld“ oder andere Produkte hingeben? Über Muschelbezugswege wurde bereits bei der Beschreibung der „Großverbraucher“ im Hohokam- und im Paquime-Kulturbereich ausreichend vermutet. Von diesen Gebieten bis zum Chaco Canyon sind es 500 bzw. 650 km Entfernung, die für den Austausch von Muschelmaterial oder -schmuck gegen Türkis nicht unüberwindlich waren. Angesichts von 2.000 Stück freigelegten Muschelschalenschmucks ist aber bei einer Zuführung in den Chaco-Kernbereich von ca. 10 bis 20 Stück/Jahr trotz einer nicht einschätzbaren Dunkelziffer kaum von einem florierenden Tausch geschweige einem „Handel“ zu sprechen, bei dem die „Händler“ aus dem Süden nennenswerte Türkismengen hätten erwerben können. Und andere „Gegenleistungen“ waren wohl kaum interessant. Für den Erwerb der belegten Exotica von 36 Aras (aller 5 bis 6 Jahre ein Ara) und 50 Kupferschellen (aller 4 Jahre eine Schelle) reichte der Besuch eines Türkisinteressenten im Chaco Canyon alle 10 Jahre völlig aus. Damit sinkt auch dieser medial hochgespielte Handel auf das Niveau von einigen sporadischen Episoden ab.
Eine wesentlich bedeutendere, aber unspektakulärere Rolle ist einem lokalen oder regionalen Austausch von begrenzt vorkommenden Steinmaterialien wie dem Erwerb qualitativ hochwertigen Feuersteins für Steinwerkzeuge, Pfeilspitzen, Messer und Schaber aus den dem Chaco Canyon umliegenden Regionen zuzuschreiben. Diese umfassen den Brushy Becken Feuerstein aus dem nordwestlichen San Juan Becken, den Narbona Pass [früher Washington Pass] Feuerstein aus den Chuska Mountains und den gefleckten Zuni-Feuerstein aus den Zuni Mountains. Obsidian, ein vulkanisches Glas, wurde u.a. aus den Jemez Mountains im Osten des Chaco und dem Mount Taylor im Süden herangebracht. Ein weiterer, aber wahrscheinlich nur bescheidener Tausch wäre der Erwerb von Baumwolle und Baumwollprodukten und von exotischen Federn gegen Türkis, aber hier ist eine Beweisbarkeit auf Grund der Vergänglichkeit des Materials kaum zu erwarten. Dies betrifft auch einen möglichen interaktiven Austausch anderer vergänglicher Materialien/Produkte. Der lokale periodische und/spontane Tauschhandel (Interaktionen!) gab den beteiligten Menschen auch die Möglichkeit, Informationen auszutauschen.
Fazit: Es gab im Südwesten ausreichend Informationen über spirituell als sehr wirksam eingeschätzte Gegenstände/Materialien und die Möglichkeit, solche für den eigenen Bedarf zu erwerben. Diese Möglichkeiten zur Befriedigung spiritueller Bedürfnisse wurden fallweise durch unterschiedliche Personengruppen auf der Basis des gebrauchswertgleichen Tausches auch genutzt. Diese ist aber keinesfalls in den Rang eines ständigen, blühenden, umfangreichen Handels – gar im kommerziellen Sinn – zu sehen, dessen Verlust nach Meinung einiger Wissenschaftler sogar zum Zusammenbruch der Kultur der Chaco-Anasazi geführt haben sollte. Der Chaco Canyon als das große und reiche Handelszentrum im Südwesten ist eine akademische Fiktion.