Читать книгу Die Pueblo-Kulturen - Werner-Wolf Turski - Страница 20
Оглавление4.2.7.1. Grubenhäuser, Einheitspueblos, Kleinhäuser, Großhäuser
Die Grubenhäuser sind die ersten „ortsfesten“ Bauten nach den nomadischen Windschirmen und Höhlennutzungen. Ihre Nutzung erfolgte im Anasazi-Gebiet ungefähr ab 500 u.Z. in Abhängigkeit von den Formen der Subsistenzwirtschaft sowohl saisonal, aber auch ganzjährig. Das Grubenhaus selbst war noch kein Anzeichen für einen nennenswerten Bodenbau. Der Bau der Grubenhäuser begann in der Übergangsphase von der aneignenden Jagd-Sammelwirtschaft zum stärker betriebenen produzierenden Bodenbau und der damit verbundenen zunehmenden Sesshaftigkeit, bei der die Anasazi auch mehrere Jahre an einem günstigen Ort verblieben. Ein Teil der Niederlassungen wurde zu permanent bewohnten Standorten ausgebaut. Grubenhäuser wurden aber auch noch zeitgleich mit den übertägigen Pueblobauten genutzt.
Ihr Grundriss reichte von der ursprünglichen annähernd runden Form (bis 700 u.Z.) bis zu den späteren quadratischen, rechteckigen und auch D-förmigen Gestaltungen. Größe, Form und Ausstattung veränderten sich über die Zeit. Die Durchmesser der runden Gruben variierten zwischen 2,7 bis 7,6 m. Die anfangs noch sehr flachen Gruben (in diesen frühen Bauten konnte man kaum senkrecht stehen) wurden mit der Zeit tiefer ausgehoben - 0,9 bis 1,5 m, selten tiefer. Oft wurden die Seiten der Grube mit Lehm verputzt oder mit Stein ausgelegt – entweder wurden entlang der senkrechten Innenseiten große Steinplatten in den Boden gesteckt oder Reihen von kleineren Steinen wurden entlang der Innenseite der Grubenhauswände ausgelegt.
Normalerweise wurden in der Grube vier Pfosten senkrecht aufgestellt und an den oberen Enden mit vier waagerechten Trägern verbunden. Darauf wurden quer über die Grube die Deckenträger aufgelegt. Die Außenseite des Grubenhauses wurde mit Zweigen, Laub und Gras oder einer Schicht Baumrinde bedeckt. Abschließend wurde auf die Außenseite als Schutz gegen Wind und Wetter eine Schlammschicht aufgebracht. In der Grube befand sich eine zentrale Feuerstelle für Heiz- und Kochzwecke. Seitenöffnungen und ein Loch im Dach sorgten für Frischluftzufuhr und gaben dem Rauch die Möglichkeit zum Entweichen. Ein einzelnes Grubenhaus hatte eine Lebensdauer von maximal 15 Jahren.
Diese frühen Anasazi-Wohnstätten waren - nach heutigen Maßstäben - eng, schlecht riechend, roh, dunkel, verräuchert und speziell in der Winterzeit meist kalt, aber wahrscheinlich wesentlich besser als die Höhlen und zeitweiligen Unterkünfte, an die die Nomaden bis dahin gewöhnt waren. An Stellen, wo Boden und Wasser quantitativ und qualitativ ausreichend für den Anbau von Nutzpflanzen waren, erbauten eine Anzahl von Anasazi-Familien mehrere Grubenhäuser und schufen eine kleine Gemeinde, oft in mittelbarer oder unmittelbarer Nähe zu den Anbauflächen.
Im Laufe der Zeit veränderte sich die Innenausstattung der Grubenhäuser. Um die Luftqualität zu verbessern, wurde ein Deflektor – ein Windschirm – zwischen Feuer und dem in das Grubenhaus einströmenden Luftzug errichtet, was einen besseren Rauchabzug gewährleistete und auch zu einer ruhigeren und effektiveren Feuergestaltung führte. Eine weitere Ausgestaltung erfuhr die Wohn-/Schlafstätte durch die Abtrennung von Raumflächen für die Lagerung von Vorräten und Gegenständen oder zur Gestaltung eines Eingangsbereiches. Dazu wurden mit Steinplatten ausgekleidete Kistenräume innerhalb (und auch außerhalb) des Grubenbereiches und abtrennende Wände im Grubenhaus gebaut. Durch den Bau von niedrigen Seitenwänden (Flügeln) aus Holzpfosten und lehmverkleidetem Strauchwerk wurde der Innenraum unterteilt.
Die Lage des Grubenhauses war im Allgemeinen nach der Nord-Süd-Richtung orientiert, die durch die Örtlichkeit des Eingangs, der Sipapu (Erdvagina) und der Nische(n) definiert ist.
Die Innenausstattung des Grubenhauses umfasst
-eine mit Ton ausgekleidete Feuergrube mit einem Steindeflektor zwischen der Feuergrube
und dem Eingangsweg, der das Feuer vor dem Luftzug schützt
-Mauerflügel zwischen den Stützen und der Wand schaffen Abteilungen
-ein kleines rundes Loch im Boden repräsentiert den Eingang in die spirituelle Welt bzw.
den Ausgang aus dieser Welt (Erdvagina/Sipapu bei den Hopi)
-der Boden ist mit geglättetem Lehmverputz überzogen/gepflastert
-Stein-Vorratskisten, innerhalb und außerhalb des Grubenhauses
Die Herstellung von raumerhöhenden vertikalen Jacal-Wänden beim Grubenhaus stellt technologisch den Übergang vom Grubenhaus zum übertägigen Bau dar. Die Baumethode, bei der Wände aus Pfosten, Pfählen und Zweigwerk mit Lehmschlamm verkleidet wurden, bezeichneten die Archäologen als Jacal (Flechtwerk mit Lehmverputz, mit Holz verstärkte Adobewand) oder auch als „wattle and daub“.
Ab 700/750 u.Z. begannen die Anasazi verstärkt übertägige Bauwerke aus Schlamm (Jacal oder Adobe) und/oder Steinen zu errichten. Das Bodenniveau der Grubenhäuser erhöhte sich allmählich – wahrscheinlich im gleichen Maße, wie die Höhe der Seitenwände wuchs. Selbst viele gemauerte Bauwerke hatten anfangs noch einen eingesenkten Fußboden.
Der Bauwerkstil der Anasazi variierte im Laufe der Zeit und über das Territorium in Abhängigkeit von den vorhandenen und verwendeten Materialien, der Dringlichkeit des Bauvorhabens und der Fähigkeiten der ErbauerInnen. Als die Anasazi begannen, nicht eingetiefte Bauwerke zu errichten, arbeiteten sie mit der Jacal-Technologie, bevor sie die Steinmauertechnologie verwendeten. Beide Methoden wurden aber auch zeitgleich benutzt. Dies leitete sich ganz natürlich aus dem Grubenhausbau ab, wo sie die Freiräume zwischen einzelnen Holzstangen oder Holzpfeilern mit Schlamm versetzt hatten, um Wände zu gestalten.
Als sich die Jacal-Technologie weiterentwickelte, wurden Steinplatten entlang der Basis platziert und an der Außenseite wurden Steinschichten nach oben gelegt. Der Schritt, die Mauern komplett aus Stein zu errichten, war dann nur eine logische Schlussfolgerung.
Auch hierbei gab es eine einfache Mauerwerksvariante, bei der die Breite der gemauerten Wände annähernd der Breite der verwendeten Steinplatten (sogenannte Eine-Platte-breit-Wände) entsprach. Die entwickeltere Variante war die Kern/Furnier-Mauer, bei der die Außenseiten der zu errichtenden Mauern aus geformten Steinen (Blöcke und/oder Platten) möglichst gut gefugt übereinander gesetzt wurden und der Mauerkern zwischen den Außenseiten mit Adobe und Gesteinsschutt ausgefüllt wurde. Die handwerkliche Qualität drückte sich in möglichst schmalen Fugen zwischen den Steinlagen aus. Je schmaler die Fugen, desto geringer ist der Verwitterungseinfluss auf den Adobemörtel und der nötige Instandhaltungsaufwand für die Mauern. Die Verringerung der Fugenräume erhöhte auch die Tragfähigkeit dieser Mauern, indem die Berührungsfläche und damit auch die unmittelbar tragende Fläche zwischen den Steinplatten größer wurde. Teilweise wurden in die Fugen noch kleine Gesteinssplitter eingedrückt, sowohl zur Verbesserung der Mauerstabilität/Tragfähigkeit als auch zur Fugenveringerung.
Ästhetische Fähigkeiten der Steinsetzerinnen (Die Männer schafften das Material vor Ort und die Weiber errichteten das Mauerwerk.) drückten sich in der Gestaltung von zum Teil sogar farbig abgesetzten Steinbändern im Mauerwerk aus. Inwieweit eine ästhetische Wirkung entsprechender künstlerischer Steinsetzungen auf die Menschen zum Tragen kam, ist eine offene Frage, weil für viele Wände ein teilweise sogar mit Malereien bedeckter Lehmverputz festgestellt wurde. Ob die witterungsbelasteten und verwitterungsempfindlichen Pueblo-Außenwände verputzt worden waren und wenn ja, wie lange dieser Verputz haften blieb, ist archäologisch nicht zu beantworten. Bei vieletagigen Außenwänden ist eine Verputzinstandsetzung ohne Gerüstbau nur mit Stammleitern oder einem Balkonlaufsteg schwierig. Über einen Gerüstbau zur Verputzinstandhaltung bei mehretagigen Pueblo(außen)wänden ist jedoch nichts bekannt. Deshalb werden sich Putz und ggf. aufgetragene Bemalungen, Muster, Handabdrücke oder Flächenfärbungen (Weißen/Tünchen mit Gips und/oder Kalk) eventuell nur auf ein- und zweietagige Wände und Innenwände beschränkt haben. Der Verputz half, den Schlammmörtel in den Mauersteinfugen vor Regen zu schützen und verminderte damit den Instandhaltungsaufwand, weil es leichter ist, abgefallenen und/oder verwitterten Schlammverputz zu erneuern als die Mörtelfugen der Wände zu reparieren/neu zu verschmieren. Dabei wären aber die von den Archäologen bewunderten Musterungen der Steinsetzungen überdeckt worden. Aber wir brauchen nicht darüber zu spekulieren, ob sich für die Anasazi die spirituelle Wirkung einer auf dem Verputz aufgebrachten Malerei durch das überdeckte ästhetische Mauerwerksbild darunter noch steigerte.
Unabhängig von lokalen Stilvarianten gab es bei dem Kern/Furnier- oder Verkleidungsmauerwerk und beim normalen Mauerwerk fünf Grundtypen, die im Chaco Canyon und auch bei den Außenstellen anzutreffen waren.
Die ältesten Wände, meist als der Typ I bezeichnet, bestanden aus Sandsteinplatten, zwei davon lagen jeweils Seite an Seite in einer Lage und wurden durch einen Schlamm-Sand-Mörtel miteinander verbunden. Die Typ I - Wände erforderten einen höheren Instandhaltungsaufwand als die späteren Mauer-Typen, weil die Schlammfugen größer waren und der Mörtelverlust infolge der Witterungseinflüsse durch regelmäßige Reparaturen der Wandaußenseite zur Erhaltung deren Stabilität öfter ersetzt werden musste.
Die zweite Mauerwerksart, der sogenannte Typ II, nutzte mit der Hand behauene/geformte Sandsteinblöcke mit Zwischenschichten aus dünnen Sandsteintafeln, mit denen die größeren Freiräume zwischen den großen Blöcken ausgefüllt wurden.
Das Mauerwerk vom Typ III ist der Kern/Furnier-Bau (core-and-veneer structure), der aus einem Kern von rohen, ungeformten Steinen und Geröll besteht, die schichtweise in den Adobemörtel gelegt wurden. Dieser Kern wurde auf beiden Seiten der sichtbaren Wand mit sorgfältig geformten Steinen furnierartig verkleidet, die beim Typ III normalerweise als dickere Reihen von Sandsteinblöcken mit Reihen aus eingefügten dünneren Sandsteinen bestanden.
Die vierte Mauerart, der sogenannte Typ IV, war auch ein Kern/Furnier-Bau, aber die verkleidende Schicht bestand bei diesem Typ aus Sandsteintafeln von gleichförmiger Dicke in jeder Reihe. Die Genauigkeit und Gleichmäßigkeit von Wandkanten und Türecken, speziell im Pueblo Bonito (obwohl dies in unterschiedlichen Graden überall im Chaco anzutreffen ist), ist eine qualitative Spitzenleistung ihrer Erbauerinnen.
Die fünfte Mauerwerksart ist der „McElmo“-Typ oder auch Typ V, der auch im Chaco Canyon auftritt und typologische Verbindungen mit dem Mauerwerksstil von Mesa Verde aufweist.
Im Chaco Canyon wurde das Steinmaterial für die Mauerwerkstypen I bis IV, ein relativ fester und dichter , plattiger dunkler Sandstein, von den Vorkommen an der Oberseite der Mesas gebrochen, der spätere McElmo-Typ wurde hauptsächlich aus dem weicheren, blockigeren, hellen Sandstein aus den Vorkommen vom Fuß der Mesa-Kliffs errichtet. Damit wurde auch der Transportaufwand für die Beschaffung dieses Baumaterials gegenüber den früheren Bauten verringert.
Sowohl die Stein- als auch die Jacal-Bauten wurden mit Dächern versehen, die ähnlich dem des Grubenhauses aus starken Stämmen, einem Gitterwerk aus dünnen Stämmen sowie Ast- und Zweigwerk bestand, das letztendlich mit einer Schicht Schlamm abgedeckt wurde. Die Dachflächen oder die Fußböden der oberen Etagen waren aber im Gegensatz zu der geneigten Abdeckung des Grubenhauses jetzt horizontal gelagert. Der grundsätzliche Dach-/Decken-/Fußbodenaufbau – schwere eingemauerte Trägerstämme über die kürzere Strecke der Raumausdehnung, leichtere, senkrecht zum Hauptträger und dicht gelegte dünne Hölzer, feineres Zweigwerk, ggf. Rindenplatten und die abschließende geglättete Adobeschicht – war mit einigen kleineren Variationen betreffs des verfügbaren und/oder bevorzugten Materials überall bei den Pueblobauten im Südwesten gleich. In einigen Fällen konnte nachgewiesen werden, dass die geglättete Adobeschicht noch mit einer dünnen Lage feinen Sandes abgedeckt wurde. Vielleicht war auch der Ton in der Adobeschicht nur ausgewaschen worden und der Sandanteil auf der horizontalen Fläche verblieben. Oder er war später aufgeweht worden?
Die Eingänge waren im Allgemeinen schmal und relativ niedrig, auch unter Beachtung der vergleichsweise geringen Körpergröße der Anasazi. Es gab rechteckige und auch unterschiedliche T-förmige Türöffnungen. Für die T-förmigen Ein- oder Ausgänge, die, wenn auch nicht flächendeckend, im ganzen Südwesten anzutreffen sind, gibt es von Seiten der Archäologen eine Reihe sachlicher Begründungen. Die verbreitetste ist die mögliche Einschränkung der Luftzirkulation (Verhinderung des Verdrängens von Warmluft durch unten einfließende Kaltluft im Winter). Auch die defensive Rolle solcher Öffnungen wird oft hervorgehoben. Trotzdem ist einer solchermaßen gestalteten Öffnung auch ein bestimmter spiritueller Charakter nicht abzusprechen, da sie auch in Räumen (Kivas) zum Einsatz kamen, wo die sachlichen Gründe nicht stichhaltig sind. Auch kleine Fensteröffnungen und die Rückenöffnung von Figurengefäßen waren T-förmig.
Die logischen Folgebauten nach den Grubenhäusen waren kleine übertägige Bauten, deren Mauerwerk relativ einfach und mit geringem Arbeitsaufwand zu errichten war. Ein funktionell dem Grubenhaus entsprechender Oberflächenbau erforderte wahrscheinlich keinen nennenswert größeren Arbeitsaufwand für seine Errichtung, bot aber die technologischen Vorteile der Anfügung von Erweiterungsbauten, verbunden mit größeren und qualitativ besseren Vorratslagerräumen. Die über lange Zeit zeitgleiche Nutzung von Grubenhäusern und kleinen Oberflächenbauten auch am gleichen Ort lässt aber nur auf relativ geringe qualitative Vorteile entsprechend den Ansprüchen und Gewohnheiten ihrer Erbauer und Bewohner schließen. Erst die Erwirtschaftung größerer Nahrungsmittelmengen und die daraus entspringenden Notwendigkeiten für größere und qualitativ bessere Lager- und Vorratsräume initiierte größere Oberflächenbauten, die entsprechend den Möglichen und Bedürfnissen qualitativ besser ausgeführt wurden und ausgeführt werden mussten (u.a. höhere Anforderungen durch die Mehretagigkeit des Raumkomplexes an Fundamente und Mauerfestigkeit). Das Grubenhaus wurde - ausgehend von seinen ursprünglichen Aufgaben - funktionell marginalisiert. Gleichzeitig glitt es aber, aus seiner Ursprünglichkeit heraus, in eine zunehmend spirituell getragene Funktion als Ritualraum. Dieser Ritualraum wurde aber dann entsprechend den neuen technisch-technologischen Baumöglichkeiten und auch den aktuellen spirituellen Bedürfnissen neu gestaltet - die Kiva entstand und erhielt sich mit Veränderungen bis in die Gegenwart.
Die übertägigen Räume waren gewöhnlich in einer Doppelreihe in I-, L oder F-Form konfiguriert. Sie waren oft aus Jacal oder horizontal ausgerichtetem Mauerwerk erbaut. Die (südliche) Frontreihe der Räume wurde generell für Wohnzwecke genutzt, während die rückwärtige (nördliche) Reihe der Vorratslagerung überlassen blieb. Südlich der Raumreihe, meist auf einer Plaza-Fläche, lag ein halbunterirdischer, meist runder Raum oder die Kiva.
Bereits kleine Pueblos, sogenannte „Einheitspueblos“ oder „Puebloeinheiten“ (unit pueblo) hatten eine oder mehrere Kivas. Die Übergänge vom Grubenhaus zum kleinen übertägigen Bauwerk (später Pueblo genannt) über die sogenannten Kleinhäuser zu den letztendlichen Großhäusern sind zeitlich und territorial fließend und differenziert. Diese Aussage gilt auch für den funktionellen und baulichen Wandel vom Grubenhaus zum meist halbunterirdischen runden oder rechteckigen Ritualraum, der Kiva.
Der Übergang von den kleinen Pueblos/„Einheitspueblos“ zu den „Kleinhäusern“, die einzeln oder in kleinen Gruppen auftraten, ist ebenfalls fließend und entbehrt dazu noch eindeutiger und allgemein anerkannter archäologischer Abgrenzungskriterien. Ein sicher viele Fälle befriedigendes Kriterium ist die Anzahl der Räume eines Pueblobauwerks. Für die kleinen Pueblostätten wird als Obergrenze eine Anzahl von 20 Räumen angegeben, für die Kleinhäuser gilt als Obergrenze die Anzahl von 50 Räumen. Großhäuser haben mehr als 50 Räume. Das Großhaus New Alto auf der Nord-Mesa des Chaco Canyon hatte 58 Räume und eine Kiva, das Kleinhaus Bc51 bei Casa Rinconada hatte weit über 50 Räume und sechs Kivas. Dieses Beispiel soll nur die Mängel solcher Einzelkriterien bei der Einordnung archäologischer Stätten belegen. Bis zur definierten Kategorie „Kleinhaus“ wurden die Stätten noch als normale Wohnsiedlung mit beigeordneten Ritualräumen angesehen.
Ein Bau bzw. Ausbau eines Einheitspueblos oder eines Kleinhauses zu einem Gebäude der Kategorie „Großhaus“/„Geisterhaus“ war immer eine sogenannte öffentliche, überkommunalen Zwecken dienende Aktivität. Ein solches Bauwerk hatte nur eine - gemessen an der Raumzahl des Gebäudes - geringe permanente Bewohnerzahl. Kleinhäuser und Großhäuser existierten zeitgleich nebeneinender, auch im Chaco Canyon. Die meist einetagigen Kleinhäuser im Bereich des Chaco Canyon hatten im Durchschnitt 16 Räume/Kleinhaus (5 bis 50 Räume/Niederlassung), die nach Bedarf erweitert worden waren, an offenen Plazas lagen und nach Südosten orientiert waren. Die Räume waren aus einfachem, relativ grobem Verbundmauerwerk mit relativ niedrigen Decken errichtet. Sie hatten nur normale Kivas und keine Großkiva, aber die Großkivas waren mit einer Anzahl von Kleinhausstätten verbunden. Auf eine normale Kiva kamen im Durchschnitt 6,5 Räume.
Die Pueblobauten waren eine Ansammlung/Anhäufung von Raumelementen, deren Grundfläche meist zwischen 10 bis maximal 15 m², oft auch unter 10 m², aber selten über 15 m² lag. Die Raumelemente wurden nach Bedarf und Zweckmäßigkeit neben- oder hintereinander und bei entsprechender Vorplanung und Ausführung (Fundamente, starke Erdgeschossmauern u.ä.) auch übereinander gebaut. Jeder Anbau ersparte im Vergleich zu einem Einzelbau die Errichtung wenigstens einer Wand und die dadurch entstandenen Innenwände/-räume hatten einen besseren Schutz gegen die Witterung/Verwitterung.
Die Raumzellen wurden nicht willkürlich in die Landschaft gestellt, sondern nach einer bewussten Orientierung. Die grundsätzliche Orientierung war eine energetische. Die Forder- und Zutrittsfront war nach Süden oder Südosten gewandt, um speziell in der Winterzeit maximal die wärmespendende Sonneneinstrahlung für das Hausklima zu nutzen. Diese Orientierung lässt sich natürlich auch spirituell begründen. Die Fläche vor der Vorderfront wurde für gesellschaftliche Aktivitäten offen gelassen. Bei Bedarf wurden in diese Fläche, die von den Archäologen als Hof (court; meist klein) oder Platz (plaza; meist groß) entsprechend ihrer Flächengröße und möglichen Abgrenzung bezeichnet wurde, auch ein spezieller Ritualraum (= Kiva) eingebaut. Die Plaza- oder Hoffläche wurde oft durch Seitenflügel des Pueblos teilweise umbaut, manchmal auch durch Raumzeilen (z.B. Chetro Ketl, Pueblo del Arroyo) oder abschnittsweise mit Mauern völlig umschlossen. Auch wenn sich dem europäischen Blick eine solche Bauanlage als Befestigung oder Burg vermittelt, so gilt höchstwahrscheinlich die nicht zu verleugnende Defensivwirkung in erster Linie natürlichen und spirituellen Kräften und primär kaum einem menschlichen Feind aus dem prähistorischen Südwesten.
Die Standortwahl für kleine Pueblos und Kleinhäuser richtete sich nach sachlichen Kriterien wie der Nähe zu den Bodenbauflächen, zu Wasserstellen und zu guten Sichtpunkten. Spirituell initiierte Gebäudeausrichtungen und Standortbestimmungen können bei den kleinen Pueblos und Kleinhäusern eine Rolle gespielt haben, sind aber nur schwer nachweisbar bzw. kaum erforscht. Bei der Anlage der überkommunalen Großhäuser und deren Standortwahl spielten spirituelle Aspekte eine sehr wichtige Rolle, zu letzteren muss man auch die Kommunikationsfähigkeit mit irdischen und spirituellen Kräften zählen. Die Großhäuser im Chaco Canyon waren nach astronomischen Ereignissen (spezielle Mondstände, Sonnenwenden, Tagundnachtgleichen) und den Haupthimmelsrichtungen ausgerichtet sowie zur Belegung von Sichtachsen lokalisiert worden. Bei einigen Großhäusern konnten Marken für bestimmte astronomische Ereignisse erkannt werden. Das kommunikative Potenzial der Sichtachsen initiierte mit hoher Wahrscheinlichkeit die in ihrer Geradlinigkeit auf diese Sichtachsen verweisenden Chaco-Straßen, die ja auch Verbindungen zu wichtigen Orten wie z.B. Pueblos, Ressourcen und Wasserstellen darstellten. In diesem Kontext sind sicher auch die entlang einiger bewiesener und/oder vermuteter prähistorischer Straßen belegten Signalstationen (Feuer, Rauch, Reflexionslicht) zu sehen. Dass dann diese ideell-spirituell initiierten und markierten Kommunikationslinien auch für profane Zwecke genutzt wurden, ist mehr als wahrscheinlich.
Den Großhäusern werden oft bestimmte Kriterien für ihre Charakterisierung zugewiesen. Sehr oft muss man aber bei jedem Kriterium auf die Ausnahmen verweisen, die die Allgemeingültigkeit dieses Kennzeichens wieder in Frage stellen. Zur Raumanzahl wurden schon einige Bemerkungen gemacht. Die Großhäuser des Chaco Canyon hatten im Durchschnitt ca. 220 Räume/Großhaus bei einer Schwankungsbreite von 50/60 bis 600/800 Räume/Bauwerk.
Dem Großhaus wurde ein geplantes Layout bzw. eine traditionell gewachsene architektonisch formale Konfiguration zugewiesen. Bevor der Wandbau begann, wurde das zum Zeitpunkt des Baubeginns beabsichtigte Layout der Bauwerksgrundrissstruktur durch den Bau der Fundamente bestimmt. Dieses Bauwerk wurde dann nach bekannten und offensichtlich praktisch bewährten Gestaltungsprinzipien schrittweise erweitert. Wenn Zusätze zum Originalplan während des Baus gemacht wurden, wurden Fundamente hinzugefügt, während ein weglassendes Abweichen vom Plan ungenutzte Fundamente zurückließ (z.B. bei Pueblo Bonito nachgewiesen). Die Fundamente, bestehend aus Lehmmörtel mit eingesetztem Gesteinsschutt/Geröll, sollten eine ungleichmäßige Setzung der Wände verhindern und die Stabilität gewährleisten. (Wer mehretagig bauen will, muss z.B. entsprechende Mauerfundamente und auch starke Mauern im Erdgeschossbereich haben. Das muss man also von Anfang an einplanen.)
Man darf aber die Entwicklungsprinzipien für Bauwerksgrundrisse und deren Variation und Ausgestaltung über lange Zeiträume nicht mit einem Bauplan eines modernen Bauwerks gleichsetzen. Kein Mensch kann ernsthaft behaupten, dass die um 1130 u.Z. erreichte Bauwerkskonfiguration von Pueblo Bonito oder Una Vida bereits beim Errichten der ersten Mauern des später als Ursprungsbau des Großhauses bezeichneten Pueblos „geplant“ in den Köpfen der damaligen Menschen vorlag und als solche weitergegeben wurde. Ein geplantes Layout des Baues als kennzeichnendes Merkmal des späteren Großhauses zu bezeichnen hieße aber, jeder anderen Bautätigkeit einen Plan oder einen durch die Tradition getragenes und bewährtes Gestaltungsprinzip abzusprechen, was wiederum absolut unzutreffend ist.
Dem Großhaus wird ein mehretagiger Baukörper als Kennzeichen zugewiesen, das Großhaus Pueblo Alto auf der Nordmesa des Chaco Canyon war aber nur einetagig. Weitere Kennzeichen sind (oft, aber nicht immer) umbaute Plazas oder Hofräume, die ganz plausibel eine Südausrichtung haben sollten, aber wenigstens drei Großhäuser hatten eine sicher nicht unbegründete Ausrichtung nach Ost und Südost. Es gibt aber speziell aus der McElmo-Zeit Großhäuserblöcke ohne erkennbare Plaza. Ähnlich verläuft es mit dem Vorhandensein von Kivas und/oder Großkivas. Aber selbst bei kleinen Häusern gibt es Kivas. Und Großkivas sind auch nicht bei jedem Großhaus - nur bei neun - anzutreffen.
Das Verhältnis Raum/Kiva betrug in den Großhäusern des Chaco Canyon bei Kivas mit einem Durchmesser <10 m im Mittel 29 Räume/Kiva. Das qualitativ hochwertige Mauerwerk (speziell der Kern/Furnier-Mauerwerktyp) wurde sicher mit großer Berechtigung als Kennzeichen des Großhauses bestimmt. Die Anasazi bauten das Mauerwerk so gut, wie es ihnen für den konkreten Zweck notwendig erschien. Nach den Maßstäben des Nutzers ist jedes Mauerwerk gut, dass seinen Zweck bezüglich Standsicherheit und möglichst geringem Instandhaltungsaufwand erfüllt. Dabei ist natürlich immer der erhöhte Aufwand für die Herstellung eines wenig verwitternden Mauerwerks zum geringeren Instandhaltungsaufwand gegenzurechnen bzw. gegengerechnet worden. Die Minimierung des Instandhaltungsaufwandes ist vor allem bei einer geringen verfügbaren oder nur saisonal verfügbaren personengebundenen Instandhaltungskapazität im Chaco Canyon zu beachten. Die Qualität eines Mauerwerks hing aber auch mit vom greifbaren Steinmaterial ab. Die Pueblobauten waren keine für die „Ewigkeit“ gedachten Bauten einer Machtdemonstration, wie sie bei den staatsbildenden historischen Völkern auftreten - es galten andere Maßstäbe. Und auf die Rolle des ästhetischen Aussehens einer Steinsetzung unter dem nachfolgenden Verputz, die teilweise auch als ein Großhauskriterium bezeichnet wurde, wurde bereits hingewiesen.
In einem Teil der Großhausräume wurden aus dünnen Holzstämmen quer über die Schmalseite des Raumes ca. in halber Raumhöhe mit einer Tiefe von 1,2 bis 1,5 m sogenannte „raumbreite“ Plattformen eingebaut. Sie wurden auf Grund ihrer eingeschränkten Zugänglichkeit als Regale oder Ablageflächen zur Erhöhung der Lagerkapazität, aber auch als Schlafstätten interpretiert. Es gibt keine überzeugenden archäologischen Beweise bezüglich ihrer Verwendung.
Beim Großhausbau wurden mindestens vier Arten von Raumeingängen gestaltet:
kleine Türen mit hohen Schwellen,
große Türen mit niedrigen Schwellen
Eingänge in Raumecken (ungewöhnlich; nur 7 Stück in Bonito bekannt)
und T-förmige Türen.
Die verbreitetste Art ist die kleine Tür mit einer hohen Schwelle und die „eleganteste“ ist die T-förmige Tür. Obwohl die Bedeutung der T-Form nicht klar ist, scheint ihre Platzierung auf spezielle Standorte in den Gebäuden beschränkt gewesen zu sein. Sie führen normalerweise auf die Plaza oder auf Balkone und/oder Terrassen hinaus. Die Eingänge mit einer erhöhten Schwelle waren 0,9 bis 1,2 m hoch und 0,6 bis 0,9 m breit. Die Eingänge und Fenstereröffnungen sind in sehr sorgfältig gefertigtem Mauerwerk mit Steinplattenhalterungen und hölzernen Sturzträgern ausgeführt.
Die Großhaus- und die Kivabauten im Chaco Canyon weisen die besten Mauerwerksqualitäten der Anasazi auf. Die Mauerwerksqualitäten von Mesa Verde sind – medial bedingt - die bekanntesten. Das Steinmauerwerk von Kayenta ist gut, aber weniger sorgfältig als im Chaco Canyon oder im Mesa Verde Bereich ausgeführt.