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3. Darstellung der Gottesbeweise

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Unter den genannten Gesichtspunkten macht sich Thomas nun daran, das Dasein Gottes zu erweisen. Das geschieht vor allem im 3. Artikel der 2. Quaestio des I. Teiles der „Summa theologiae“. Verwandte Ausführungen finden sich im 13. Kapitel des I. Buches der „Summa contra gentiles“ sowie in einigen anderen Werken des Thomas. In der „Summa theologiae“ gibt Thomas fünf Wege zu einem Erweis des Daseins Gottes an.

Der erste Beweis geht auf Aristoteles zurück. Er setzt bei der Tatsache der Bewegung ein. „Denn es ist gewiß und steht durch die Sinnlichkeit fest, daß etwas in dieser Welt bewegt wird“. Dabei wird Bewegung in einem weiten Sinne verstanden, nämlich als „etwas von der Möglichkeit in die Wirklichkeit überführen“. Thomas argumentiert nun weiter: „Alles aber, was bewegt wird, wird von einem anderen bewegt“, weil „etwas aus der Möglichkeit nicht in die Wirklichkeit übergeführt werden kann, außer durch ein in Wirklichkeit Seiendes“. Dieses aber muß „von einem anderen bewegt werden, und dieses (wiederum) von einem anderen“. Nun fügt Thomas den entscheidenden Zwischengedanken ein. „Hier aber gibt es kein Vorgehen ins Unendliche; denn dann gäbe es kein erstes Bewegendes und folglich auch nicht etwas, das anderes bewegt, da die zweiten Bewegenden nur dadurch bewegen, daß sie von einem ersten Bewegenden bewegt sind … Also ist es notwendig, zu irgendeinem ersten Bewegenden zu gelangen, das von keinem bewegt wird.“ Thomas schließt: „Darunter verstehen alle Gott.“

Der zweite Beweis, der ebenfalls auf Aristoteles zurückgeht, vollzieht sich ähnlich wie der erste. Er setzt bei dem Faktum der „wirkenden Ursache“ ein. „Wir finden nämlich, daß es im Sinnlichen eine Ordnung der wirkenden Ursachen gibt.“ Thomas fährt fort: Es „ist nicht möglich, daß etwas die wirkende Ursache seiner selbst sei; denn dann wäre es ursprünglicher als es selbst, was unmöglich ist“. Nun kommt wieder der entscheidende Zwischengedanke. „Es ist aber nicht möglich, daß man in den wirkenden Ursachen ins Unendliche vorgehe. Denn bei allen geordneten wirkenden Ursachen ist das Erste die Ursache des Mittleren, und das Mittlere ist die Ursache des Letzten … Nimmt man aber die Ursache weg, dann wird auch die Wirkung weggenommen; wenn es also kein Erstes unter den wirkenden Ursachen gäbe, wird es auch kein Letztes und kein Mittleres geben.“ Thomas schließt: „Also ist es notwendig, irgendeine erste wirkende Ursache zu setzen, die alle Gott nennen.“

Der dritte Beweis geht vom „Möglichen und Notwendigen“ aus. Wiederum wird ein feststellbarer Tatbestand zugrunde gelegt. „Wir finden nämlich unter den Dingen einige, die die Möglichkeit haben, zu sein und nicht zu sein“; sie sind durch „Werden und Vergehen“ gekennzeichnet. „Es ist aber unmöglich, daß alles, was solcherart ist, immer ist; denn was die Möglichkeit hat, nicht zu sein, ist irgendeinmal nicht. Wenn also alles die Möglichkeit hat, nicht zu sein, war irgendeinmal nichts unter den Dingen. Aber wenn dies wahr ist, wäre auch jetzt nichts; denn was nicht ist, fängt nicht an zu sein außer durch etwas, was ist; wenn es also kein Seiendes gab, war es unmöglich, daß etwas zu sein anfinge, und so wäre eben jetzt nichts, was offensichtlich falsch ist.“ Daraus zieht Thomas den Schluß: „Also sind nicht alle Seienden (bloß) möglich, sondern es muß unter den Dingen etwas Notwendiges geben.“ An dieser Stelle biegt der dritte Beweis in die Bahn der beiden ersten ein. „Alles Notwendige aber hat die Ursache seiner Notwendigkeit entweder von anderswoher, oder nicht. Es ist aber nicht möglich, daß man beim Notwendigen, das eine Ursache seiner Notwendigkeit hat, ins Unendliche vorgehe … Also ist es notwendig, etwas zu setzen, das von sich her notwendig ist …; das nennen alle Gott.“

Der vierte Beweis erinnert an die Argumentationen im „Monologion“ Anselms. Er geht vom Gedanken der Gradualität aus. Den Ansatzpunkt bildet auch hier die Erfahrung, nämlich der „Stufen, die in den Dingen gefunden werden. Es wird nämlich in den Dingen etwas mehr oder minder Gutes, Wahres und Edles gefunden … Mehr oder minder aber wird von dem Verschiedenen ausgesagt, je nachdem es auf verschiedene Weise sich etwas nähert, was (dies alles) auf höchste Weise ist … Es gibt also etwas, das höchst wahr, höchst gut, höchst edel und folglich höchst seiend ist.“ Wieder wird hier der Gedanke der Kausalität herangezogen. „Was aber in irgendeiner Gattung ein solches Höchstes genannt wird, ist die Ursache von allem, was zu jener Gattung gehört … Also gibt es etwas, das für alles Seiende die Ursache des Seins, der Güte und jeglicher Vollkommenheit ist. Und das nennen wir Gott.“

In einer bedeutsamen, rein auf das Sein hin orientierten Fassung tritt dieser Gottesbeweis im Johannes-Kommentar des Thomas auf. „Da alles, was ist, am Sein teilhat und durch Teilhabe seiend ist, ist es notwendig, daß an der Spitze von allen Dingen etwas steht, das seiner Wesenheit nach das Sein selbst ist …, und das ist Gott, der die zureichendste, würdigste und vollkommenste Ursache jedes Seins ist und von dem her alles, was ist, am Sein teilhat“ (Prol. 5). Hier also wird der diesen Beweis tragende Gedanke der Teilhabe ausdrücklich ausgesprochen.

Der fünfte Beweis geht von der „Lenkung der Dinge“ aus. Er legt wiederum gewisse in der Erfahrung feststellbare Sachverhalte zugrunde. „Wir sehen nämlich, daß einiges, das der Erkenntnis entbehrt, nämlich die natürlichen Körper, im Hinblick auf ein Ziel wirksam ist; das wird daraus deutlich, daß es immer oder recht häufig auf die gleiche Art wirksam ist und das verfolgt, was das Beste ist. Daraus geht hervor, daß es nicht aus Zufall, sondern aus einem Gerichtetsein ans Ziel gelangt. Dasjenige aber, das keine Erkenntnis hat, richtet sich nicht auf ein Ziel, wenn es nicht von irgendeinem Erkennenden und Einsehenden geleitet wird … Also gibt es irgendein Einsehendes, von dem alle natürlichen Dinge auf ein Ziel zugeordnet werden. Und das nennen wir Gott.“

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