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§ 24. Die Vernunft auf dem Grunde des Glaubens bei späteren Denkern 1. Bonaventura

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Ähnlich wie Anselm bestimmt auch Bonaventura1 das Verhältnis von Vernunft und Glauben. Zunächst freilich hat es den Anschein, als habe er ein ursprüngliches Zutrauen in die natürliche menschliche Vernunft. „Die philosophische Wissenschaft ist nichts anderes als eine gewisse Kenntnis der Wahrheit als einer erforschbaren“ (C IV 5). Denn der Mensch besitzt ein „eingeborenes Licht“: „das Licht des natürlichen Urteilsvermögens oder der Vernunft“ (C IV 2).

Aber doch reicht die Philosophie für eine sichere Gotteserkenntnis nicht aus; „mag auch das Wissen anhand vernünftiger Überlegung irgendeine Gewißheit und Evidenz in Bezug auf das Göttliche schaffen, so ist doch jene Gewißheit und Evidenz nicht völlig klar, solange wir unterwegs sind“ (S III 24, 2, 3 c). Das „ist bei den höchsten und vornehmsten Fragen offenkundig, deren Wahrheit den Philosophen verborgen blieb, nämlich (den Fragen) nach der Schöpfung der Welt, nach der Macht und Weisheit Gottes“ (S III 24, 2, 3, ad 4). Bonaventura fordert freilich um dessentwillen keine Abwendung von der Philosophie, mahnt aber doch dieser gegenüber zur Vorsicht: „Nicht daß ihr von der Philosophie nicht reden sollt, aber daß ihr euch nicht auf sie stützen sollt“ (D I).

Völlige Gewißheit kann nur dadurch erreicht werden, daß die philosophische Vernunft durch eine andere ausreichende Quelle der Vergewisserung ergänzt wird. „Die erste Klarheit, nämlich die der philosophischen Wissenschaft, ist nach der Meinung der Weltmenschen groß; aber sie wird leicht verfinstert … Wer auf die philosophische Wissenschaft vertraut, … ist zum Toren geworden, wenn er nämlich glaubt, er erfasse durch diese Wissenschaft ohne ein darüber hinausgehendes Licht den Schöpfer; wie wenn ein Mensch durch Kerzen den Himmel oder den Sonnenkörper sehen wollte“ (C IV 5). Dieses weitere Licht, das für eine völlige Gewißheit erforderlich ist, ist nun das Licht des Glaubens. „Das Wissen rührt sehr wenig an die Erkenntnis des Göttlichen, wenn es sich nicht auf den Glauben stützt … Alle Weisheit über Gott im Unterwegs ohne den Glauben ist mehr Torheit als wahres Wissen“ (S III 24, 2, 3 ad 4). Nur wenn die Vernunft „ durch den Strahl des Glaubens unterstützt wird, … schreitet sie im Betrachten zu den höheren Ursachen vor“ (S II 30, 1, 1 c).

Damit nimmt Bonaventura mit aller Deutlichkeit die augustinische Position ein. Die eigentliche Rolle der Vernunft ist es, dem Glauben dazu zu verhelfen, sich selber durchsichtig zu werden. „Die Ordnung ist nämlich, daß man bei der Festigkeit des Glaubens beginne und durch die Klarheit der Vernunft fortschreite“ (Se IV 15); „das Glaubwürdige … geht über in die Weise des Einsichtigen, und dies durch Hinzufügung der Vernunft“ (S I prooem. 1 c). Aber diese dem Glauben zugeordnete Einsicht – und hierin spricht sich Bonaventura deutlicher aus als Anselm – hat aus sich selber heraus keine Sicherheit. Wenn „ein glaubender Mensch Gründe der Übereinstimmung und Wirksamkeit angibt, damit er, was er glaubt, einsieht“, so „haben diese Gründe keine Kraft, wenn sie nicht auf den Glauben gegründet sind“ (Jo prooem. 10). Die Philosophische Theologie Bonaventuras ist also, auch wenn sie von der Vernunft Gebrauch macht und auch wenn häufig der Satz des Augustinus zitiert wird: „was wir glauben, danken wir der Autorität, was wir einsehen, der Vernunft“ (B I 1), im Grunde doch – nicht anders als die des Augustinus – eine Theologie des Glaubens.

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