Читать книгу Gott der Philosophen - Wilhelm Weischedel - Страница 86

2 Die Gottesbeweise

Оглавление

Von diesen prinzipiellen Erwägungen her entwirft Anselm seine Gottesbeweise. In zwei Anläufen macht er sich daran, das Dasein Gottes zu erweisen: einmal im „Monologion“, sodann im „Proslogion“. Beide Male geht es ihm darum, die Wahrheit des Glaubens zur Gewißheit zu bringen. Andererseits aber bemüht er sich, in die Ansätze seiner Beweise keine nur dem Glauben zugänglichen Wahrheiten aufzunehmen. Die Argumentationen sollen sich ohne Rekurs auf die „Autorität der Schrift“, rein nach der „Notwendigkeit der Vernunft“ vollziehen (M prol.).

Was zunächst die Gottesbeweise im „Monologion“ angeht, so schließen sie sich in wesentlichen Stücken an Augustinus an. Man kann in diesem Werk zwei Beweise unterscheiden; der erste besitzt drei aneinander anschließende Beweisgänge. Er nimmt seinen Ausgangspunkt in der sichtbaren Wirklichkeit, und zwar bei der Existenz von Gütern, die „wir mit den körperlichen Sinnen erfahren und mit der Vernunft des Geistes unterscheiden“. Von ihnen wird ausgesagt, „daß sie alle durch etwas gut sind, das als dasselbe in den verschiedenen Gütern eingesehen wird“, daß es also „ein Etwas gibt, durch welches Eine gut ist, was immer gut ist“. Der Übergang vom vielen Guten zum einen Guten vollzieht sich somit über den platonischen Gedanken der Teilhabe. Das nun, wodurch alles Gute gut ist, muß selber „höchst gut“, und das heißt: „durch sich selbst gut“ sein. Anselm führt anschließend den gleichen Gedankengang im Hinblick auf das Große durch und findet etwas, das „höchst groß“, und zwar „durch sich selbst groß“ ist. Schließlich wird die Argumentation auf das Seiende überhaupt ausgedehnt. „Was immer ist, scheint durch ein Etwas zu sein.“ Und zwar muß es zuletzt ein einziges Etwas sein, durch das alles ist, weil „die Mehreren … ohne dies Eine nicht sein können“. Es ist dann nur konsequent, wenn dieses Eine als „das Höchste von allem was ist“ und als „durch sich selbst“ seiend gekennzeichnet wird. Zusammengefaßt zeigt sich: „Es gibt etwas, das … höchst gut, höchst groß und das Höchste von allem ist was ist.“ Das aber ist Gott (M 1–3).

In einem zweiten Beweis im „Monologion“ geht Anselm von den „Naturen der Dinge“ aus, die er auch als „Wesenheiten“ bezeichnet. Unter diesen findet er eine „Ungleichheit der Stufen“, etwa zwischen den Wesenheiten des Holzes, des Pferdes und des Menschen. Den Ansatzpunkt bildet also der Gedanke der Gradualität des Seins. Unter jenen Stufen der Wesenheiten nun muß „eine so hervorragen, daß sie keine hat, die höher ist als sie“. „Es gibt also mit Notwendigkeit eine Natur, die einer oder mehreren so überlegen ist, daß es keine gibt, der sie untergeordnet würde.“ Von ihr muß gesagt werden, daß sie „durch sich das ist, was sie ist, und alles, was ist, durch sie das ist, was es ist“. Das aber ist Gott (M 4).

Wichtiger in philosophisch-theologischer Hinsicht, vor allem aber im Hinblick auf die geschichtliche Wirksamkeit ist der Gottesbeweis, den Anselm im „Proslogion“ entwickelt. Er vor allem hat die Auseinandersetzung der Späteren hervorgerufen, bis hin zu Kant und Hegel.

Dieser Gottesbeweis geht insofern über die Beweise des „Monologion“ hinaus, als er einen Beweisgrund sucht, der wirklich voraussetzungslos ist. Anselm fragt sich, „ob sich vielleicht ein Argument finden lasse, das keines andern bedürfte, um sich zu beweisen, als seiner allein, und um allein zu stützen, daß Gott wahrhaft existiert“ (P prooem.). Damit fällt der Rekurs auf die Erfahrung weg, von dem die Gottesbeweise im „Monologion“ ausgehen. Der Ansatzpunkt ist ein reiner Begriff, nämlich von „etwas, über das hinaus nicht Größeres gedacht werden kann“. Dieser Begriff nun wird von jedem Menschen verstanden; er findet sich auch im Verstande des Toren, der Gott zu leugnen meint. Er kann also zurecht die Basis eines Beweises bilden, der auf Allgemeingültigkeit Anspruch macht. Anselm fährt fort: Es „kann das, über das hinaus Größeres nicht gedacht werden kann, nicht im Verstande allein sein. Denn wenn es etwa im Verstande allein ist, kann gedacht werden, daß es auch in Wirklichkeit existiere; was größer ist. Wenn also das, über das hinaus Größeres nicht gedacht werden kann, im Verstande allein ist“, dann ist es etwas, „über das hinaus Größeres gedacht werden kann. Das aber kann gewiß nicht sein. Es existiert also ohne Zweifel etwas, über das hinaus Größeres nicht gedacht werden kann, sowohl im Verstande als auch in Wirklichkeit.“ Das aber ist Gott. Daher kann Anselm die Kapitel, in denen er seinen Gedankengang darstellt, überschreiben: „Daß Gott wahrhaft existiert“, und „daß nicht gedacht werden kann, daß er nicht existiere“ (P 2f.).

1 Die Werke Anselms werden nach den Kapitelzahlen bzw. (bei „Cur Deus homo“) nach den Zahlen der Bücher (römische Ziffern) und der Kapitel (arabische Ziffern) zitiert. Dabei werden folgende Siglen verwendet: C = Cur Deus homo; M = Monologion; P = Proslogion. – Die Übersetzungen stammen vom Verfasser.

Gott der Philosophen

Подняться наверх