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3. Das theologische System

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Die Lehre vom Logos steht im Mittelpunkt der Theologie des Origenes. Weltschöpfung und Ermöglichung der Erkenntnis Gottes sind die eigentlichen Taten dieses Logos. Wenn er auch nur als der inkarnierte zur Gotteserkenntnis führen kann, so tritt doch im Ganzen des Denkens des Origenes das ursprünglich Christliche, die geschichtliche Gestalt Jesu Christi in den Hintergrund; die Deutung des Logos als des Schöpfers und Offenbarers ist weithin das Ergebnis spekulativer Überlegungen. Aber diese sind nicht philosophischer, sondern ausgesprochen theologischer Herkunft. Denn vom Logos weiß der Theologe aufgrund der christlichen Verkündigung. Er muß sich auf „Beispiele und Versicherungen“ stützen, die er entweder „in den Heiligen Schriften gefunden, oder die er aus der Erforschung der Folgerung daraus und aus dem Zusammenhang des Richtigen ermittelt hat“ (P Praef. 10).

Um darauf ein theologisches System zu gründen, kann freilich die Heilige Schrift als solche nicht ausreichen. Origenes greift daher zum Mittel der allegorischen Exegese. „Was als mit Jesus geschehen aufgezeichnet ist, enthält nicht im nackten Wort und in der Erzählung die ganze Erkenntnis der Wahrheit; denn jedes von diesen wird auch als Symbol von etwas von denen aufgewiesen, die auf verständigere Weise der Schrift begegnen“ (C II 69). Man muß also durch das „Licht der Gnosis der Schriften“ (C II 5) „von dem nackten Glauben aufsteigen“ und „den Sinn in den Heiligen Schriften erforschen“ (C III 33). überdies nimmt Origenes, ebenso wie Clemens, neben der schriftlichen Überlieferung noch eine mündliche, esoterische Tradition von den Aposteln her an, die den Gnostikern kundgetan wird (vgl. C VI 6).

Auf dieser Basis baut sich das großartige theologische System des Origenes auf: der unsichtbare und unerkennbare Gott, jenseits von Geist und Sein, Schöpfer von allem; der Logos, in Ewigkeit vom Vater gezeugt, Mitschöpfer und Mittler zwischen Gott und Welt; der Heilige Geist als drittes der innergöttlichen Wesen; die von Gott geschaffene Welt der Geister – Engel, menschliche Geister und Dämonen –, ewige Geschöpfe Gottes, ausgestattet mit dem Vermögen der Freiheit; der Abfall von Gott in der intelligiblen Welt; in periodischer Wiederkehr die Schöpfung einer materiellen Welt als der Stätte der Strafe und Läuterung für die gefallenen Geister; die Erlösung durch die Menschwerdung des Logos in Jesus Christus, in dem sich göttliche und menschliche Natur verbinden; die dadurch geschaffene Möglichkeit einer Gnosis Gottes; die in Jesus Christus vorbildlich und in den Gnostikern nachbildlich sich vollziehende Vergottung; schließlich die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes und die Rückkehr aller Wesen in Gott, so daß Gott alles in allem und „das Ende zum Anfang hin wieder erneuert“ ist (P III 6, 3).

Dieses System aber, mag es sich auch der Formen philosophischer Reflexion bedienen, ist doch, sowohl seinem Inhalt wie seiner Begründung in den christlichen Traditionen nach, nicht eigentlich philosophisch. Die „Philosophische Theologie“ des Origenes ist ausgesprochen offenbarungstheologisch bestimmt. Es bedarf daher, soll eine christliche Philosophische Theologie möglich sein, einer tieferen Besinnung auf deren philosophischen Charakter.

1 Bei der Zitierung der Werke des Origenes werden folgende Siglen verwendet: C = Contra Celsum; J =In Joannem; 0 = De oratione; P = De principiis. – Die Übersetzungen stammen vom Verfasser.

2 Adolf von Harnack, Lehrbuch der Dogmengeschichte, Band I, a. a. 0., S. 650.

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