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Die Papstwahlordnung von 1059
ОглавлениеNoch vor Viktor II. war 1056 der Kaiser gestorben. Er hinterließ seinen sechsjährigen Sohn Heinrich IV. unter der Vormundschaft der Kaiserinwitwe Agnes, die indes mit dieser Aufgabe überfordert war. Die Reformpartei in Rom nutzte den Freiraum, um eigenmächtig eine Papstwahl durchzuführen. Der neue Papst Stephan IX. starb aber schon 1058. Nunmehr kam es zum Schisma, denn die reformfeindlichen Kräfte wählten im April 1058 den Tusculaner Benedikt X., worauf die Reformpartei im Dezember in Florenz mit der Wahl des Bischofs dieser Stadt (Nikolaus II.) antwortete; Benedikt wurde mit Hilfe des Markgrafen der Toskana und der Normannen von Aversa gewaltsam vertrieben.
Im April 1059 erließ eine Synode im Lateran ein [40]Papstwahldekret, das für künftige Papstwahlen dasjenige Verfahren sanktionierte, das bei Nikolaus’ eigener Wahl angewandt worden war. Das Dekret gab allerdings keine vollständige Verfahrensanweisung, sondern beschränkte sich auf die Klarstellung einiger wichtiger und gefährlicher Punkte. Die Hauptrolle sollten die Kardinalbischöfe spielen, ihrem Vorschlag sollten sich die übrigen Kardinäle und der Klerus anschließen; auch einige wenige Laien konnten zugezogen werden. Zu wählen war ein römischer Kleriker, die Wahl sollte in Rom stattfinden; von beiden Bedingungen konnte aber notfalls abgewichen werden, vor allem, um etwaiger Simonie (d. h. weltlicher Einmischung) vorzubeugen. Dabei wurde der römische Adel, von dem solche »Simonieversuche« erfahrungsgemäß am ehesten zu befürchten waren, mit den stärksten Negativausdrücken belegt; seinen Einfluss auszuschließen, war das eigentliche Anliegen des Dekrets. Im selben Jahr 1059 fand auch die päpstliche Belehnung der Normannen statt, die sich im Lehnseid ausdrücklich zum Schutz der Papstwahl verpflichteten.
Als Nikolaus II. 1061 starb, musste das Papstwahldekret seine Bewährungsprobe bestehen; aber seine Regelungen versagten, sowohl bei dieser als auch bei den kommenden Wahlen. Es entstand wieder ein Schisma, denn die Reformfeinde wandten sich an die Regentin Agnes und baten um die Designation eines Papstes; Agnes benannte im Oktober 1061 Cadalus (Honorius [II.]). Dagegen wählten die Reformer Ende September 1061 in Siena Bischof Anselm von Lucca (Alexander II.). Zwischen beiden kam es zum gewaltsamen Kampf um Rom, wobei sowohl der Markgraf von Tuszien als auch die Normannen von Aversa [41]intervenierten. Honorius verlor jedoch seinen Rückhalt am Kaiserhof, als die Regentin 1063 durch den Staatsstreich von Kaiserswerth entmachtet wurde, so dass sich Alexander durchsetzen konnte. Schon die Zeitgenossen bemerkten allerdings, dass weniger der Papst als vielmehr der Archidiakon Hildebrand die päpstliche Politik leitete.