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Die Langobardenzeit (568–774)

568 Einmarsch nach Italien.
574–584 Interregnum.
584–590 König Authari (Wiederherstellung des Königtums), Königin Theudelinde (gest. 627).
590–604 Papst Gregor I. der Große.
636–652 [14]König Rothari.
663 Kaiser Konstans II. in Rom.
680 Friedensvertrag zwischen den Langobarden und Byzanz.
712–744 König Liutprand.
749–756 König Aistulf.
754 Pippinische Schenkung.
757–774 König Desiderius.

Der Einmarsch der Langobarden


Italien in der Langobardenzeit

Im Jahre 568 marschierten die Langobarden unter König Alboin nach Italien ein. Dieses Ereignis kann als der eigentliche Beginn der italienischen Geschichte und zugleich als das Ende der Antike in Italien bezeichnet werden.

Zwar hatte es auch zuvor schon »barbarische« Invasionen nach Italien gegeben, und zum Entsetzen der Zeitgenossen war 410 sogar Rom von den Westgoten erobert worden; aber diese Invasionen waren entweder von kurzer Dauer, oder es gelang den Kaisern, die Germanen als »Föderaten« in ihren Dienst zu nehmen, so dass sie de jure in die römische Herrschaft integriert wurden und die römische Verwaltung intakt blieb. Zuletzt hatte so von 493 bis 526 Theoderich der Große einvernehmlich über Ostgoten und Römer geherrscht, und anschließend hatten es bis 552 die Generäle Kaiser Justinians geschafft, sogar die direkte römisch-byzantinische Herrschaft über Italien wiederherzustellen. Die Langobarden kamen dagegen als reine Eroberer, die sich außerhalb der römischen Rechtsordnung stellten, die römischen Staatsstrukturen bewusst und auf Dauer [15]zerstörten und die römische Oberschicht auch physisch auslöschten.

Der langobardische Einmarsch erfolgte von Nordosten her. Der Hauptstoß traf die Poebene, also die später so genannte »Langobardei« oder Lombardei. Ravenna, der damalige Hauptsitz der römischen Behörden, blieb links [16]liegen und entging der Eroberung. 572 fiel Pavia, das später Zentrum des langobardischen Königtums wurde. Gleichzeitig stießen einige Abteilungen nach Süden vor und eroberten die Toskana sowie Gebiete um Spoleto und Benevent; auch Rom, wo Papst Gregor der Große (590–604) den Widerstand organisierte, wurde bedroht, allerdings nicht erobert. Am Ende des 6. Jahrhunderts waren nur noch folgende Gebiete in römisch-byzantinischer Hand: an der Adria der schmale Küstenstreifen Venetiens, das Gebiet um Ravenna (als Sitz des kaiserlichen Statthalters, des Exarchen, auch »Exarchat«, oder als römisches Gebiet im Gegensatz zur Lombardei »Romagna« genannt), die anschließende Küstenregion mit dem Zentrum Ancona (Pentapolis oder »die Marken«); an der Westküste die unmittelbare Umgebung Genuas (nur bis 650), die Umgebung (der »Dukat«) von Rom mit einem schmalen Korridor durch Umbrien zum Exarchat, die unmittelbare Umgebung Gaetas und Neapels; im Süden Kalabrien und Apulien; ferner die Inseln Sizilien, Sardinien und Korsika. Dann aber kam die langobardische Eroberung zum Stehen.

Wie lassen sich diese Vorgänge erklären? Die Langobarden kamen in ein vom Krieg erschöpftes Land, in dem zugleich seit 543 die »Justinianische« Pest wütete, eine Epidemie, deren Verheerungen noch größer waren als die des Schwarzen Todes von 1347/48. Den römischen Truppen fehlte ein einheitliches Kommando und die notwendige Unterstützung aus Byzanz, da Kaiser Justin II. und seine Nachfolger voll durch den Krieg gegen die Perser, später auch die Bulgaren, schließlich seit 630 den Islam in Anspruch genommen waren. Andererseits gelang es den Langobarden aufgrund ihrer zu geringen Zahl nicht, ganz [17]Italien zu erobern. So ergab sich eine Pattsituation: Italien zerfiel in kleinere geographische Einheiten, die sich unabhängig voneinander entwickelten. Die damals entstandene Struktur blieb im Grunde bis zum Risorgimento maßgebend und wirkt selbst heute noch vielfältig nach.

Nicht nur ihre geringe Zahl vereitelte weitergehende Erfolge der Langobarden, sondern auch ihr anarchisches Verhalten untereinander. Auf zwei Königsmorde unmittelbar nach der Eroberung folgte ein zehnjähriges Interregnum, während dessen die Anführer der einzelnen farae als Herzöge allein die Macht ausübten, aber bald in fränkische Abhängigkeit und Tributpflicht gerieten. 584 wurde mit Authari das Königtum erneuert; dies brachte innenpolitische Stabilisierung und außenpolitische Absicherung durch die Ehe des Königs mit der Tochter des bayerischen Herzogs Garibald, Theudelinde (als »Autharis Brautfahrt« märchenhaft verklärt). Die Nachfahren Theudelindes, die sog. bayerische Dynastie, stellten die Könige bis 662; zu ihnen gehörte auch Rothari, der durch das edictum Rothari auch als Gesetzgeber hervortrat. Die Ehe König Autharis mit Theudelinde hatte auch Folgen auf religiösem Gebiet: Die Langobarden waren (wenn nicht geradewegs noch Heiden) Arianer und standen so auch in dieser Hinsicht im Gegensatz zur römischen Bevölkerung; Theudelinde war Katholikin, blieb dies auch in ihrer Ehe und setzte sogar die katholische Erziehung ihrer Kinder durch. So näherten sich die Konfessionen einander an, bis schließlich im 7. Jahrhundert das arianische Bekenntnis ganz erlosch. Damit fiel aber auch eine Schranke zur römischen Bevölkerung in den langobardisch beherrschten Gebieten, und es setzte eine allmähliche Verschmelzung der Bevölkerungsteile ein.

[18]Die »römischen« Gebiete

In den byzantinisch gebliebenen Gebieten stieg, wegen der Schwäche der staatlichen Macht, die aus Byzanz kaum Rückhalt erhielt, die Bedeutung der Kirche und der Bischöfe, denen schon Kaiser Justinian gewisse Aufsichtsrechte übertragen hatte. Im Dukat von Rom übernahm die Kirche beispielsweise die Getreideversorgung der Bevölkerung; Papst Gregor der Große erschien geradezu als Retter der Stadt vor den belagernden Langobarden. Zugleich begann der lokale Adel in die kirchlichen Ämter zu drängen, was in späterer Zeit das Papsttum zum Spielball der Adelsfaktionen machen sollte.

Dennoch blieb auch der römische Bischof weiterhin politischer Untertan des Kaisers in Byzanz, der das Bestätigungsrecht seiner Wahl hatte. Dadurch wurden die Päpste in alle theologischen Streitigkeiten hineingezogen, die das östliche Kaiserreich erschütterten (Drei-Kapitel-Streit, Monoteletismus, Monenergismus usw., Bilderstreit), und sahen sich, fiel ihre Stellungnahme nicht im erwünschten Sinne aus, schwersten Repressalien ausgesetzt. Papst Martin I. wurde entführt und in Byzanz zum Tode verurteilt, Honorius I. als Ketzer verdammt (woraus auf dem 1. Vatikanischen Konzil 1869/70 die »causa Honorii« entstand). Während einer Pause in der Auseinandersetzung mit dem Islam konnte 663 Kaiser Konstans II. sogar persönlich nach Italien kommen, auf Sizilien residieren und auch Rom besuchen, jedoch blieb dies Episode. Der Wechsel der Langobarden zur katholischen Konfession hatte aber auch auf diesem Gebiet Folgen, denn 691 nahmen die Langobarden Papst Sergius I. gegen einen neuen kaiserlichen [19]Disziplinierungsversuch in Schutz. De facto erlangte damit der Papst eine politisch selbständige Stellung gegenüber Byzanz. Im Gegenzug entzog der Kaiser aber die byzantinischen Gebiete in Süditalien seinem Einfluss, beschlagnahmte den dortigen päpstlichen Großgrundbesitz und unterstellte die Diözesen kirchenrechtlich dem Patriarchen von Konstantinopel; dadurch wurde Süditalien in der Folge immer stärker gräzisiert.

Höhepunkt und Ende des Langobardenreiches

Die erste Hälfte des 8. Jahrhunderts bildete den Höhepunkt der langobardischen Geschichte. Die ehemaligen Barbaren hatten sich kulturell den Römern angepasst, z. B. deren Kleidung übernommen, ihre Herrscher förderten Kirchen und Klöster und zeigten Züge durchaus persönlicher Frömmigkeit. Als bedeutendster langobardischer König gilt Liutprand (712–744), den Paulus Diaconus, der wichtigste Geschichtsschreiber des Langobardenreiches, wie folgt charakterisiert: »Er war aber ein Mann von großer Weisheit, klug im Rate, sehr fromm und friedliebend, im Kriege überlegen, gegenüber Missetätern milde, keusch, schamhaft, ein inständiger Beter, mit Almosen freigebig, zwar Analphabet, aber doch mit den Philosophen gleichzusetzen, ein Hüter seines Volkes und ein Mehrer des Rechtes.« Als Verbündeter der Franken wehrte er gemeinsam mit Karl Martell 732 bei Tours und Poitiers die arabische Invasion ab.

Liutprand nahm aber auch die Eroberungspolitik gegen die restlichen byzantinischen Gebiete in Nord- und Mittelitalien wieder auf und leitete damit ungewollt eine [20]Entwicklung ein, die schließlich zum Ende des Langobardenreiches führte. Sowohl er als auch sein Nachfolger Ratchis waren zwar militärisch erfolgreich, gaben ihre Eroberungen aber jedes Mal auf den Einspruch des Papstes hin zurück. König Aistulf (749–756) erwies sich jedoch als der religiösen Ermahnung unzugänglich und bedrohte sogar Rom. Daraufhin wandte sich Papst Stephan II. hilfesuchend an den fränkischen König Pippin (der dem Papsttum verpflichtet war, weil ihm der Schiedsspruch Papst Zacharias’ 753 zum Thron verholfen hatte). 754 suchte der Papst den König sogar persönlich in Frankreich auf. Pippin machte ihm bestimmte Versprechungen und unternahm zu deren Durchsetzung zwei siegreiche Kriegszüge gegen die Langobarden (754 und 756), ohne jedoch erreichen zu können, dass die Zusagen wirklich eingehalten wurden; dies gelang erst seinem Nachfolger Karl dem Großen.

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