Читать книгу Geschichte Italiens - Wolfgang Altgeld - Страница 21
[48]Vom Tode Gregors VII. bis zum Wormser Konkordat
ОглавлениеNach dem Tode Gregors VII. wurde nicht etwa Clemens (III.) allgemein anerkannt, sondern die Reformpartei wählte, wenn auch mit längeren Sedisvakanzen und unter Schwierigkeiten, Nachfolger aus ihren Reihen. Eine gewisse Stabilität trat erst wieder unter Urban II. (1088–1099) ein. Clemens’ (III.) Schicksal hing wesentlich von der Lage Heinrichs IV. ab, dessen Stern zu sinken begann: Zwar gelang es ihm, in Deutschland über einen weiteren Gegenkönig zu triumphieren und 1087 seinen Sohn Konrad zum Mitkönig erheben zu lassen, aber auf einem neuen Italienzug unterlag er 1092 den Truppen der Markgräfin Mathilde in einer Schlacht bei Canossa. Seine Gemahlin Eupraxia und sein Sohn Konrad gingen 1093 auf die Seite Urbans II. über. In der Lombardei bildete sich ein Städtebund gegen ihn; als Folge davon konnte er bis Anfang 1097 Venetien nicht verlassen. Für die Geschichte Italiens spielte er keine Rolle mehr.
Sein Sohn und Nachfolger Heinrich V. (deutscher König seit 1099) kam im Sommer 1110 nach Italien zur Kaiserkrönung. Mit Papst Paschalis II. schloss er den Geheimvertrag von Santa Maria in Turri, der ideal gesehen auf eine Trennung von geistlicher und weltlicher Sphäre im Sinne der Vorstellungen der Kirchenreform zielte: Die Reichsbischöfe sollten allen weltlichen Besitz an das Reich, d. h. den Kaiser, zurückgeben; im Gegenzug sollte dieser auf alle Rechte bei der Bestellung der Bischöfe verzichten. Als dieser Vertrag zu Beginn der Kaiserkrönung am 12. Februar 1111 verlesen wurde, kam es zu einem Tumult bei den nichtsahnenden Bischöfen, die eine solche Säkularisierung ihres [49]Besitzes und den Verlust ihrer Machtstellung nicht hinnehmen wollten. Die Zeremonie musste abgebrochen werden, der König nahm Papst und Kardinäle gefangen und führte sie aus Rom weg. Ob ein solcher Ablauf von Seiten Heinrichs vorgeplant war, muss dahingestellt bleiben. Um aus der Gefangenschaft freizukommen, willigte Paschalis II. am 11. April 1111 in den Vertrag von Ponte Mammolo ein, in dem er Heinrich V. das uneingeschränkte Investiturrecht für alle Bistümer übertrug. Zwei Tage später folgte dann die Kaiserkrönung.
Dennoch war damit das letzte Wort im Investiturstreit noch nicht gesprochen: Der Vertrag von Ponte Mammolo stieß in kirchlichen Kreisen auf Ablehnung, und Paschalis sah sich deswegen schwersten Vorwürfen ausgesetzt. Eine Synode in Vienne erklärte, dies sei kein »Privileg«, sondern ein »Pravileg« für den Kaiser (kein Frei-, sondern ein Schandbrief). Gelöst wurde der Konflikt schließlich im Wormser Konkordat von 1122: Es unterschied zwischen dem geistlichen Amt (spiritualia) einerseits und den weltlichen Rechten (regalia) des jeweiligen Bistums andererseits und sah für Italien vor, dass eine kanonische Wahl durch Klerus und Volk stattfinden und erst danach Treueid und Regalienempfang folgen sollte; keinerlei Rechte bei der Bischofserhebung sollte der Kaiser im Kirchenstaat haben. Als Folge dieser Regelung verloren die italienischen Bischöfe ihren Rückhalt beim Kaiser, und es war diesem auch nicht mehr möglich, Deutsche auf die Schlüsselpositionen in Italien einzusetzen; Nutznießer dieser Entwicklung waren aber nicht die Päpste, sondern die aufstrebenden Kommunen.