Читать книгу Lexikon für das Lohnbüro 2022 (E-Book EPUB) - Wolfgang Schönfeld - Страница 728

Оглавление

a)Allgemeines

Zu der seit 1.1.1996 geltenden Einteilung in drei Gruppen hat das sog. Schumacker-Urteil des Europäischen Gerichtshofs geführt. In diesem Urteil hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer aus EU/EWR-Mitgliedstaaten (vgl. dieses Stichwort), die nahezu ihre gesamten Einkünfte in Deutschland erzielen, mit unbeschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmern völlig gleichzustellen sind. Das Urteil erforderte somit die Ausdehnung des Splitting-Verfahrens und anderer familienbezogener Steuervergünstigungen auf diesen Personenkreis.

Staatsbürger von Staaten, die nicht zu den EU/EWR-Mitgliedstaaten gehören, erhalten dagegen weder den Splittingvorteil noch andere familienbezogene Steuervergünstigungen und zwar auch dann nicht, wenn sie nahezu ihre gesamten Einkünfte in Deutschland erzielen. Da es außerdem auch noch beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer mit beträchtlichen ausländischen Einkünften gibt, ist man bei der Einteilung in drei Gruppen angelangt.

In die erste Gruppe, die einem unbeschränkt steuerpflichtigen Inländer völlig gleichgestellt ist, fällt ein beschränkt steuerpflichtiger Arbeitnehmer nach § 1 Abs. 3 und § 1a EStG dann, wenn er

 Staatsangehöriger eines EU/EWR-Mitgliedstaates ist,

 in einem EU/EWR-Staat oder in der Schweiz[164] ansässig ist (hierzu gehören auch deutsche Staatsbürger mit Wohnsitz im EU/EWR-Ausland oder in der Schweiz[165]) und

 nahezu seine gesamten Einkünfte in Deutschland erzielt.

Alle drei Voraussetzungen müssen gleichzeitig vorliegen.

Nahezu alle Einkünfte werden in Deutschland erzielt, wenn die ausländischen Einkünfte nicht mehr als 10 % der gesamten Einkünfte oder – falls dies nicht der Fall ist – nicht mehr als 9984 € betragen. Die Höhe der gesamten Einkünfte ist nach deutschem Recht zu ermitteln. Steuerfreie Einnahmen und Einkünfte, die aufgrund zwischenstaatlicher oder multilateraler Vereinbarungen von nationalen Steuern der jeweiligen Staaten befreit sind, bleiben bei der Prüfung der Einkunftsgrenzen bereits auf der ersten Stufe („Welteinkommen“) außen vor (vgl. auch § 3 Nr. 2 Buchstabe e EStG). Dies gilt z. B. auch für ausländisches Arbeitslosengeld. Dabei kommt es nicht darauf an, ob das Arbeitslosengeld im ausländischen Wohnsitzstaat des Arbeitnehmers steuerpflichtig ist oder nicht. Einzubeziehen in das Welteinkommen sind aber z. B. im Ausland steuerpflichtige Kapitalerträge, selbst wenn sie der Abgeltungsteuer unterliegen (BFH-Urteil vom 12.8.2015, BStBl. 2016 II S. 201).

In einem ersten Schritt sind also die maßgebenden Welteinkünfte zu ermitteln, die anschließend für die Prüfung der Einkunftsgrenzen in einem zweiten Schritt in die der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte und die „Auslandseinkünfte“ aufgeteilt werden. Überschreiten die ausländischen Einkünfte die Einkunftsgrenze, ist eine Zusammenveranlagung auch dann ausgeschlossen, wenn sie nach dem Recht des ausländischen Wohnsitzstaates unterhalb der Einkunftsgrenze liegen sollten (BFH-Urteil vom 20.8.2008, BStBl. 2009 II S. 708).

Der Betrag von 9984 € wird bei bestimmten Ländern um 25 % oder 50 % gekürzt. Unter die Kürzung fallen auch einige EU-Länder (vgl. die in Anhang 10 abgedruckte Ländergruppeneinteilung). Für Arbeitnehmer aus Estland, Griechenland, Kroatien, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Portugal, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn und Zypern ermäßigt sich hiernach der Betrag von 9984 € auf 7488 €. Für Arbeitnehmer aus Bulgarien und Rumänien ermäßigt sich der Betrag von 9984 € auf 4992 €.

Mit Inländern völlig gleichgestellt sind also beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer, die die Staatsangehörigkeit eines EU/EWR-Mitgliedstaates (vgl. dieses Stichwort) besitzen und in einem EU/EWR-Staat oder in der Schweiz[166] ansässig sind. Da die Bedingungen Staatsangehörigkeit und Ansässigkeit kumulativ erfüllt sein müssen, fallen EU/EWR-Staatsangehörige, die in einem Drittstaat wohnen und in Deutschland beschränkt steuerpflichtig sind, nicht unter die Regelung des § 1a EStG.

Ist der ausländische Arbeitnehmer verheiratet, und lebt der Ehegatte in einem EU/EWR-Mitgliedstaat, wird auch der Ehegatte auf Antrag wie ein unbeschränkt Steuerpflichtiger behandelt mit der Folge, dass der in Deutschland tätige Ehegatte beim Lohnsteuerabzug durch den Arbeitgeber die Steuerklasse III oder bei einer Veranlagung zur Einkommensteuer den Splittingvorteil erhält. Auf die Staatsangehörigkeit des Ehegatten kommt es dabei nicht an.

Für die Prüfung der Einkommensgrenze ist von vornherein auf die Einkünfte beider Ehegatten und den doppelten Grundfreibetrag abzustellen (BFH-Urteil vom 6.5.2015, BStBl. II S. 957). Eine zweistufige Prüfung (zunächst der Arbeitnehmer, dann die Ehegatten) ist nicht vorzunehmen.

Beispiel A

Der belgische Arbeitnehmer A erzielt inländische Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit von 40000 € und ausländische Einkünfte von 10000 €. Seine in Belgien lebende Ehefrau B erzielt weder inländische noch ausländische Einkünfte.

A erhält die Steuerklasse III, da die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte beider Ehegatten den doppelten Grundfreibetrag von 19968 € nicht übersteigen. Unmaßgeblich ist, dass die Summe aller Einkünfte nur zu 80 % (40000 € von 50000 €) der deutschen Einkommensteuer unterliegt.

Auch der Betrag von 19968 € wird bei bestimmten Ländern um 25 % oder 50 % gekürzt (vgl. die in Anhang 10 abgedruckte Ländergruppeneinteilung). Bei einem gemeinsamen Familienwohnsitz der Ehegatten ist der sich für den Staat ergebende Betrag maßgebend, in dem der gemeinsame Familienwohnsitz begründet worden ist. Das gilt auch dann, wenn die Ehegatten daneben noch weitere Wohnsitze in anderen Staaten haben. Ist ein gemeinsamer Familienwohnsitz ausnahmsweise nicht festzustellen, ist für jeden Ehegatten ein Betrag in der Höhe anzusetzen, der sich nach den Verhältnissen der Ländergruppeneinteilung für den jeweiligen Ansässigkeitsstaat ergibt.[167]

Beispiel B

Ein in Deutschland beschränkt steuerpflichtiger Arbeitnehmer wohnt in Spanien (Ländergruppe 1 = 9984 €) und seine Ehefrau in Portugal (Ländergruppe 2 = 7488 €); die Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung – u. a. nicht dauernd getrennt lebend – sollen dennoch erfüllt sein. Ihre Einkünfte unterliegen zu 85 % der deutschen Einkommensteuer.

Die von den Eheleuten im Kalenderjahr 2022 erzielten Einkünfte, die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegen, dürfen den Betrag von 17472 € (9984 € + 7488 €) nicht übersteigen, um die Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung in Deutschland zu erfüllen.

Beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer, die in den Niederlanden ansässig sind, sind aufgrund einer Sonderregelung in dem Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland-Niederlande auch dann mit ihrem Ehe-/Lebenspartner zusammen zu veranlagen (= Steuerklasse III), wenn nur die in Deutschland steuerpflichtige Person die 90 %-Grenze bzw. die vorstehende Betragsgrenze erfüllt, nicht jedoch die Ehegatten gemeinsam diese sog. Wesentlichkeitsgrenzen erfüllen (Ziffer XVI des Protokolls Deutschland-Niederlande, BStBl. 2016 I S. 69).

Beispiel C

Die Eheleute A und B leben in den Niederlanden. A ist als Arbeitnehmer in Deutschland beschäftigt. Seine Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit betragen 60000 €. B erzielt in den Niederlanden aus einer selbstständigen Tätigkeit Einkünfte in Höhe von 20000 €.

A wird in Deutschland auf Antrag als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt, da seine Einkünfte zu mindestens 90 % der deutschen Einkommensteuer unterliegen. Er wird mit B zusammen zur Einkommensteuer veranlagt, obwohl die Einkünfte beider Ehegatten nur zu 75 % (60000 € im Verhältnis zu 80000 €) der deutschen Einkommensteuer unterliegen und die ausländischen Einkünfte der B die Betragsgrenze von 19968 € überschreiten. Für das Lohnsteuerabzugsverfahren erhält A auf Antrag die Steuerklasse III.

Lexikon für das Lohnbüro 2022 (E-Book EPUB)

Подняться наверх