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4. Fazit: Missionarische Jugendarbeit zwischen Leidenschaft und Professionalität

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Bei der Auseinandersetzung mit missionarischer Jugendarbeit wird vor allem deutlich, wie heterogen und unterschiedlich dieses gemeindepädagogische Handlungsfeld ist. Es ist kaum möglich, all dass, was in zahlreichen Gemeinden, Werken, Verbänden und Vereinen in der Praxis geschieht, adäquat zu erfassen.

Erkennbar wird jedoch, dass an den meisten Stellen die verschiedenen Angebote das Ringen um theologische Verantwortung einerseits und sozialpädagogische Verantwortung andererseits eint. Vor dem Hintergrund des mehrdimensionalen Ansatzes kann nun die Unterschiedlichkeit der Angebote missionarischer Jugendarbeit mit den je verschiedenen Schwerpunktsetzungen innerhalb des Quintetts erklärt werden. Insofern ist diese Heterogenität als Ergänzung zu verstehen. Cares und Schalla betonen, dass Jugendarbeit als Handlungsfeld in einer Spannung steht: „Missionarische und sozialdiakonisch-politische Konzepte der Jugendarbeit sind in den vergangenen Jahrzehnten oft als Gegensätze verstanden worden und waren immer wieder Ausgangspunkt erheblicher Konflikte [...]. Auf der einen Seite wird Jugendarbeit als christliche Lebensäußerung der Kirche verstanden, die Anteil am Verkündigungsauftrag der Kirche hat und darin auch ihre wichtigste Aufgabe sieht. Demgegenüber steht die sozialdiakonische Ausrichtung von Gemeinde und Jugendarbeit, die den gesellschaftspolitischen Auftrag der Kirche stärker betont. Die Grundpositionen haben sich bis heute nicht geändert, werden aber nicht mehr alternativ, sondern einander ergänzend verstanden“ (Cares/Schalla 2013: 309).

Missionarische Jugendarbeit ist daher herausgefordert, immer wieder selbstkritisch die eigene konzeptionelle Ausrichtung zu analysieren und dort, wo innerhalb der Grunddimensionen Defizite erkannt werden, den Schulterschluss mit anderen Akteuren in diesem Bereich zu suchen oder selbst darauf hinzuwirken, dass bspw. die diakonische Dimension stärker integriert wird (vgl. das Beispiel der missionarischen Freizeitarbeit). Andererseits muss sie aber auch die eigene Begrenzung akzeptieren. Darin besteht eine Chance für Kooperationen.

Betrachtet man missionarische Jugendarbeit jedoch als Ganzes, so ergibt sich für dieses Handlungsfeld vor dem Hintergrund der hier ausgeführten Darstellungen zudem der Bedarf von Weitentwicklung in konzeptioneller, theoretischer als auch praktischer Sicht.

1 1) Mit Blick auf die fünf Grunddimensionen lässt sich feststellen, dass missionarische Jugendarbeit einen klaren Nachholbedarf im Bereich der diakonia, des Dienstes für die Welt hat. Missionarisches Handeln vollzieht sich nicht nur im Wort oder einer christlichen Binnengemeinschaft, sondern auch in der Tat und den Hinwendungen zu denen, die das Evangelium sogar zuallererst im Blick hat, nämlich die Armen, Schwachen, Marginalisierten und Hilfsbedürftigen unserer Gesellschaft. Angesichts sozialer Not in Deutschland und den Flüchtlingsströmen aus Armuts- und Kriegsgebieten ist missionarische Jugendarbeit gefordert, Konzepte zu entwickeln, die Kindern und Jugendlichen in diesen prekären Situationen eine (Lebens-)Hilfe sind (vgl. Huster in diesem Band).

2 2) Um Kindern und Jugendlichen wirksame Angebote unterbreiten zu können und den Sinn und Zweck bestehender Arbeitsformen zu aktualisieren, ist es zwingend notwendig, dass missionarische Jugendarbeit stärker in den Fokus religionspädagogischer und sozialwissenschaftlicher Forschung rückt. Missionarische Jugendarbeit muss sich professioneller Konzeptentwicklung und wissenschaftlicher Überprüfbarkeit stellen, um zum einen ihrem Auftrag gerecht zu werden und zum anderen transparent zu machen, was sie zu leisten vermag. Dieses Handbuch möchte einen ersten Beitrag dazu leisten. Nur so kann missionarische Jugendarbeit auch diskurs- und anschlussfähig zu anderen Formen der Jugendarbeit sein, von deren Erkenntnissen profitieren und eigene Defizite minimieren.

3 3) Auch wenn missionarische Jugendarbeit an manchen Orten mit Partnerorganisationen im Ausland vernetzt ist, ist derzeit die internationale Perspektive an vielen Stellen noch nicht ausreichend ausgeprägt. Insofern gilt es, die internationale Perspektive und das globale Lernen zukünftig (wieder) zu stärken. So könnte missionarische Jugendarbeit in Theorie wie Praxis von den Entwicklungen anderer Länder profitieren und ein wechselseitiger Austausch entstehen. Zudem ist das Eingebunden-Sein in eine weltweite Gemeinschaft auch aus theologischer Perspektive relevant.

Abschließend muss darauf hingewiesen werden, dass missionarische Jugendarbeit immer abhängig ist von der Begeisterung und Leidenschaft für die Sache des Evangeliums und für junge Menschen. Sie ist kein Konzept, das rein methodisch umgesetzt werden kann, sondern zuerst eine Frage der persönlichen Haltung. Wer von der Liebe Gottes selbst nicht grundsätzlich angesprochen ist, wird mit dieser Form von Jugendarbeit nichts anfangen können und sollte auch nicht in solche Formate gedrängt werden. Dort jedoch, wo aus Freiheit und persönlicher Überzeugung der Sendungsauftrag von Einzelnen und Gruppen glaubhaft gelebt wird, kann das Konzept der missionarischen Jugendarbeit ihr fruchtbares Wirken entfalten. Daher gilt für missionarische Jugendarbeit das, was Berneburg für Mission an sich konstatiert:

„Mission ist eine Frage der Begeisterung. Nötig sind begeisterte Menschen. Begeistert für das Evangelium, begeistert für Jesus Christus, begeistert für die Sache der Mission. Wir haben Anteil an der Missio Dei. Wir erwarten das Handeln Gottes. Der in diese Welt gekommen ist, um seine Menschen zu suchen und zu erretten. Wenn wir Anteil haben an der Sendung Gottes, kann unsere Mission klar und ernsthaft sein und zur Nachfolge einladen und zugleich frei von jedem Krampf und jedem Druck. Im Vertrauen auf Gottes Vollmacht und Sendung lassen wir uns in seine Mission hineinnehmen“ (Berneburg 2007: 10).

Diese Grundhaltung ist dann die Voraussetzung für die Entwicklung einer professionellen Perspektive, die in verschiedenen fachspezifischen Ausbildungen, Studiengängen und Weiterbildungen erworben werden kann14 und für Fachkräfte in diesem Bereich absolut notwendig ist. Auch wenn missionarische Jugendarbeit zunächst aus Überzeugung geschieht, darf sie keinesfalls auf gesicherte Methoden und Konzepte und Professionalität verzichten.

Handbuch missionarische Jugendarbeit

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