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Didaktische Zugänge

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Die komplexe und auf den ersten Blick abstrakte Auferstehungsüberlieferung erfordert ebenso komplexe didaktische Annäherungen. Zu dieser Thematik ist für die religionspädagogische Beschäftigung in jüngerer Zeit eine erhöhte Aufmerksamkeit zu konstatieren.[16] Grundsätzlich gilt, dass die Auferstehungsthematik aus sachlichen Gründen als Kernbestand des christlichen Glaubens im Bereich religiöser Bildung unbedingt zu bearbeiten ist. Dabei stellen sich angesichts der gegenwärtig intensiv geführten Kompetenzdebatte besondere Herausforderungen für die Behandlung der Auferstehungsthematik gerade innerhalb eines schulischen Religionsunterrichts, der auf mehr als nur eine vermittlungsgesteuerte Output-Orientierung abzielen will. Zudem ist angesichts der zunehmenden Heterogenität der Schülerschaft[17] und den Herausforderungen |173|des interreligiösen Dialogs zu bedenken, wie sich die christlichen Auferstehungsvorstellungen auch über die eigenen Traditionsgrenzen hinaus angemessen thematisieren lassen. Jedenfalls käme ein Verzicht auf die Thematisierung angesichts der unbestreitbaren Sperrigkeit der Überlieferungstradition über kurz oder lang einer Selbstsäkularisierung des eigenen Bildungsanspruchs gleich. Dabei kann die ausdrückliche Bezugnahme auf die biblische Auferstehungsüberlieferung nicht einfach nur „nebenbei“ geschehen, sondern es muss auch deren Textbestand und Geltungsanspruch so ernst wie möglich genommen werden. Bibeldidaktisch gesprochen erschließt sich diese Überlieferung nur dann, wenn sie selbst in ihrem Bilderreichtum und in ihrer denkerischen Tiefe, das Unerklärliche verstehbar zu machen, zum Ausdruck gebracht und zugleich für die je individuelle Auseinandersetzung möglichst anschaulich gemacht wird. Insofern ist für die thematische Behandlung im Religionsunterricht das ganze Feld kognitiver, diskursiver und interaktiver Bildungsprozesse zu berücksichtigen. Ausgangspunkt didaktischer Reflexionen zur Auferstehungsfrage muss dabei die Überlegung sein, welche existenziellen Lebensfragen Kinder und Jugendliche mit diesem Themenkomplex verbinden und welche Orientierungsleistung die biblische Überlieferung hier für sie bereitzustellen vermag.[18] Eine reine Information über unterschiedliche Jenseitsvorstellungen kann einem solchen ganzheitlichen Bildungsanspruch ebenso wenig gerecht werden wie der Versuch einer auf bloße Bekenntniswiedergabe abzielenden Unterrichtspraxis.

Konkret bedeutet dies, Erfahrungen persönlichen Verlusts und eigener Trauer ebenso in die thematische Erarbeitung zu integrieren wie die Hoffnung auf individuelle und kollektive Erlösung in einer widersprüchlichen und unerlösten, von Schuld- und Versagensgefühlen geprägten Lebenswelt[19] – und dies als lebensweltlich relevante Deutung des Todes und der Hoffnung auf Erlösung als Auferweckt-Werden.[20] Dass dies auch eine möglichst intensive Aufnahme der biblischen und theologischen Traditionen, Bilder und Symbole notwendig macht, sei hier grundsätzlich betont.[21] Zu denken ist hier konkret etwa an die gemeinsame Vorbereitung und das Feiern der Osternacht und des Ostermorgens – eine Form der ganzheitlichen, erfahrungs- und handlungsorientierten Annäherung an den tieferen Sinn der Auferstehung als unverfügbaren und überraschend geschenkten Neubeginn des Lebens. In der gemeinsamen Erschließung der biblischen Texte und dann im liturgischen Vollzug und Erleben des anbrechenden Tages kann Kindern und Jugendlichen Ostern in seiner transzendenten und |174|ganz realen Ereignishaftigkeit deutlich werden: „Die Gottesbeziehung steht im Zentrum“.[22]

Didaktisch gesprochen sind gerade im Auferstehungsthema biblische und individuelle, bildhaft-anschauliche Narration in hohem Maß miteinander verknüpfbar.[23] So wird sich im kinder- und jugendtheologischen Gespräch das Wundersame und auch Unvorstellbare der Ostererzählungen ebenso zur Sprache bringen lassen wie die darin zum Ausdruck kommende Hoffnung auf die Überwindung des Todes. Und ihren konkreten „Sitz im gegenwärtigen Leben“ erlangt diese biblische Botschaft dann, wenn sich dadurch auch – im guten Sinne – tröstliche Perspektiven für den Umgang mit den gegenwärtigen existenziellen Fragen eröffnen. Dafür mögen dann etwa schon die Bilder des lichtvollen Morgens oder des liebevollen Begleiters auf dem Weg nach Emmaus reale Orientierung vermitteln.

Mit Konfirmandinnen und Konfirmanden lässt sich die Verheißung der neuen Schöpfung im Zusammenhang der Vorbereitung und Teilnahme an einer Taufe ganz real vor Augen führen. Hier besteht für die Konfirmationsarbeit die Chance, die biblischen Auferstehungstexte mit der Taufe selbst zu verkoppeln und damit wechselseitige Erschliessungsprozesse zwischen Überlieferung und kirchlichem Handeln anzustoßen.[24] Dass dabei an den sperrigen paulinischen Texten immer auch ernsthaft theologisch „gekaut“ und „gebissen“ werden muss, ist für eine anspruchsvolle bibeldidaktische Bildungsarbeit hier so wesentlich wie notwendig.

Ohne die Öffnung für die vorhandenen Sehnsüchte der Kinder und Jugendlichen lässt sich jedenfalls der Tiefensinn der biblischen Auferstehungsbotschaft und Hoffnung auf Neuschöpfung in ihrem Kern weder anschaulich noch plausibel machen. Im Einzelfall sonderbare Jenseitsvorstellungen sollten aber nur ausgesprochen behutsam relativiert und entmythologisiert werden. Gerade bei diesem schwerwiegenden Thema müssen auch die Lehrpersonen ihre eigenen Gefühlslagen und Grundfragen bewusst als transparentes Dialogangebot mit in diese Prozesse einbringen.

Inhaltlich ist dabei neben der im engeren Sinn religiösen Dimension auch die ethische Dimension des Osterglaubens mit in die Unterrichtswirklichkeit zu integrieren. Versteht man die Auferstehungsbotschaft als schon sichtbar gewordene Hoffnung für das Diesseits, so sind die daraus möglichen Urteils- und Handlungskonsequenzen im Religionsunterricht ausdrücklich mit zu thematisieren; gedacht werden kann hier beispielsweise an aktuelle Fragen wie Sterbehilfe und |175|Hospizarbeit oder Organspende, aber auch die Dimension der Theodizeefrage bis hin zum Protest gegen den alltäglichen menschengemachten Tod – im Sinn der durchaus ernst gemeinten Frage: „Gibt es ein Leben vor dem Tod?“

Dafür ist zu betonen, dass nicht alle dieser Annäherungen explizit versprachlicht werden können und brauchen. Insofern können gemeinsame Inszenierungen christlicher Auferstehungshoffnung zu wesentlichen Erfahrungen der tiefen Sehnsucht biblischer Überlieferung werden. Dass religiöse Bildung am Ort der Schule gerade im Ernstfall konkreter Todeserfahrungen eine hilfreiche Orientierung liefern kann, lässt sich durch konkrete schulseelsorgerliche[25] und rituelle Angebote verdeutlichen, in denen Trost, Hoffnung und neue Weggemeinschaft zugesprochen werden.

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