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2. Gegenseitige Verlegenheiten

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Die im Laufe der Geschichte wechselnden Versuche, aus christlicher Sicht mit dem Koran zurechtzukommen, bekunden bei allen Unterschieden ein Gemeinsames: die Beunruhigung darüber, dass nach dem Wirken Jesu, nach den Erfahrungen und Bezeugungen seiner Geschichte, nach der Entfaltung des christlichen Bekenntnisses, ja sogar in dessen nahem Umfeld eine neue Prophetie aufkam, die den Kirchen, ihren Schriften und Überlieferungen die Legitimität bestritt. Dies musste aber nicht zur Ratlosigkeit führen; man konnte ja den Konflikt in aggressiver Beschuldigung der anderen austragen. Je mehr sich jedoch in der Neuzeit ein Klima des wechselseitigen Respekts durchsetzte, umso schwächer wurde diese Strategie und umso offenkundiger kam die Verlegenheit, die unterschwellig schon immer vorhanden war, zum Vorschein.

Für die islamische Seite gilt grundsätzlich Ähnliches: Der Koran hat außer der polytheistischen Bevölkerung Arabiens auch die jüdische und christliche vor Augen und spricht sie unmittelbar an unter der Voraussetzung, dass er nichts anderes verkünde, als schon die Propheten Israels, zuletzt auch Jesus, verkündet haben. Die Erfahrung, dass Juden und Christen in ihrer Mehrheit der Verkündigung Mohammeds nicht folgen, in ihr den eigenen Glauben nicht hinreichend bezeugt finden, ist im Koran selbst intensiv gegenwärtig – mit Aufrufen zur Einsicht wie mit heftigen Beschuldigungen. Auch hier stellt sich die Frage, ob das gegensätzliche Verhältnis zum Koran und dessen Ablehnung durch Juden und Christen einfach nur diesen anderen Glaubensgemeinschaften angelastet werden kann oder ob es nicht sonst noch Möglichkeiten gibt, diesen Zwiespalt zu verarbeiten.

Die Verlegenheiten äußern sich bei Christen und Muslimen in je eigenen Reaktionen (ohne dass diese von den Betroffenen selbst als Ausdruck von Verlegenheit erfahren werden müssten). Für das heutige interreligiöse Verhältnis sind es vor allem zwei: dass einerseits Christen zum Koran kaum etwas zu sagen wissen und anderseits Muslime sich weithin darauf beschränken, den biblischen Glauben und das christliche Bekenntnis vom Koran her zur Kenntnis zu nehmen, obwohl dieser dabei in seinem Informationsgehalt weit hinter den biblischen und kirchlichen Zeugnissen zurückbleibt.

Der Koran

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