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15This is my least favourite life

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Ihre langen, glatten Beine schmiegten sich in einer einzigen, ununterbrochenen Bewegung aneinander, die Wärme des eigenen Schweißes auf ihrer Haut verreibend, die sanft in der nachmittäglichen Sommersonne glänzte. Kein Härchen war zu erkennen, die Zehennägel frisch lackiert. Eine kleine Narbe über der linken Kniescheibe, ohne die er sie sich gar nicht mehr vorstellen konnte. Groß genug, um Individualität zu signalisieren, klein genug, um nicht unästhetisch zu sein. Langsam drehte sich ihr Körper auf den Bauch, die Rückseite ihrer Beine entblößend, noch etwas blasser als die Vorderseite, der Sommer war bisher eher enttäuschend gewesen, doch dafür konnte er ihre beide festen Pobacken betrachten, die nur vom dünnen, beinahe transparenten Dreieck ihres Bikini-Höschens bedeckt war. Beinahe enttäuscht hatte er feststellen müssen, dass sie dieses Mal nicht ihr normales Höschen anhatte, welches vollkommen durchsichtig wurde, sobald sie lange genug in der Sonne lag und ordentlich schwitzte.

Durch die zahlreichen Zentimeter großen Ritzen des herunter gelassenen Rollladens ließ sich die Hitze, die sich auf das Dorf gelegt hatte, nur erahnen, kaum trat die Sonne durch die winzigen Öffnungen, die Christian sich zugestand. Sein hartes Glied presste sich gegen den kühlen Heizkörper, sein Atem legte sich feucht auf die Fensterscheibe, die er später nicht vergessen durfte zu säubern, um keine verräterischen Spuren zu hinterlassen. Zu oft war er mit seiner Nase an die Scheibe gekommen oder hatte sich unbewusst mit der flachen Hand abgestützt. Ob es anschließend wirklich nicht bemerkt worden war, konnte er nicht sagen.

Ihre Augen lagen versteckt unter einer Sonnenbrille, die viel zu groß für ihren kleinen Kopf war, dessen zierlicher Hals ihn in seine Richtung drehte. Wieder durchfuhr es ihn aus Angst, sie könnte ihn ansehen, als würden ihre Augen sich auf halbem Weg treffen, irgendwo in der Schlucht hinter dem heruntergelassenen Rollladen und der Absperrung ihrer Dachterrasse. Obwohl er sicher war, es sei unmöglich, ließ er seine Hände von seinen Brustwarzen ab, konnte sich aber genauso wenig vom Fenster lösen und wieder stand sie nicht auf, wandte sich irgendwann ab, weil sie ihn entweder nicht gesehen hatte, oder, was er manchmal versuchte zu glauben, weil sie beobachtet werden wollte.

Er kannte weder ihren Namen, noch ihr Alter, noch ihre Schule. Ihm war nur bekannt, dass es nicht seine Schule war, denn sonst hätte er sie schon einmal dort gesehen. Sie war jünger als er, vielleicht vierzehn, vielleicht fünfzehn. Wahrscheinlich hatte er einmal ihren Namen gehört, als seine Mutter diesen erwähnt hatte, bei ihrem Einzug vor ein paar Jahren in seinem Nachbarhaus. Aber seitdem hatte sie es nicht mehr wiederholt und seitdem er sie beobachtete, traute er sich nicht mehr, seine Mutter zu fragen, um keinen Verdacht zu erregen. Das war mittlerweile zwei Jahre her und ungefähr genauso lange beobachtete er sie schon. Nicht nur im Sommer, auch wenn dies ungleich aufregender und erregender war, aus allzu verständlichen Gründen. Im Winter musste er sich dabei begnügen, sie durch das Fenster ihrer Terrassentür zu beobachten, wenn sie am Küchentisch saß, zum Abendessen, oder um ihre Hausaufgaben zu machen. Das sie beinahe jeden Tag an dem einzigen Platz in ihrer Küche Platz nahm, an dem er sie durch das Badezimmerfenster des obersten Stock seines Elternhauses beobachten konnte, betrachtete er, je nach Laune, als Schicksal oder Zufall. Im Winter war es meistens nicht einmal erregend, da sie nicht nur vollkommen bekleidet war, sondern hinter einer transparenten Jalousie saß, die ihn zwar hindurchblicken, jedoch nicht mehr alles scharf erkennen ließ. Trotzdem verbrachte er Stunden damit sie zu beobachten, manchmal mehrere täglich.

Tage wie dieser gehörten zu den Höhepunkten seiner Jugend.

Manchmal fragte er sich, woran sie dachte, wenn sie so vor ihm lag, ihren jugendlichen, beinahe kindlichen Körper präsentierend, der gerade dabei war die ersten Reize der Weiblichkeit auszubilden, ihn unbewusst – oder vielleicht doch teils bewusst? - daran teilhaben lassend. Ob sie überhaupt an etwas dachte? Manchmal fiel es ihm schwer andere Menschen als Menschen wahrzunehmen, ähnlich von Gedanken und Gefühlen erfüllt, wie er selbst. Dies würde auch erklären, warum er sich dabei so schwer tat, mit anderen Menschen zu reden, nicht nur in seinem Alter, nicht nur Mädchen, auch wenn ihm das am schwersten fiel. Nie war er beliebt gewesen, aber auch nie unbeliebt, was vielleicht daran lag, dass er so selten wahrgenommen wurde und wenn er erlebte, wie andere Schüler in seiner Klasse verprügelt und gemobbt wurden, war es vielleicht nicht der schlechteste Status. So lebte er vor sich hin, mit den Gedanken an die Beine des Nachbarmädchens, ihrer langsam sprießenden Brüste und der Hoffnung sie zu sehen, während die Minutenzeiger des Klassenzimmers langsam voran krochen. Ein Leben in Selbstgenügsamkeit.

Die Stunden krochen dahin, sie schien zu schlafen, oder zu dösen, scheinbar lief Musik über ihren Discman, wie ein Uhrwerk wendete sie sich jede halbe Stunde und immer wieder deutete sie Bewegungen an, die ihn darauf hoffen ließen, dass sie ihr Bikini-Oberteil ablegen würde, was nie geschah. Irgendwann stand sie scheinbar grundlos auf und verließ die Terrasse, die Sonne schien noch, aber wahrscheinlich nicht mehr lange genug. Es war bereits Abend, wobei er bemerkte, Hunger zu haben. Seine Familie war nicht da, er hatte vergessen, wohin sie gegangen waren, sein Bruder wahrscheinlich ins Freibad.

Wenig später saß er vor seinem Computer. Freitag Abend begann und er würde nicht irgendwo trinken. Es war ihm verboten bis er seinen sechzehnten Geburtstag erreichte, was glücklicherweise in ein paar Tagen war. Jedoch konfrontierte ihn das mit der Angst, mit wem er dann eigentlich würde weggehen können. Lichter eines Videospiels vermischten sich mit dem tiefen Orange eines lange anhaltenden Sonnenuntergangs, dessen Strahlen sich über dutzende zerpflückter Wolken verteilten. Das Virtuelle vermischte sich in seinem Gesicht mit dem Analogen, gebrochen in blicklosen Augen, die gebannt den Bewegungen auf dem Monitor folgten. Auf der Straße lachten Kinder, zusammen mit dem letzten warmen Wind des Abends durch das geöffnete Fenster zu ihm durchdringend. In Gedanken vertrieb er die Möglichkeit spontan doch zur Stufenparty zu gehen, mit der Ausrede, nicht einmal zu wissen, wie er dahin kommen sollte, da er in diesem Dorf feststeckte.

Ungewollt kam ihm die Geschichte seiner Mutter in den Sinn, in welcher sie von ihrer letzten Schulparty erzählte, bei der angeblich alle so betrunken gewesen waren, dass ein Teil in der Hütte randaliert hatte, Stühle zerschlagen, und überall hin gekotzt hatte, sodass sie und ein paar Freundinnen von ihr – es fiel ihm schwer, seine Mutter mit Freundinnen vorzustellen – die Überreste am nächsten Morgen aufräumen und saubermachen durften. Hätte er damals gewusst, dass er seine Abiturfeier im vollkommen betrunkenen Zustand, auf der verzweifelten Suche nach dem Rückweg zur Party, in einer Dorfkirche schlafen würde, hätte er nur müde darüber lachen können. So war es zwar keine gute Begründung, aber vielleicht eine willkommene Ausrede, daheim zu bleiben und zu zocken. Als Entschädigung und unter Einforderung des Versprechens, er würde sich nicht selbstständig auf den Weg zur Party machen, hatte sie ihm ein Spiel gekauft, dem er sich nun widmete. Als ob er den Mut gefunden hätte, sich ohne diesem über das Verbot hinweg zu setzen.

Hatte er eigentlich jemals gegen ein Verbot verstoßen? Jenseits der FSK wohl kaum.

Vieles machte er falsch, war wahrscheinlich verwerflich und hätte seine Mutter verzweifeln lassen – seine Existenz als nachmittäglicher war Voyeur wahrscheinlich nicht einmal am schlimmsten – doch tat er all diese Dinge in der Einsamkeit des Geheimnisses, in welchem sie zumindest noch Bedeutung zu haben schienen.

Schon früh hatte er gelernt viele Dinge geheim zu halten, sie nur mit sich auszumachen. Menschen zu meiden und sie von seinem Inneren fernzuhalten hatte zudem den angenehmen Nebeneffekt, in Besitz eines Wissens zu sein, welches dem Zugriff anderer entzogen war, ihm ein Alleinstellungsmerkmal, eine Besonderheit gebend, die er sonst niemals würde erreichen können. Das andere davon nichts wahrnahmen, nichts wahrnehmen konnten, verstärkte nur seine isolationistischen Tendenzen. Es war zumindest eine Form von Freiheit.

Sein Blick wanderte durch die verschmierten Fensterscheiben auf die leere Straße vor dem Haus. Der Bürgersteig ging nahtlos in den Asphalt über, dessen Wärme er bis in das Zimmer zu spüren glaubte. Vögel und Insekten schufen eine tranceartige Soundkulisse, die nicht einmal von den selten vorbeifahrenden Autos gestört wurde. Menschen sah er keine, gab es nicht, die Sonne ging langsam unter, aber bis zur Nacht würde es noch lange dauern. Wie wohltuend ein wenig Regen sein würde. Keine Wolke war mehr am Himmel. Aufgelöst unter den orangeroten Strahlen des Sommers.

Dann war der Ladebildschirm des Spiels vorbei und es konnte weitergehen, die Blicke fest auf den Monitor fixiert, wo seine Kugeln Dutzende töteten, sein Alter-Ego sich durch die Straßen eines Dritte Welt Landes schlachtete, die schwarzen Körper um ihn herum zum erliegen kamen. Der Abend brach herein, der Sonnenuntergang verschwand und irgendwann auch ihr Licht, nur gelegentlich, seltener mit zunehmender Dunkelheit, verließen Blicke oder Gedanken das kleine Zimmer, in dem es immer nach Katzenpisse roch, manchmal mehr, manchmal weniger. Niemand ging der Straße entlang, kaum ein Auto fuhr vorbei.

Umso stärker drangen die laut hallenden Schritte in seine Wahrnehmung, als sie sich selbstbewusst seinem Elternhaus näherten. Schnell positionierte er sich nahe des Fensters, froh, kein Licht eingeschaltet zu haben, da man ihn auf diese Weise nicht so schnell sehen konnte. Das Klacken konnte nur von hochhackigen Schuhen kommen und die Uhrzeit ließ nicht unbedingt vermuten, dass es eine alte Frau sein würde. Als dann aber die namenlose Nachbarin, mit ebensolchen Schuhen, einem Minirock, der noch die Ansätze ihres Hinterns darunter hervor blicken ließ, sowie einem bauchfreien Top und stark geschminkt, die Straße hinauf stolzierte – vielleicht etwas übertrieben, in Anbetracht ihrer offensichtlichen Schwierigkeiten mit solchen Schuhen zu gehen – schoss ihm zugleich das Blut in sein Glied, die Hände an seine Brustwarzen, sowie das Gefühl zurückgelassen zu werden in den Verstand. Ihr Hintern bewegte sich halbwegs rhythmisch und provokant platziert bei jedem Schritt in die eine, dann die andere Richtung, einem trashigen Hollywood-B-Movie entsprechend, so wie sie es alle gelernt hatten, um dann seinen Blicken zu entschwinden. Müde und erregt blickte er an sich herab, bald sechzehn Jahre alt, an einem Freitag Abend. Zum Glück würde es sich bald ändern, dachte er bei sich, verwundert, dass ihn das dreizehn- oder vierzehnjährige Nachbarmädchen bereits übertroffen hatte, mit der angstvollen Frage begleitet, wer sich diese Nacht mit ihr amüsieren würde, während er schwarzen Bürgerkriegern Kugeln in den Kopf jagte.

Leise fluchte er, als er sich beim Hinsetzen seinen halb harten Schwanz an der Tischkante anschlug.

Weißer Mann, was nun?

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