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5Winter fühlt sich anders an
ОглавлениеAls die ersten Schüsse fielen onanierte er zu Erinnerungen an eine Minderjährige, wenn auch unkonzentriert und unstetig. Nebenbei war er zufällig bei Spiegel Online zeitnah auf die entsprechende Eilmeldung gestoßen. Von seinem Schwanz ablassend – was in dieser Nacht ohnehin ein aussichtsloses Unterfangen zu sein schien – verfolgte er nun die Geschehnisse im Live-Ticker verschiedener nationaler und internationaler Nachrichtenformate. In einer Mischung aus Interesse am Geschehen und Langeweile wandte er den Großteil der folgenden Stunden für das Aktualisieren der entsprechenden Seiten auf. Beginnend bei der BBC, über den Telegraph, den Tagesspiegel, SPON bis zu CNN. Nicht, dass die Berichte sich in irgendeiner signifikanten Weise unterschieden hätten – selbst Russia Today bewegte sich erstaunlich nahe am Mainstream der Berichterstattung – außer in den Schätzungen der Anzahl der Toten, wobei die Russen natürlich die Spitzenposition einnahm und somit sein größtes Interesse weckte. CNN folgte kurz darauf, aufgrund einer marginal höheren Frequenz an Informationen, die oft genug keine waren. Sprach RT sofort von mindestens hundert Toten im Bataclan, waren andere Schätzungen konservativer und letztlich korrekter, auf Kosten von Christians Sinn für Dramatik.
Seinem Magen ging es immer noch nicht gut, wobei er mittlerweile anfing, es auf seine Nervosität – oder Adrenalin – bezüglich der Meldungen zu schieben und dabei wieder anfing zu trinken. Es war der gleiche Wein vom Vorabend und es fiel ihm schwer sich zu erinnern, wann er diesen gekauft hatte. Blassgelbes Licht lag auf seinem leeren Schreibtisch, den Inhalt der Flasche unangenehm kränklich wirken lassend.
Eine Nachricht folgte der nächsten, immer wieder unterbrochen von Bildern, die in ihrer scheinbaren Dramatik vor allem von ihrem fehlendem Inhalt ablenken sollten. Blaulichter, Streifenwagen, bewaffnete Polizisten, bewaffnete Soldaten, Blut auf den Straßen, umgeworfene Stühle, Glasscherben auf herbstlichem Asphalt. Alles dramatisch, brutal, wie im Film, einer guten Netflixserie. Zahlen, Details, Schätzungen, die immer wieder genannt wurden, dramaturgisch gewinnbringend eingesetzt und wiederverwertet, mit Hinweisen auf Charlie Hebdo, sodass man sich unwillkürlich fragen musste, ob nicht das Ganze nur eine Medienerfindung gewesen sein könnte, die am nächsten Tage natürlich aufgeklärt werden würde, aber kurzfristig das Freitagabend Programm interessanter gestalten konnte. Es war die mit Spannung erwartete zweite Staffel. Andererseits lief zur selben Zeit ein Fußballspiel, also schien es entweder unrealistisch oder jemand hatte sich mit dem Timing vertan. Dennoch, egal was es war, Christian konnte dankbar sein, denn die Stunden verstrichen schneller und schienen eine Abart von Sinn zu entfalten, und sei es durch das schale Gefühl, zumindest passiv am Weltgeschehen teilzuhaben, an etwas schwer definierbar Bedeutendem. Eine schwarze Spinne rannte langbeinig, immer wieder stockend über die Tischplatte, ungelenkig geschickt ihre viel zu zahlreichen Beine aneinander vorbei schiebend, den kleinen Kugelkörper hinterher ziehend, nur die Andeutung eines Kokons im vergrößernden Schatten der dimmen Lichts projizierend. Wieder wurde die Zahl der Toten erhört. Kurz überlegte er ein Bier aus dem Kühlschrank zu nehmen, blieb dann aber bei Rotwein. Es schien dem Anlass mehr zu entsprechen, auch wenn er sich wünschte, besseren gekauft zu haben.
Eine Band war wohl involviert. Angels of Death Metal. Woher kannte er den Namen? Irgendwo hatte er ihn schon einmal vernommen, entweder auf irgendeiner Internetseite oder von Freunden, durch Zufall, da er sich recht sicher war, nie einen Song von ihnen gehört zu haben, zumindest nicht bewusst. Ob sie die Nacht überlebt hatten, ob sie sie überleben würden? Hatte man sie direkt als Ziel ausgewählt? Es wären immerhin prominente Opfer, was dem Ganzen einen nahezu klischeehaften Anstrich verlieh. Als würde aus einem glaubhaften Thriller ein mittelmäßiges B-Movie. Eine Geiselnahme, mit einer schwer zu schätzenden Menge an Opfern, die sich aber sicherlich im dreistelligen Bereich befinden mussten, so wurde zumindest berichtet. Noch ungezählte Opfer in verschiedenen Cafés und Bars auf einem großen Boulevard, auf dem immer noch geschossen wurde. Erste Bilder von Leichen, aus der Entfernung, Blutlachen, oder ähnliches, was schwer auszumachen war – aber was sollte es sonst sein? Im Blut der Opfer reflektierte sich das Licht der Einsatzwagen. Sondereinsatzkommandos seien vor Ort, die ersten Attentäter erschossen. Verknüpfungen zu ähnlichen Anschlägen in Russland wurden bemüht. Tschetschenen in Moskau und Beslan, als würden sie damit in Zusammenhang stehen können, oder als würde sich noch jemand daran erinnern.
Eine Facebook-Nachricht machte sich mit dem neuen Signalgeräusch bemerkbar, an welches er sich immer noch nicht gewöhnen konnte. Eine ehemalige Kommilitonin fragte in einer alten Gruppe, ob es einem anderen ehemaligen Kommilitonen gut gehe, der derzeit wohl in Paris sei. Normalerweise hätte Christian instinktiv die Nachricht weg geklickt, nicht nur weil nicht gewusst hatte, dass es diese Gruppe noch gab, geschweige denn, dass besagter Kommilitone in Paris sei. Vielleicht arbeitete dieser sogar dort, was er zu verdrängen versuchte und augenblicklich Neid aufkam. Für einen Moment wollte er ebenfalls seine Besorgnis ausdrücken, tat es dann nicht und wartete.
Wartete.
Natürlich würde keine Antwort aus Paris kommen. Wahrscheinlich waren alle Netze zusammengebrochen, weil jeder versuchen würde, irgendwen zu erreichen, sodass am Ende, wie immer, niemand jemanden erreichte. Noch einige Sekunden starrte er reglos auf die leere Zeile, ohne eine Reaktion erzwingen zu können. Was sie wohl gerade machte? Dann öffnete er doch ein Bier und versuchte mit der Aktualisierung sämtlicher Nachrichtenseiten die Gedanken an das Mädchen zu verdrängen, das sich auf so unerwartete Weise zurück in sein Leben geschoben hatte. Die Anzahl der Toten stieg, kalte Luft drang in sein Zimmer. Ein versuchter Bombenanschlag auf das Fußballspiel. Die Wiederholung der Reaktionen des Publikums auf die Detonation bereits zu einem GIF verarbeitet, da niemand in dem Moment ahnte, was es damit auf sich hatte. Und der Rotwein ließ seinen Kater langsam in Vergessenheit geraten, während das Bier ihn wieder wachrief. Der Wind wirkte wärmer, beinahe wie Frühling. Bilder aus Paris zeigten Menschen in T-Shirts und Röcken – wenn auch nicht allzu kurzen – wie sie rannten und weinten und auf die ersten Fragen der Reporter reagierten, während die Stürmung des Bataclan vorbereitet wurde und er sich fragte, ob sie das nicht lieber geheim halten wollten und wie es sein konnte, dass er im November noch so warm war.
Beinahe hätte man vergessen können, dass es Winter war.
In den längeren Informationspausen, vor allem bevor sie die Disco stürmten und Berichte der vielen
Leichen an die Öffentlichkeit drangen, fuhr er fort mit der Erforschung seiner favorisierten Porno-Seiten, abgrasend nach weiteren Filmen seiner Lieblingsmodels. Doch war er auch hier nicht allzu erfolgreich. Bis er einen kurzen Film mit Goldie Rush fand, einem Mädchen, das er erst vor kurzem für sich entdeckt hatte, in dem sie sich an verschiedene Maschinen fesseln ließ, die sie bearbeiteten bis ihr Körper vor Schweiß glänzte. Doch hatte er nur Zugriff auf den etwa sechzig Sekunden langen Clip und dann kamen auch schon die ersten Berichte aus dem Bataclan, welche ihn die nächsten Minuten beschäftigt hielten, während sich das Bier seinem Ende näherte und bereits schal schmeckte. Die Vorstellung, etwas Großes zu erleben schwebte über allem, etwas Bedeutendes, an dem er teilnahm, wie seine Kindheitserinnerungen an 9/11, selbst wenn er zwischendurch immer wieder zu Pornos schaltete. Es dauerte nicht lange, bis die ersten Berichte von Leichenbergen ins Netz gelangten, bis Videos von weiteren fliehenden Studenten erschienen. Noch immer hatten sie nichts von ihrem ehemaligen Kommilitonen gehört, während mehr und mehr Berichte aus dem Club kamen, sowie Videos junger Menschen, die aus Fenstern kletterten und stürzten. Zwischen dem steten Live-Ticker Strom schoben sich immer wieder Werbeanzeigen, für Versicherungen, für Autos, als ob er sich eines leisten könnte. So viel zur künstlichen Intelligenz und der Macht der Algorithmen, dachte er und holte ein weiteres Bier. Als er aufstand schwankte er leicht und stolperte über ein am Boden liegendes Buches, versuchte es aufzuheben und stolperte erneut nach vorne, entschied sich dann dagegen und beschränkte sich auf das nächste Bier. Die Kühle tat gut. Wenn er sich die Flasche an die Stirn hielt hörten für ein paar Sekunden die leichten, aber latenten Kopfschmerzen auf. Seine Augen brannten jedes Mal, wenn die Lider sich kurz schlossen. Als würden sie in seine Hornhaut schneiden. Bei jeder kleinen Zuckung, jedem Blinzeln. Unter der dünnen Haut lauerten Rasiermesser. Die Nacht war schon deutlich vorangeschritten, doch zumindest stand das Wochenende bevor.
Mittlerweile gingen alle Berichterstatter davon aus, dass am Fußballstadion – dessen Namen er schon wieder vergessen hatte und zu betrunken war, um nachzusehen – tatsächlich ein Bombenanschlag durchgeführt werden sollte und wohl auch auf jemanden geschossen worden war. Oder war das überhaupt eine neue Information? Wahrscheinlich hatten die Terroristen erfolglos versucht, in das Stadion einzudringen. Wieso sollten sie sich sonst auf einem fast leeren Parkplatz in die Luft sprengen? Er versuchte sich vorzustellen, was dann geschehen wäre. Explosionsblitze, panische Menschenmassen, die sich gegenseitig niedertrampelten, eine vollkommen neue Dynamik, welche die Nacht vor sich hergetrieben hätte. Doch war er in diesen Sekunden gedanklich zunehmend auf das Mädchen fixiert. Überlappende Geschehensstrukturen vermischten sich mit Rotwein und billigem Bier, welches nicht richtig kalt war, obwohl es den ganzen Tag im Kühlschrank gestanden hatten, und laute Stimmen vor seinem Fenster, die nicht richtig dazugehören wollten.
Mit nervösen Blicken suchte er ihren Namen. Sie hatte wieder Kontakt aufgenommen, wenn auch nicht direkt zu ihm. So suchte er den Chat ab, in dessen Verlauf sich weitere ehemalige Kommilitonen gemeldet hatten, die alle keine Ahnung hatten, was mit ihrem Bekannten in Paris sei. Er ignorierte sie alle. Sarah, nur nach ihr suchte er. Und natürlich erinnerte er sich an sie, selbst wenn es einige Sekunden dauerte, bis es ihm klar wurde. Schrecklich, was da gerade passiert... Und natürlich hatte er sie nie vergessen, nur erfolgreich vermieden, an sie zu denken, bestrebt, keine alten Geistern zu wecken, sich nicht mehr zu bestrafen, als er ohnehin schon gestraft war. So wartete er, bis Facebook anzeigte, dass seine Nachricht gelesen wurde. Lange musste er nicht warten, nur ein paar Aktualisierungen der Nachrichtenlage, die außer ein paar verschwommenen Bildern mit Blut, verwüsteten Cafés und Blaulichtern nichts ergaben. Leergefegte Straßen an einem Freitagabend in Paris. So müsste der Tod aussehen. Vor seinem Fenster hörte er Stimmen, betrunkene Männer, oder vor allem Männer, ein wenig aggressiv, keine Schritte. Sehen konnte er sie genauso wenig, wie ihre Sprache verstehen. Vielleicht lag es an der Distanz, oder am Echo, als ihre Wortfetzen von den konturlosen Wänden der Betonblockhäuser abprallte. Schallenwellenfluten brandeten an seine Fensterfront, deren Aluminiumjalousie bereits wieder hochgefahren war. Es war frustrierend.
Ja, furchtbar. Ich hoffe Stefan geht es gut. Wobei er tatsächlich kurz überlegen musste, wen sie damit meinte. Erst nachdem er geantwortet hatte, fiel es ihm wieder ein. Unklare Bilder vermischten sich vor seinem inneren Auge, mit dem Gefühl, in die falsche Richtung zu denken, verschmelzende Gesichtsstrukturen, sich auflösende Wangenknochen, herabfließendes Haar, welches mit grobem Platschen auf dem Boden aufschlug und Rauchwolken über Paris von zahlreichen Explosionen, bis er die Augen aufriss und feststellte, kurz eingeschlafen zu sein. Kurzer, verschwommener Blick auf die Uhr, in der Hoffnung, nicht zu viel verpasst, sie nicht zu lange auf eine Reaktion warten gelassen zu haben. Schweiß stand auf seiner Stirn, stank aus seinen Achseln. Angstbilder formten seinen Monitor.
Es war viel zu warm für November.
Das hoffe ich auch – hattest du in letzter Zeit etwas von ihm gehört? Vielleicht ist er gerade gar nicht in Paris. Es fällt schwer das Gespräch von einer Person wegzulenken, die sich eventuell in der Mitte eines großangelegten Terroranschlags befindet. Vor allem, wenn sein Gehirn so müde und benebelt war, wie das seine.
Nein, schon länger nichts mehr. Aber es ist mitten im Semester, ich befürchte schon, dass er in der
Stadt ist... Die Stimmen wurden lauter, auch wenn er weiterhin keine Schritte hören konnte, wobei er trotzdem überlegte, den elektrischen Rollladen zu schließen, um nicht gesehen zu werden. Wer wusste schon, was das für Männer waren. In letzter Zeit hatte er öfter von Schlägereien und Überfällen in der Nachbarschaft gehört. Vor ein paar Wochen war eine junge Frau im Park vergewaltigt worden. Ob der oder die Täter gefasst wurden, wusste er nicht, konnte sich aber nicht erinnern, irgendetwas dazu gehört zu haben. Nur ein paar Straßen von seiner Wohnung entfernt war ein Mann an seiner Haustür niedergeschossen und ein weiterer in der nahen U-Bahnstation zum Krüppel getreten worden. Seit einiger Zeit sah er sich regelmäßiger die Polizeiberichte an und fragte sich, ob es davor auch schon so schlimm gewesen war, oder die Gegend einfach gefährlicher wurde. Nichts davon hätte ihn überrascht. Eigentlich überraschte es ihn mehr, dass ein solcher Anschlag nicht bereits in Berlin stattgefunden hatte. Es schien so einfach. Und wie es aussah war es das auch.
Gerne hätte er ein Bild von ihr gesehen.
Vermisste er sie?
Wo bist du eigentlich? Bist du noch in Berlin? Das sie selbst den Gesprächsfaden aufrecht erhielt, sogar sich direkt nach ihm erkundigte, überraschte ihn noch mehr, als ihre schnelle Reaktion auf seine Antwort. Es hätte ihn nicht erstaunt, wenn sie ihn einfach ignoriert hätte.
Ja, bin ich, ein wenig an den Rand gezogen. Wie sieht's bei dir aus? Aber darauf folgte Schweigen. Der grüne Punkt war verschwunden und niemand las seine Nachricht. Mittlerweile ging man von über einhundert Toten aus, war aber noch lange nicht fertig, die Leichen zu zählen. Auch waren wohl nicht alle Attentäter erschossen, oder festgenommen. Manche waren auf der Flucht, zudem schien man sich unsicher zu sein, ob nicht in anderen Gegenden der Stadt noch geschossen wurde. Berichte über Twitter und Hashtags die Menschen anderen Menschen Unterschlupf boten, gratis Taxi-Fahrten und mehr breiteten sich aus. Doch der Großteil des Abendprogramms schien vorbei zu sein. Das Datennetz in Paris war wie erwartet zusammengebrochen.
Ob Felina auch in der Stadt war? Sie hatte Französisch studiert, vielleicht machte sie gerade ein Erasmus-Semester? Oder sie war mit ihrem Bachelor schon längst fertig und arbeitete dort oder machte Urlaub. Vielleicht war das der richtige Moment, um wieder Kontakt zu ihr zu suchen, obwohl eine warnende Stimme aus seinem Unterbewusstsein scharfe Einwände dagegen durch seinen Verstand brüllte. Die Plötzlichkeit, mit der die Erinnerung nun auch an sie zurückkam, überraschte ihn selbst, berauschte ihn regelrecht. Er musste an die Fotos auf seinem Laptop denken, seit Jahren verborgen, sein privater Schatz, wie ein Geschenk aus der Vergangenheit. Er öffnete die dritte Flasche Bier, aktualisierte weiter, doch das meiste schien vorbei zu sein. Über hundertdreißig Tote, keine weitere Nachricht von Sarah. Wahrscheinlich hatte sie in der Nacht Besseres zu tun als er. Erschöpfte Gedanken versuchten seine Erinnerungen zu durchforsten, ob sie bei ihrer letzten Begegnung einen Freund gehabt hatte. Aber selbst wenn er sich erinnern könnte, würde immer noch die Möglichkeit bestehen, dass sie sich mittlerweile getrennt hatten. Es war so viel Zeit vergangen.
Warum war er eigentlich so überzeugt, dass es islamistische Terroristen waren? War das irgendwo behauptet worden? Hatte ein Polizist oder ein Zeuge etwas an die Journalisten weitergegeben, über Allahu Akbar-Rufe oder die dunkle Hautfarbe der Täter? Oder gab es schon ein Bekennerschreiben? Oder war es einfach der globale Kontext, der aktuelle Zeitgeist, welcher diese Möglichkeit am wahrscheinlichsten und bekanntesten erscheinen ließ, ihn beinahe zwingend zur realistischsten Option machte? Und wer sollte es auch sonst sein? Er war so müde.
Das nächste Bier war kalt, schmeckte besser, als die voran gegangenen. Vielleicht würde er sie bald treffen. Vage Erinnerungen, in sie verliebt gewesen zu sein kamen zurück in die Gegenwart, wie die weiterhin zu warme Luft durch das leicht geöffnete Fenster. Kaum zu glauben, dass es November war. Ob es in Paris genauso warm war? Er rief sich die Bilder der fliehenden Menschen ins Gedächtnis, in T-Shirts und längeren Sommerkleidern. In Paris wehte selten Wind. Die Stimmen vor seinem Fenster waren verstummt und am nächsten Morgen würde er nicht mehr wissen, wann er eingeschlafen war, wie er sich in sein Bett gelegt, oder wie er sein viertes Bier zur Hälfte über den Boden verschüttet hatte. Nur eine Nachricht von Sarah würde auf ihn warten.