Читать книгу Auswahlband Krimi Winter 2020 - A. F. Morland - Страница 32

Mit langen Sätzen jagte Bount Reiniger durch den finsteren Park. Dort, wo das Freiluftkonzert des Honolulu Symphony Orchestra stattfand, brauchte er Maggie McOmie nicht zu suchen.

Dorthin hatte der clevere Mörder sein Opfer bestimmt nicht bestellt. Aber wo war der Treffpunkt? Keuchend hastete Bount über einen geharkten Kiesweg.

„Maggie!“ rief er mehrmals laut.

Aber die junge Lehrerin antwortete nicht. Konnte sie nicht mehr antworten? Bount krampfte es bei diesem Gedanken das Herz zusammen.

„Maggie!“, schrie er wieder.

Schweiß glänzte auf seiner Stirn. Auch sein Hemd war vom Schweiß getränkt. Bount lief, so schnell er konnte. Dennoch war er in Sorge, dass Tempo würde nicht ausreichen, um Maggie McOmies Leben zu retten.

Palmen, Fettholzsträucher, Tropenpflanzen rückten immer näher an den Kiesweg heran.

Schwer atmend bestritt Bount Reiniger den Wettlauf mit dem Tod.

Da gellte plötzlich ein Schrei auf. Bount mobilisierte seine Kraftreserven. Er war sicher, dass Maggie den Schrei ausgestoßen hatte, und er wusste auch, warum sie geschrien hatte: Sie war soeben ihrem Mörder begegnet.

Jäh verstummte der Schrei. Bount hatte das Gefühl, Eiswasser würde durch seine Adern fließen.

Er sah eine Buschwand. Er sah zitternde Blätter. Er sah vage die Umrisse eines schwarz gekleideten Mannes, der soeben zu Boden ging.

Es war noch nicht zu spät für Maggie. Bount hetzte auf den Maskierten zu. Er warf sich in den Busch. Mit beiden Händen packte er zu.

Er riss den Würger von seinem Opfer weg. Scatman Crothers wirbelte fauchend herum. Als er Bount Reiniger erkannte, stieß er ein schrilles Wutgeheul aus.

Maggie McOmie ergriff auf allen vieren die Flucht. Sie hustete. Sie richtete sich erst zehn Yards entfernt auf und massierte mit schmerzverzerrten Gesicht ihren Hals.

Ihr Blick war verstört. Sie konnte geistig nicht verarbeiten, was sie soeben erlebt hatte.

Scatman Crothers schlug wild auf Bount Reiniger ein.

Bount Reiniger parierte die meisten Hiebe. Er konterte sofort und gewann in diesem Kampf schon bald die Oberhand.

Mit allen erdenklichen Tricks versuchte der schwarze Würger den Detektiv auszuschalten, doch Bount entkräftete alle Finten.

Ein kräftiger Schlag traf schließlich das Kinn des Maskierten.

Scatman Crothers wurde von der Wucht des Schlages zurückgerissen und gegen den Stamm einer Palme geworfen. Fluchend stemmte er sich jedoch sofort wieder davon ab.

Er katapultierte sich Bount Reiniger entgegen.

Bount ließ den Killer anlaufen. Blitzschnell packte er im richtigen Augenblick zu. Eine rasante Drehung. Der Judowurf war perfekt.

Scatman Crothers wirbelte durch die Luft und landete hart auf dem Boden. Bount bückte sich. Während er dem Killer mit der Linken die Maske vom Kopf riss, zog er mit der Rechten die Automatic.

„Das Spiel ist aus, Crothers!“, keuchte Bount.

Der Tennislehrer wollte aufspringen.

„Liegenbleiben!“, warnte Bount Reiniger.

„Ich muss sie töten!“, geiferte der verrückte Mörder. „Ich muss es tun! Ich habe eine Mission zu erfüllen! Sie dürfen mich nicht daran hindern, Reiniger! Ich muss die Welt von diesen Nutten befreien! Sie sollten froh sein, dass ich das tue! Alle Weiber sind schlecht, Reiniger! Huren sind sie! Genau wie meine Mutter! Lassen Sie’s mich tun!“

„Maggie!“, rief Bount, während er Scatman Crothers nicht aus den Augen ließ.

„Ja, Bount?“

„Glauben Sie, dass Sie imstande sind, die Polizei zu verständigen?“

„Ja“, antwortete Maggie und wankte davon.

„Sie verdammter Narr!“, brüllte Scatman Crothers. „Warum lassen Sie sie laufen? Sie muss sterben! Alle müssen sterben! Sie haben kein Recht, auf dieser Welt zu leben!“

„Da bin ich Gott sei Dank anderer Meinung“, erwiderte Bount scharf. Er hielt den keifenden und fluchenden, schreienden und tobenden Mann einige Minuten lang mit seiner 38er in Schach.

Dann traf ein Streifenwagen ein, und Bount übergab den schwarzen Würger der Polizei.

Maggie McOmie bedachte Bount mit einem dankbaren Blick. Er ging auf sie zu und legte seinen Arm um ihre Schultern. Ihr Hals war stark gerötet, aber sie schaffte es schon wieder, dünn zu lächeln.

„Ich danke Ihnen, Bount“, hauchte sie.

„Ich hab’ Sie gern gerettet“, erwiderte Bount Reiniger schmunzelnd.

„Wenn ich im Flugzeug nicht Ihre Bekanntschaft gemacht hätte, würde ich jetzt nicht mehr leben.“

Bount lächelte. „Für mich ist das ein Beweis dafür, dass Sie das Tief Ihres Lebens überwunden haben. Von nun an geht es wieder steil nach oben mit Ihnen.“

Er verließ mit Maggie den Park. Ihr Kopf lag auf seiner Schulter. „Wenn wir wieder in New York sind, müssen Sie mich unbedingt besuchen, Bount.“

„Das werde ich“, gab Bount Reiniger schmunzelnd zurück. „Und ich bringe eine Flasche Sekt mit. Sie können mich beim Wort nehmen ...“

ENDE