Читать книгу Privatdetektiv Tony Cantrell Sammelband #4 - Fünf Krimis in einem Band - A. F. Morland - Страница 40

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Butch kam den Korridor entlang. Gerade zur rechten Zeit, wie sich herausstellte.

O'Reilly hörte es klatschen. Dann hörte er die gellenden Hilfeschreie eines Mädchens. Er rannte los und erreichte die Tür, hinter der das Mädchen geschrien hatte. Dumpfe Geräusche waren zu hören. Und ein leises Wimmern.

Die Tür war abgeschlossen.

Butch ging zwei Schritte zurück. Dann warf er sich mit voller Kraft gegen die Tür. Es knirschte und knackte. Die Tür flog zur Seite, als wäre eine Dynamitladung davor hochgegangen.

Butch rannte in die Wohnung.

Auf dem Boden lag ein brünettes Mädchen. Es wimmerte. Und ein kräftiger Kerl stand vor ihr und trat immer wieder nach dem wimmernden, heulenden Bündel.

„Stopp, Di Natale!“, schrie Butch. „Das reicht!“

Der Mann fuhr überrascht und gereizt herum. Er schäumte vor Wut.

„Was suchen Sie in meiner Wohnung?“

„Weg von dem Mädchen!“

„Das ist mein Mädchen!“

Bibi Garner wimmerte. Sie blutete und brachte es nicht fertig, sich aufzurichten.

„Sie scheinen sie mit einem Sandsack zu verwechseln“, sagte Butch scharf.

„Das geht Sie einen Dreck an!“, brüllte Di Natale gereizt. „Scheren Sie sich sofort aus meiner Wohnung!“

„Fällt mir nicht ein.“

„Dann werde ich Sie eben hinauswerfen!“, schrie Di Natale.

Mit ein paar Schritten war er bei Butch. Seine Rechte federte vor. Butch blockte den Hieb ab. Di Natale schlug mit der Linken zu und traf Butchs Jochbein. Ein glühender Schmerz durchzuckte Jacks Gesicht.

Er packte Di Natale am Jackett und schleuderte ihn gegen die Wand.

Bibi Garner blieb stöhnend am Boden liegen. Sie leckte sich das Blut von den Lippen, während Butch ihrem Freund einen Magenhaken verpasste. Di Natale röchelte und klappte in der Mitte zusammen. Butch ließ noch einen Haken folgen, und Di Natale musste den Schlag voll hinnehmen.

Er fiel erneut gegen die Wand. Eine Vase fiel um, als der Kerl sich an die Kommode klammerte.

Butch zog dem Mann mit dem Fuß ein Bein weg. Di Natale stürzte zur Seite und fiel in eine rechte Gerade von Butch.

Keuchend kam der Mann noch einmal hoch. Er rammte Butch den Kopf in den Magen und trieb ihn mit diesem Stoß quer durch den Raum.

O'Reilly stieß den zähen Kerl von sich. Di Natales Finger umklammerten die Lehne eines Stuhls. Bevor Butch es verhindern konnte, riss der Mann den Stuhl hoch.

Butch duckte sich blitzschnell. Trotzdem traf ihn der Stuhl am Hinterkopf. Für einen Moment fielen bei Butch Bild und Ton aus.

Dieser Augenblick reichte Di Natale. Das war die Chance, die er brauchte.

Blitzschnell wirbelte er herum und hetzte aus der Wohnung.

Als Butch wieder einigermaßen klar im Kopf war, war Brian Di Natale verschwunden. Nur sein Geruch war noch da. Schweiß und Knoblauchwurst.

Es hatte keinen Sinn, dem Kerl nachzulaufen. Butch sah ein, dass er ihn nicht mehr erwischen konnte.

Er kümmerte sich um Bibi Garner.

„Ist bei Ihnen alles in Ordnung?“, fragte er, über sie gebeugt. Er roch sofort, was mit ihr los war. Sie war so betrunken, dass sie ihn nicht einmal richtig ansehen konnte. „Kommen Sie, ich helfe Ihnen, Bibi.“

Er griff unter ihre Arme. Ihr schlanker Körper war federleicht.

Sie kicherte.

„Woher kennen Sie meinen Namen?“

„Alles in Ordnung, Bibi?“

„Ja. Aber woher kennen Sie ...“

„Später. Kommen Sie.“ Ihr Kleid war zerrissen. Der weiße BH schimmerte aus dem blauen Stoff hervor.

Sie hing an seinen Armen und versuchte, sich nun aufzurichten.

Sie streifte sogar lächelnd seine stützenden Hände ab. Und sie blieb allein stehen. Ein wenig schwankend. Aber allein.“

„Es gibt doch noch Kavaliere“, sagte sie mit schwerer Zunge. „Wer hätte das gedacht.“

„Leider werden es immer weniger“, sagte Butch barsch.

Bibi Garner sah ihn fragend an. „Wie meinen Sie das?“

„Donald Remsberg war auch ein Kavalier.“

Nun wankte Bibi stärker. Sie griff sich an die Stirn, und Butch hatte den Eindruck, als würde sie gleich ohnmächtig werden.

Er stützte sie und drängte sie zur Couch. Sie setzte sich und wischte sich das Blut von den Lippen.

„Kann ich was zu trinken haben?“, fragte sie. Der Name Remsberg hatte sie anscheinend wie ein Schlag ins Genick getroffen.

Butch blickte auf die Hausbar. „Wermut? Sherry? Scotch?“

„Scotch. Nehmen Sie sich auch einen. Das heißt, wenn Sie Scotch mögen. Sie können meinetwegen alle Flaschen austrinken. Es ist Brians Geld.“

„Sie arbeiten auf eine Alkoholvergiftung hin, was?“

„Ja. Ich glaube, ich schaffe es heute noch.“

Butch gab ihr den Scotch und nippte an seinem Glas. Er musterte das Mädchen. Di Natales Schläge hatten in ihrem hübschen Gesicht böse Spuren hinterlassen.

„Wir sprachen vorhin von Donald Remsberg“, sagte O'Reilly.

„Nicht wir. Sie.“ Bibi musterte ihn mit ihren glasigen Augen. „Wer sind Sie eigentlich?“

„Jack O'Reilly.“

Bibi schüttelte den Kopf.

„Der Name sagt mir nichts.“

„Ich war ein Freund von Don.“

„Aha.“

„Don ist tot!“, sagte Butch scharf. „Wissen Sie das?“

Das Mädchen verblüffte ihn mit seiner Antwort: „Ja. Leider. Wie haben Sie mich gefunden?“

Butch war erschüttert. Sie wusste also, was Remsberg zugestoßen war. „Ich war bei Franca“, sagte er.

Bibi nickte verärgert.

„Und die konnte ihren Mund nicht halten. Sie sehen gut aus. Sie wollte Ihnen einen Gefallen tun.“

„Sie sollten froh sein, dass ich im richtigen Moment hier aufgetaucht bin, Bibi.“

„Im richtigen Moment? Wissen Sie, wie viele solche Momente es schon gegeben hat, Jack? Glauben Sie, Brian hat mich heute zum ersten Mal geschlagen?“

„Ich muss mit Ihnen über Donald reden“, sagte Butch mit schneidender Stimme.

„Sie tun die ganze Zeit nichts anderes.“

„Man hat Sie auf ihn angesetzt, nicht wahr?“, fragte Butch.

„Ja.“

„Wer?“

„Mein Stiefbruder.“

„Sagen Sie mir seinen Namen.“

Bibi lachte laut und schrill. Sie warf die Arme belustigt hoch und ließ das Glas fallen. Es fiel auf die Couch und ging deshalb nicht in die Brüche.

„Was, Sie kennen meinen Stiefbruder nicht? Dieses Schwein. Sie kennen Charly Spock nicht?“

Butch runzelte die Stirn.

„Ich hatte noch nicht das Vergnügen.“

„Es ist kein Vergnügen, ihn zu kennen“, sagte Bibi Garner lachend.

„Charly Spock hat Ihnen also aufgetragen, sich an Donald Remsberg heranzumachen.“

„So ist es. Kann ich noch einen Scotch haben? Meine Kehle ist vom vielen Reden schon ganz trocken. Ich bekomme bald kein Wort mehr heraus.“

„Hören Sie, Bibi, der Alkohol kommt Ihnen schon bei den Augen heraus. Glauben Sie nicht, dass Sie bereits genug getrunken haben?“

„Wenn ich keinen Scotch mehr kriege, sage ich kein Wort mehr!“, sagte Bibi Garner mit trotzig vorgeschobener Unterlippe.

Butch seufzte.

„Also gut. Damit haben Sie mich zu einem weiteren Glas überredet.“ Er gab ihr den Drink. „So. Und jetzt weiter im Text. Es ist Ihnen nicht schwergefallen, Remsberg den Kopf zu verdrehen.“

Bibi verzog das angeschwollene Gesicht zu einem Lächeln. Es wirkte verzerrt.

„Sehe ich so aus, als ob mir so etwas schwerfallen würde, Jack?“ Fragte sie nicht ohne Stolz. „Die Schwellungen und das Blut müssen Sie sich natürlich wegdenken. Ansonsten ist bei mir alles in Ordnung.“ Sie straffte den Rücken und drückte ihre Brust heraus.

„Sie haben es also geschafft, ihn herumzukriegen“, fasste Butch zusammen.

„Mhm.“

„Und warum das Ganze?“

„Ich sollte ihn testen. Sie wissen wahrscheinlich, weshalb?“

„Ja. Das weiß ich. Sie stellten also fest, dass er der geeignete Mann ist. Sie sagten das Ihrem Bruder, und der hat es an Laurence Fulton weitergegeben. Stimmt das?“

Bibi nickte.

„Natürlich stimmt das.“

Butch spürte, wie ihm das Blut ins Gesicht schoss.

„Sie sind doch hoffentlich nicht auch noch stolz auf das, was Sie getan haben, Bibi!“, schrie er das Mädchen an.

Mit einem Mal wurde sie unendlich traurig. Sie trank ihr Glas leer. Der Scotch war ihr einziger Freund. Er ließ sie die Schmerzen ertragen, die ihr Brian zugefügt hatte. Er ließ sie das Leben ertragen, das sie am liebsten weggeworfen hätte, weil es nichts taugte.

Heiser sagte sie: „Es tut mir leid, was mit Donald passiert ist. Ich konnte das nicht voraussehen.“

„Fulton hat ihn kaltblütig ermorden lassen.“

„Das konnte ich doch nicht wissen. Ich dachte, ihm würde nichts geschehen.“

Das Mädchen kämpfte sich hoch. Sie blickte zur Balkontür.

„Ich brauche frische Luft“, sagte sie und marschierte mit unsicheren Schritten los. „Sonst wird mir noch speiübel.“

Butch sah ihr erschüttert nach. „Eines Tages werden Sie vor sich selbst ausspucken, wenn Sie so weitermachen, Bibi. Denken Sie an meine Worte.“

Sie warf den Türflügel zur Seite und trat in die Sonne hinaus. Butch folgte ihr bis zur Tür. Sie lehnte sich an das schwarze Eisenrohr.

„Wo ist Fulton?“, fragte Butch grimmig.

Sie sagte nicht: Ich weiß es nicht.

Sie sagte gar nichts. Sie lächelte ihn nur an. Mehr nicht. Das reizte ihn.

„Wo kann ich diesen Bastard finden? Reden Sie, Bibi! Reden Sie schon! Tun Sie einmal in Ihrem verpfuschten Leben etwas Gutes! Wo steckt Laurence Fulton?“

In ihren glasigen Augen schimmerte plötzlich der Entschluss, es zu sagen. Butch wartete gespannt auf die Antwort.

Sie legte den Kopf schief und wollte reden.

Da peitschte ein Schuss auf. Sie stieß einen krächzenden Schrei aus, wurde nach vorn gerissen und fiel Butch mit schreckgeweiteten Augen tot in die Arme.

Butch hatte das Gefühl, sein ganzer Körper wäre mit Blei gefüllt. Mit heißem Blei. Das tote Mädchen sank langsam zu Boden.

Butch’s Kopf fuhr hoch.

Er sah drüben auf dem Dach des gegenüberliegenden Hauses ein Zielfernrohr im Sonnenlicht aufblitzen und ließ sich sofort neben den toten Körper des Mädchens fallen.

Ein weiterer Schuss krachte.

Die Kugel verfehlte Butch nur um wenige Millimeter.

O'Reilly robbte schnell durch das Wohnzimmer. Erst als er sicher sein konnte, dass ihm der Killer mit seiner Flinte nichts mehr anhaben konnte, sprang er auf.

Er stürmte aus der Wohnung und stürzte sich in selbstmörderischem Tempo die Treppe hinunter. Er strauchelte, hielt sich gerade noch am Geländer fest und hastete weiter.

Endlich war er unten.

Er hetzte wie von Furien gejagt aus dem Haus, über die Straße und in das gegenüberliegende Haus.

Da hörte er die hämmernden Schritte des Killers. Der Mann kam die Treppe heruntergekeucht. Schon in der nächsten Sekunde standen sie sich gegenüber und erstarrten.

Der Mann hatte struppiges Haar und eine sehr hohe Stirn. Ein dichter Oberlippenbart bog sich bis fast zum Kinn hinunter. Er hatte kleine Ohren. Am linken fehlte das Läppchen. Und er war nicht größer als eins siebzig.

Nun kniff er die Killeraugen zusammen.

Butchs Hand schnellte zum Schulterholster.

Der Killer trug sein Gewehr an der Hüfte. Er schoss sofort, ohne die Waffe hochzureißen.

Die Kugel fuhr Butch in die Schulter. Er spürte einen sengenden Schlag und wurde zurückgeschleudert.

Er flog gegen die Wand.

Der Weg war für den Killer frei. Er stürmte an Butch vorbei und hinunter in die Tiefgarage. Butch folgte dem Kerl mit zusammengepressten Zähnen. Schweiß stand auf seiner Stirn.

Er verlor viel Blut.

Als Butch zähneknirschend die schwere Eisentür aufriss, die zur Tiefgarage führte, heulte bereits der Motor eines Wagens auf. Wie ein Torpedo sauste der Wagen durch die Tiefgarage.

Butch hatte das Nachsehen.

Und Schmerzen.

Privatdetektiv Tony Cantrell Sammelband #4 - Fünf Krimis in einem Band

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