Читать книгу Privatdetektiv Tony Cantrell Sammelband #4 - Fünf Krimis in einem Band - A. F. Morland - Страница 42

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Butch hatte, noch bevor er vom Polizeiarzt behandelt worden war, telefonisch einen ausführlichen Bericht nach Western Springs durchgegeben.

Nun war Silk unterwegs, um Charly Spock, dem Stiefbruder von Bibi Garner, einen Besuch abzustatten.

Spock wohnte in einem unauffälligen schmalbrüstigen Haus.

Silk fuhr mit dem Lift nach oben.

Als er den Korridor entlangging, hörte er hinter einer Tür einen Mann rülpsen. Hinter der nächsten Tür wurde mit Geschirr geklappert. Und dann erreichte Silk eine Tür, hinter der es still war.

Spocks Tür.

Silk klopfte.

Schlurfende Schritte näherten sich. Gleich darauf wurde die Tür einen Spalt geöffnet.

Ein verwahrloster Typ im zerschlissenen Unterhemd zeigte sich. Ein Fixer. Heute schien er ausnahmsweise klar im Kopf zu sein. Sein Haar war zerzaust, als hätte er gerade geschlafen. Er trug breite Hosenträger, wie sie Adriano Celentano so gern in seinen Filmen trug. Die Hose war grau, zerschlissen und dreckig.

„Was wollen Sie?“, fragte der Bursche. Er war ungefähr siebenundzwanzig. Andere in seinem Alter hatten das Leben noch vor sich. Er hatte es bereits hinter sich. Seine Wangen waren hohl. Seine Stimme war es auch.

„Spock?“, fragte Silk.

„Ja.“

Silk drückte die Tür auf und trat unaufgefordert ein. Spock war so perplex, dass er überhaupt nicht reagierte.

In der Wohnung sah es wüst aus. Flaschen standen überall herum.

„Bibi ist tot“, sagte Silk.

„Na und?“, fragte Charly Spock, als hätte er Silks Worte überhaupt nicht verstanden.

„War sie Ihre Stiefschwester?“

„Ja.“

„Trifft Sie das nicht hart?“

Spock zuckte die mageren Schultern.

„Wir müssen alle irgendwann mal sterben. Der eine früher, der andere später. Schön. Bibi ist also tot. Sonst noch was?“

„Ja.“

„Was?“

„Ich will wissen, wo ich Laurence Fulton finden kann.“

Charly Spock lachte, als hätte er noch keinen besseren Witz gehört. Schlechte Zähne hatte er auch. Wie Brian Di Natale. Vielleicht mieden die beiden denselben Zahnarzt.

„Mann, und da kommen Sie ausgerechnet zu mir? Wie soll ich denn das wissen? Ich kenne keinen Laurence Fulton.“

„Wollen Sie mich für dumm verkaufen?“

„Ist aber die Wahrheit.“

Silk sah sich angewidert in Spocks Wohnung um. Da griff Charly Spock blitzschnell nach dem Feuerhaken, der hinter ihm lehnte. Er riss den Feuerhaken hoch und – starrte in die Mündung von Silks Pistole.

„Vorsicht, mein Junge. Die macht Löcher, so groß wie Tomaten!“, zischte Silk.

Spock ließ den Feuerhaken wieder sinken. Er stieß pfeifend die Luft aus, die er zuvor angehalten hatte.

„Hören Sie mal, wer sind Sie? Was wollen Sie von mir? Ich habe nichts getan.“ Spock war unter den Bartstoppeln, die sein Gesicht verunzierten, blass geworden. „Meine Stiefschwester habe ich nie leiden können. Das sie jetzt tot ist, geht mir nicht nahe. Was soll Ihr Besuch also?“

Silk zeigte dem unsympathischen Kerl die Zähne.

„Du vergisst Laurence Fulton. Du hättest mir am liebsten den Schädel eingeschlagen, als ich dich nach seiner Adresse fragte. Da stimmt doch etwas nicht, oder?“

Spock fuhr sich mit einer fahrigen Bewegung über die Augen. Er fühlte sich nicht wohl in seiner Haut.

„Wieso denn nicht? Was stimmt denn nicht?“

„Ich nehme an, du willst mir nicht anvertrauen, wo Fulton steckt“, sagte Morton Philby ernst.

Charly Spock rollte verzweifelt mit den Augen. Er rang auch die Hände. Aber er war kein guter Schauspieler.

„Was heißt, ich will es Ihnen nicht anver... Verdammt noch mal, ich weiß es nicht. Weil ich keinen Fulton kenne.“

„Bibi war anderer Meinung, Charly.“

„Was geht mich Bibi an?“

„Sie war immerhin deine ...“

„Sie wollte mir sicher eins auswischen. Deshalb hat sie das gesagt. Das ist alles.“

„Wo ist Fulton?“, fragte Philby geduldig.

Spock mied seinen stechenden Blick.

„Ich kann Ihnen nicht helfen. Kommen Sie, seien Sie nett und machen Sie die Tür von draußen wieder zu, ja?“

Silk nickte.

„In Ordnung, Charly. Ich mache die Tür von draußen zu ...“

Charly konnte so viel Glück gar nicht fassen.

Silk grinste heimtückisch.

„Wir machen sie beide von draußen zu, Charly.“

Spock erschrak. Sein Kinn klappte nach unten.

„Was soll das nun schon wieder heißen?“

„Dass wir beide gehen werden.“

„Wohin denn?“

„Zu Lieutenant Rollins. Er ist ein Gemütsmensch. Vielleicht sagst du ihm lieber als mir, wo Laurence Fulton steckt.“

Morton Philby sah sich kurz um. Sein Blick fiel auf ein kaffeebraunes Hemd mit weißen Flecken.

Er griff danach und warf es Charly Spock zu. Spock reagierte nicht. Das Hemd fiel auf seinen Kopf. Er riss es an sich.

„Anziehen!“, befahl Philby.

Spock verzog das Gesicht zu einer Grimasse des Unwillens. Widerwillig schlüpfte er in das Hemd.

Silk warf ihm nun ein Jackett zu, das an einem Haken an der Tür gehangen hatte.

Charly Spock ließ sich viel Zeit. Endlich hatte er auch die Schuhe an den Füßen. Schwarze ausgetretene Schuhe. Ohne Schnürsenkel. Mit hellen Schnüren zugebunden. Er sah aus wie ein Vagabund.

Als er schließlich fertig war, blickte er belämmert zur Tür, die Philby für ihn aufhielt. Er warf noch einen wehmütigen Blick auf den Feuerhaken.

„Können wir?“, fragte Silk grinsend.

Charly Spock fühlte sich verhöhnt.

„Wenn Sie das Schießeisen nicht hätten ... Ich würde Ihnen zeigen, was die Margarine in der Hölle kostet. Ich gehe nur deshalb mit, weil Sie am Drücker sind. Es ist Ihnen wohl hoffentlich klar, dass Sie kein Recht haben, das mit mir zu tun. Ich gehe nur unter Protest mit Ihnen. Ist das klar?“

„Papperlapapp!“, sagte Morton Philby mit süffisantem Lächeln. „Du kannst bei Lieutenant Rollins so viel protestieren, wie du willst.“

„Eine verdammte Schweinerei ist das!“

„Maul halten! Los, Charly!“

Spock ging trotzig aus der Wohnung. Er stemmte die Hände in die Seiten und ging mit schlurfenden Schritten.

Silk warf die Tür zu und schob seine Waffe ins Schulterholster zurück.

Es war nicht gut, wenn ihn jemand hinter Spock mit der Pistole hergehen sah. Das hätte leicht missverstanden werden können.

Sie betraten den Lift.

Charly Spock führte sich mustergültig auf. Er stand in der Ecke des Fahrkorbs, starrte auf den Boden und würdigte Silk keines Blickes.

Ratternd und polternd fuhr die alte Kabine nach unten. Als sie im Parterre angelangt waren, hielt Silk den Ganoven kurz zurück.

„Bevor wir unseren gemeinsamen Weg fortsetzen, möchte ich dir einen guten Rat geben. Mach mir jetzt keine Schwierigkeiten. Ich bin heute mit dem linken Fuß aufgestanden. An solchen Tagen verstehe ich die besten Scherze falsch. Ich hoffe, wir verstehen uns.“

„Ja, ja“, murrte Spock.

Silk stieß die Tür auf. Der Ganove musste vor ihm den Lift verlassen.

Augenblicke später traten sie aus dem Haus. Silks Wagen stand etwa siebzig Meter vom Hauseingang entfernt.

Sie gingen darauf zu.

Plötzlich rollte ein schwarzer Cadillac langsam die Straße entlang. Verdächtig langsam. Vier Männer saßen in dem Fahrzeug. Silk sah den Wagen nicht, weil er hinten keine Augen hatte.

Die Männer gehörten zu Fultons Einsatzkommando. Sie waren von Fulton persönlich losgeschickt worden, um ein Auge auf Charly Spock zu haben, ohne dass dieser es wusste.

Fulton war kein Dummkopf.

Er hatte sich ausgerechnet, was passieren würde, wenn man Bibi Garner, Charly Spocks Stiefschwester, umlegen würde.

Seine Rechnung war richtig gewesen, wie Silks Auftauchen bei Spock bewiesen hatte.

Deshalb waren die vier Schläger gekommen.

Als Silk seinen Wagen beinahe erreicht hatte, trat der Cadillac-Fahrer auf den Gashebel. Der Caddy machte einen Satz vorwärts. Nun hörte Silk das Motorgeräusch. Er sah den Cadillac auf den Gehsteig zuschießen und griff nach seiner Waffe.

Da reagierte auch Charly Spock.

Er versetzte Philby einen Stoß, schlug mit seinen dürren Fäusten auf den Detektiv ein und umklammerte ihn keuchend.

Inzwischen flogen die vier Türen des Cadillacs auf.

Vier Kerle mit breiten Schultern und grimmigen Gesichtern rannten herbei.

Silk musste erst Charly Spock abschütteln. Als ihm das gelungen war, wollte er die Pistole ziehen. Doch da waren die vier Bären schon bei ihm.

Die erste Faust schnellte vor.

Silk sah sie kommen und zuckte zur Seite. Er geriet direkt in die Bahn der zweiten Faust. Der Treffer schloss ihm das linke Auge.

Er sah einen Regenbogen aufleuchten und viele Sterne darüberhuschen. Sie verloren sich in der Ferne und drohten zu einem rasch größer werdenden schwarzen Punkt zu werden. Das war die herannahende Ohnmacht.

Silk warf sich gegen die Wand von vier muskulösen Körpern. Er wollte ausbrechen.

Charly Spock hatte das Feld den kräftigeren Burschen geräumt. Er hatte getan, was in seiner bescheidenen Macht gestanden war.

Sie verstanden ihr Handwerk gut.

Silk schlug wie besessen um sich. Er brachte seine Handkante ins Spiel. Ab und zu hörte er einen Gegner stöhnen.

Er stieß mit den Füßen um sich. Er rammte den Kerlen seine Fäuste in die Magengruben.

Doch viele Hunde sind des Hasen Tod.

Silk wehrte sich zäh und verbissen gegen die drohende Niederlage. Immer noch versuchte er, die Front zu durchbrechen.

Er wäre davongerannt, wenn es ihm gelungen wäre. Aber die Ganoven hatten ihn eingekreist und schlugen ihn fachmännisch zusammen.

Er spürte den süßlichen Geschmack von Blut in seinem Mund. Er hatte Schmerzen von der kleinen Zehe bis in die Haarspitzen.

Wieder traf ihn ein gewaltiger Kinnhaken. Er hatte die Faust gar nicht kommen gesehen. Ächzend fiel er nach hinten. Er fiel gegen einen massigen Körper. Wieder schlug jemand zu.

Die hässlichen Gesichter der Raufbolde begannen sich im Kreis zu drehen. Der Himmel begann zu schaukeln. Und die Häuser schaukelten mit. Die Straße schwankte und stürzte sich dann plötzlich auf Philby.

Als er mit ihr in Berührung kam, spürte er noch einen harten Tritt in die Seite.

Charly Spock stand grinsend daneben. Er rieb sich die Hände. Er stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. Es war immer gut, wenn man starke Freunde hatte.

Die vier Kerle ließen von Silk ab.

Er lag auf dem Boden und rührte sich nicht mehr. Spock ging hin und versetzte ihm auch noch einen Tritt. Das war ihm ein Bedürfnis gewesen.

„Komm, Charly“, sagte einer der Schläger.

„Wohin?“

„Hier kannst du nicht bleiben.“

„In Ordnung. Und was geschieht mit dem da?“

„Den lassen wir liegen.“

„Meinetwegen“, sagte Spock schulterzuckend.

Sie setzten sich in den schwarzen Cadillac. Als sie losfuhren, öffnete Silk die verschwollenen Augen. Er blickte ihnen nach und wünschte ihnen die Pest an den Hals.

Privatdetektiv Tony Cantrell Sammelband #4 - Fünf Krimis in einem Band

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