Читать книгу 8 Arztromane: Engel in Weiß und ein Arzt aus Leidenschaft - Sammelband - A. F. Morland - Страница 53
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Sie hatte wunderschönes tizianrotes Haar, das in weichen Wellen auf ihre sanft gerundeten Schultern floss, und lustige Sommersprossen bedeckten ihr apartes Gesicht, ohne zu stören. Ein tiefer Seufzer entrang sich Ingeborgs Brust. Sie schaute mit ihren großen, meergrünen Augen zur Decke, stand noch neben dem Telefon und machte sich Sorgen um Wolf, der oben im verdunkelten Schlafzimmer lag und hoch fieberte.
Ingeborg war Grafikerin. Sie arbeitete zu Hause. Die Auftragslage war zufriedenstellend. Hin und wieder illustrierte sie auch Bücher für einen kleinen Jugendbuchverlag, das machte ihr am meisten Spass.
Es war Zeit, mal wieder nach Wolf zu sehen. Dreiundzwanzig war Ingeborg im vergangenen Monat geworden. Wolf war neunundzwanzig. Er und Michaela waren nicht nur gleich alt, sie hatten sogar am selben Tag Geburtstag.
Heirat war für Ingeborg etwas Altmodisches. Sie fand, dass sie auch ohne Trauschein mit Wolf glücklich sein konnte, und das war sie — nun schon seit mehr als drei Jahren. Ein Stück Papier und ein Ring am Finger hätten sie nicht glücklicher gemacht, und sie hielt ihrem geliebten Lebenspartner auch die Treue, ohne es in der Kirche feierlich gelobt zu haben. Und sie würde für ihn in guten wie in schlechten Tagen dasein.
Sie verließ das Wohnzimmer und stieg die Stufen zum Obergeschoss hoch. Wenn sich Wolfs Gesundheit nicht bald besserte, würde sie darauf bestehen, dass er in die Paracelsus-Klinik kam.
An der Schlafzimmertür blieb Ingeborg stehen und lauschte mit angehaltenem Atem. Sie vernahm Gemurmel. Träumte Wolf schlecht? Fantasierte er?
Behutsam öffnete sie die Tür. Wolf drehte sich im Bett unruhig hin und her. Schweißnass war ein Gesicht, und seine Augen glänzten wie Glaskugeln. Er sprach wirr und unverständlich, war geistig nicht da.
„Liebling”, kam es gepresst über Ingeborgs Lippen. „Wolf!”
Er reagierte nicht. Sein Atem ging schnell, und seine Stirn glühte. Ingeborg rannte ins Bad, ließ kaltes Wasser über einen Waschlappen laufen und eilte ins Schlafzimmer zurück. Vorsichtig legte sie ihrem Lebensgefährten den kühlenden Waschlappen auf die Stirn. Schaudernd vernahm sie, wie Wolf im Fieberwahn vom Sterben sprach. Ihre Kopfhaut spannte sich.
„Wolf! Wolf, komm zu dir!”, rief sie eindringlich.
Sein Atem rasselte. Er sah sie an, ohne sie wahrzunehmen. Er blickte durch sie hindurch. Diese Leere in seinen glasigen Augen machte ihr Angst. Sie schlug die Decke beiseite und stellte bestürzt fest, dass Wolfs Bein blau angelaufen war. Grippe? Nein, wahrlich nicht. Ingeborg deckte Wolf wieder zu und hastete aus dem Schlafzimmer.
Sie rief Dr. Steiner an und bat ihn, sofort zu kommen. Wolfs Zustand habe sich erheblich verschlechtert.
„Ich bin in fünfzehn Minuten bei Ihnen”, versprach der Hausarzt, dann klickte es im Hörer.
Von diesem Moment an hatte Ingeborg Herzfeld das Gefühl, auf glühenden Kohlen zu stehen ...