Читать книгу 8 Arztromane: Engel in Weiß und ein Arzt aus Leidenschaft - Sammelband - A. F. Morland - Страница 64
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Das Fieber war hartnäckig, und Michaela Schönberg wurde matt. Ihr Mann bestand darauf, dass sie sich ins Bett legte. Er duldete keinen Widerspruch mehr.
Den Hausarzt bemühte er noch nicht. Seine Frau war dagegen, und so versuchte er Michaelas Krankheit mit jenen Medikamenten zu bekämpfen, die er im Haus hatte. Tamara Quast riet ihm zu einigen homöopathischen Maßnahmen, und sie half ihm auch bei der Pflege. Leider kam Michaela bis zu Hartmut Kutters Besuch nicht wieder auf die Beine.
Sie musste weiter das Bett hüten. Mario Schönfeld entschuldigte seine Frau und kochte den Kaffee.
„Irgendwie wird er bei meiner Frau besser”, meinte der Opernsänger verlegen. „Ich weiß nicht, was sie außer Kaffee noch hineintut.” Er lachte. „Das sind so die kleinen geheimen Tricks der Frauen, die sie nie verraten, damit man sie für unentbehrlich hält.”
,, Also, ich bin mit Ihrem Kaffee zufrieden”, erklärte Kutter. Und schmunzelnd fügte er hinzu: „Als Junggeselle ist man in punkto Nahrungsaufnahme nicht besonders verwöhnt.”
Nachdem sie den Kaffee getrunken hatten, gingen sie ins Musikzimmer. Kutter hatte eine brandneue Partitur mitgebracht und bat Mario Schönberg, sie sich in Ruhe anzusehen.
„Ihr neuestes Werk?”, fragte Mario. Er nahm die Notenblätter wie ein Heiligtum entgegen.
„Ja.”
Mario setzte sich ans Klavier, spielte einige Passagen an, sang hin und wieder mit voller, kräftiger Stimme, und ihm wurde sehr schnell bewusst, dass das, was Hartmut Kutter da geschrieben hatte, einfach genial war - das Beste, was diesem begabten Multitalent jemals eingefallen war. Jeder Sänger musste sich um diese Partie reißen, denn sie garantierte einen sensationellen Erfolg.
„Nun, was sagen Sie dazu?”, fragte Kutter nach einer Stunde.
„Ich bin begeistert.” Marios Augen glühten. „Sie haben mit dieser Oper ein Meisterwerk geschaffen, das uns alle überleben wird.”
„Möchten Sie die Titelpartie singen?”
Mario bekam feuchte Hände.
„Ich? Sie fragen mich, ob ich die Titelpartie ... Wieso ich?”
„Ich hatte ursprünglich Alfrede Dallani dafür vorgesehen”, gestand Hartmut Kutter. Dallani, ein sehr temperamentvoller Sänger, feierte zur Zeit an der Mailänder Scala Triumphe. Er war wegen seiner Wutausbrüche während der Proben gefürchtet, war exzentrisch, launenhaft, hatte unangenehme Starallüren und mit seiner Undiszipliniertheit schon so manche teure Produktion gefährdet.
„Mit Dallani hätten Sie ein starkes Zugpferd”, sagte Mario ehrlich.
„Das ist richtig”, gab Kutter zu. „Deshalb habe ich ihn auch als Ersten ins Auge gefasst, aber dieser Mann ist sehr schwierig, und unsere künstlerischen Auffassungen liegen sehr weit auseinander. Die Arbeit mit Alfredo Dallani wäre ein äußerst kräfteraubender Kampf geworden. Dennoch wäre ich bereit gewesen, ihn auf mich zu nehmen, wenn - wenn ich nicht in einer Ihrer beeindruckenden Vorstellungen gewesen wäre. Sie waren so souverän, so präsent, so packend - nicht nur im Gesang, auch in Ihrer darstellerischen Gestaltung -, dass ich von diesem Abend an wusste, wem ich die Titelpartie unbewusst auf der Leib geschrieben hatte: Ihnen! Mario Schönberg!”
Mario riss die Augen auf.
„Ich ... ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll.” Er lachte heiser. „Ich bin echt sprachlos, Herr Kutter.”
„Nennen Sie mich Hartmut!”
Mario hatte das Gefühl, das Musikzimmer würde sich drehen. Er sollte mit Hartmut Kutter arbeiten. Eine Partie sollte er singen, die ihm dieser große Komponist unbewusst auf den Leib geschrieben hatte. Hartmut hielt ihn, Mario Schönberg, für die Idealbesetzung. So viel Freude auf einmal musste man erst mal verkraften können. Der langersehnte Durchbruch, der Aufstieg zum künstlerischen Olymp war plötzlich greifbar nahe. Mario meinte, vor Glück gleich überschnappen zu müssen.
„Ich erwarte Ihre definitive Entscheidung in den nächsten Tagen”, sagte Kutter.
„Da gibt es nichts zu überlegen”, erwiderte Mario enthusiastisch. „Ich würde sogar auf meine Gage verzichten, um diese Partie singen zu dürfen.”
Hartmut lachte.
„Das brauchen Sie nicht. Sie kriegen, was Alfredo Dallani gefordert hätte, und ich prophezeie Ihnen, dass Sie diesen italienischen Hagestolz nicht nur mühelos überflügeln, sondern sogar weit in den Schatten stellen werden.” Er streckte Mario die Hand entgegen, und dieser schlug begeistert ein.