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ZEHN MINUTEN SPÄTER befanden sich Milo und ich auf dem Weg nach Albany. Etwa sechzig Meilen waren das von Kingston aus – fast genau so weit wie zu der an der Grenze nach Connecticut gelegenen Stadt Danbury.

Nur hatten wir den Vorteil, dass wir die vierspurige Interstate 87 benutzen konnten, während sich Leslie und Jay fünfzig Meilen weit über kleine Straßen quälen mussten, wenn sie nicht den Umweg über Newburgh und die Interstate 84 nehmen wollten.

Als wir uns dem angegebenen Parkplatz näherten, konnten wir bereits aus größerer Entfernung die blinkenden Lichter der Einsatzfahrzeuge sehen.

Ein Officer des Albany Police Department versuchte uns gleich wieder in Richtung Ausfahrt zu winken, nachdem wir angekommen waren.

Milo ließ die Seitenscheibe herunter und präsentierte seine ID-Card.

„Tucker und Trevellian, FBI... Wir werden hier schon erwartet.“

„Entschuldigung, Sir.“

„Wo sollen wir parken?“

Der Officer deutete mit dem ausgestreckten Arm an das äußerste Ende des Parkplatzes. „Am Besten dort. Hier wird alles noch nach Spuren abgesucht und dann kommen Sie den Kollegen vom Erkennungsdienst so wenig wie möglich in die Quere.“

„In Ordnung.“

Nachdem wir den Sportwagen abgestellt hatten, begaben wir uns zu den anderen. Sam und Mell waren bereits damit beschäftigt, Spuren zu sichern. Jeannie McNamara war mit dem zuständigen Einsatzleiter des APD in ein Gespräch vertieft.

„Jesse Trevellian, FBI“, stellte ich mich vor. „Das ist mein Kollege Milo Tucker. Wir ermitteln in dem Fall des 87er Monsters.“

„Den ihr uns weggenommen habt“, erwiderte der Einsatzleiter. „Mein Name ist Captain Robert Casadena, Homicide Squad II beim APD. Meine Bemerkung war nicht böse gemeint. Wir hatten ja schließlich ein paar Jahre Zeit, um den Kerl zu fassen und haben es leider nicht geschafft. Ich hoffe, Sie haben da mehr Glück.“ Er deutete auf Jeannie McNamara. „Aber Sie haben ja fachkundige Unterstützung.“

„Vielleicht können Sie uns sagen, was passiert ist“, meinte Milo.

Captain Casadena deutete auf den Ford, in dessen Fahrerkabine sich gerade der Gerichtsmediziner beugte.

„Die Kollegen der Highway Patrol haben sie gefunden. Ihr Name ist Catherine Jackson. Sie arbeitet für eine Firma namens Franks & Friends aus Manhattan und nahm an einem Kongress für Betriebspsychologie teil, der gerade im Jefferson Center in Albany stattfindet. Zumindest hatte sie einen entsprechenden Kongressausweis bei sich und eine telefonische Nachfrage hat bereits ergeben, dass eine Catherine Jackson dort als Teilnehmerin geführt wird.“

„Bis wann geht dieser Kongress?“, fragte ich.

„Bis Ende der Woche.“

„Und was wollte Catherine Jackson dann hier draußen?“

„Keine Ahnung, Agent Trevellian. Der Wagen ist auf ihren Namen zugelassen.“

„Ich nehme an, das Opfer war bereits betäubt, als es hier her gefahren wurde“, erklärte Jeannie McNamara. „Die Tote sitzt aufrecht auf dem Beifahrersitz. Der Täter hat ihr in bekannter Manier die Adern aufgeschnitten und sie dann zurückgelassen.“

„Konnten Sie irgendwelche relevanten Unterschiede zu dem Mord an Rita Greedy feststellen?“, hakte Milo nach. „Schließlich vermutet ihr Bruder, dass sich da jemand als Trittbrettfahrer an diese Serie angehängt hätte.“

Jeannie McNamara schüttelte energisch den Kopf. „Nein, beide Fälle sind sehr typisch für die Vorgehensweise des Täters. Die gleiche Sorgfalt, die gleiche Rücksichtnahme... Er hat das Opfer mit einem Kissen stabilisiert, sodass Catherine Jackson nicht zur Seite rutschen konnte.“ Jeannie presste ihre Lippen aufeinander. Im ersten Augenblick dachte ich, dass sie der Anblick des Opfers vielleicht in besonderer Weise mitgenommen hatte. Aber dann erkannte ich, dass sie wohl einfach nur sehr konzentriert war.

„Was geht Ihnen gerade durch den Kopf?“, fragte ich.

„Ein paar unfertige Gedanken“, erwiderte sie und ließ ein flüchtiges Lächeln über ihr Gesicht huschen. „Noch nichts Ausgegorenes.“

„Dann lassen Sie uns an diesem unausgegorenen Zeug etwas teilhaben. Vielleicht machen wir zusammen etwas Sinnvolles daraus. Es wäre nicht das erste Mal, dass auf diese Weise etwas Produktives herauskommt!“

„Es ist wieder diese Mischung aus fast zärtlicher Fürsorge, Pedanterie und Brutalität, die mich einfach stutzig macht. So etwas ist sehr selten.“

„Die Rache an einem sehr vertrauten Menschen, der den Täter sehr verletzt hat...“

Ihr Lächeln war matt. Sie wirkte abwesend.

„Sie haben mir gut zugehört, Jesse.“

„Könnte dieser Täter auch einen Komplizen gehabt haben?“

Sie sah mich völlig entgeistert an. „Wie kommen Sie denn darauf?“

„Der Täter hat sein Opfer hier her gefahren und den Wagen zurückgelassen. Die Frage ist doch, wie er von hier wieder fortgekommen ist. Wenn es der Typ mit den Doggen gewesen sein sollte, ist er sicher querfeldein marschiert.“

„Ja...“

„Ansonsten bliebe nur noch die Möglichkeit, dass er sich per Anhalter mitnehmen ließ.“

„Dann hätte derjenige, der ihn mitgenommen hat den Wagen mit der Leiche bemerkt!“, gab sie zu bedenken.

„Nicht, wenn es noch dunkel war“, mischte sich Milo ein. „Vielleicht bringt ein Aufruf über die Medien etwas, der sich an alle richtet, die auf diesem Streckenabschnitt einen Anhalter mitgenommen haben.“

Ich nickte. „Ja – oder es war eben ein Duo.“

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