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„Hast du nur so super kurze Miniröcke, Lilo?“, fragte Jana Härtling die Achtzehnjährige eines Tages.

Lilo Henckels war mal wieder mit einem nicht viel mehr als handbreiten Lendenschurz aus weißem Lackleder aufgekreuzt. „Ich hab’ auch Hosen – knalleng“, erwiderte sie.

„Warum trägst du die Röcke nicht ein paar Zentimeter länger?“, fragte Jana Härtling.

Dana war noch nicht zu Hause, Ben war mit Freunden unterwegs. Josee war von einer Freundin zu einer Geburtstagsparty eingeladen worden, und Tom war oben und spielte mit seinem Computer.

„Brauche ich nicht.“ Lilo streckte die Beine von sich. „Warum sollte ich meine Beine verstecken? Die sind doch okay. Oder etwa nicht?“

„An deinen Beinen ist nichts auszusetzen“, bescheinigte ihr Jana Härtling.

Lilo sah sie an. „Dass Sie so nicht mehr herumlaufen können, ist logo. Sie sind dafür schon zu alt, aber mit achtzehn darf man noch zeigen, was man hat, finde ich.“

Jana Härtling wollte etwas erwidern, da flog draußen die Haustür mit einem dumpfen Knall zu, und Dana schrie: „Ist Lilo da?“

Eine überflüssige Frage, dachte Jana Härtling. Wann ist Lilo nicht da? Die Wohnzimmertür wurde aufgestoßen, und Dana platzte fuchsteufelswild herein.

Jana Härtling hatte ihre Tochter noch nie so in Fahrt erlebt. Dana starrte Lilo an, als wollte sie sie erwürgen oder erdolchen.

„Du!“, schrie sie. „Ich habe eine solche Stinkwut auf dich, Lilo!“

„Was ist denn?“, fragte das Mädchen unschuldig wie eine Dreijährige. „Was hast du denn, Dana?“

„Das weißt du ganz genau!“

„Ich habe keinen blassen Schimmer.“

„Wie konntest du so etwas tun?“, schrie Dana aufgebracht,

Lilo Henckels wandte sich mit fragendem Blick an Jana Härtling. „Wissen Sie, wovon sie spricht?“

„Ich komme mir vor wie die allergrößte Idiotin!“, schrie Dana weiter. „Ich bin blamiert bis auf die Knochen. Oh ... Ich könnte dich ... Ich würde dich am liebsten ...“ Dana schleuderte Lilo einen Papierknäuel in den Schoß. „Fontane! Theodor Fontane! Ein Stück aus Unterm Birnbaum aus dem Jahre 1885! Du hast mich belogen. Du hast mich gefragt, ob ich etwas lesen möchte, das du geschrieben hast, und ich sagte ja, aber das hast du nicht geschrieben, sondern abgeschrieben! Und ich blöde Ziege fand es so gut, dass ich damit gleich zu Onkel Clemens rannte, weil ich dich für eine förderungswürdige Schriftstellerin hielt. Ich wette, du hast dich hinter meinem Rücken schief gelacht. Muss ja saukomisch sein, wenn sich jemand so mühelos hereinlegen lässt. “

„Ich wollte dich nicht reinlegen, Dana“, beteuerte Lilo Henckels.

„Ach, halt doch den Mund.“

„Ehrlich nicht.“

„Ich glaube dir kein Wort mehr. Wie konntest du annehmen, der Schwindel würde nicht auffallen?“

„Ich wollte nicht, dass du dieses Papier irgend jemandem zeigst“, sagte Lilo. „Erinnerst du dich nicht? Als du sagtest, du würdest diese Zeilen deinem Onkel Clemens zeigen, sagte ich Nein.“

„Wieso hast du bei Fontane abgeschrieben?“

Lilo Henckels hob bedrückt die Schultern. „Ich wollte dir imponieren, wollte dich beeindrucken. Als du es gelesen hattest, warst du sprachlos. Ich fragte dich: Habe ich Talent? Und du sagtest: Mehr, als ich dir – ehrlich gesagt – zugetraut hätte. Ich wollte deine Anerkennung, wollte, dass du in mir etwas Besonderes siehst – nicht bloß ein Mädchen, das du zufällig durch einen Unfall kennengelernt hast. Kannst du das nicht verstehen? Wenn du dich von mir getäuscht und bloßgestellt fühlst, tut mir das unendlich leid, und ich verspreche dir, so etwas nie wieder zu tun. Bitte entzieh mir jetzt nicht deine Freundschaft, Dana. Das wäre eine zu harte Strafe für das, was ich getan habe.“

Der Arztroman Lese-Koffer Mai 2021: 16 Arztromane

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